Der Sammlung Karl Geigy-Hagenbach haben zwei Freiburger Germanisten nun eine Ausstellung in der Basler Universitätsbibliothek gewidmet. Sie stammt von dem reichen Basler Industriellen Karl Geigy-Hagenbach und reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück.
Von Leonardo da Vinci über Napoleon bis Thomas Mann
Im Ausstellungsraum der Basler Universitätsbibliothek ist das Licht gedämpft. Denn die kostbaren Handschriften in den Vitrinen müssen geschont werden. Unter ihnen findet sich eine private Einladung, die Beethoven in Notenform geschrieben hat. Aber auch die selbstbewusst mit geschwungenen Bögen verfasste Handschrift einer Pariser Salondame, eine Mätresse des Sonnenkönigs Ludwig XIX.
An der Wand sind sie aufgelistet: 2.300 Namen der europäischen Herrschafts- und Kulturgeschichte von Leonardo da Vinci über Martin Luther, Beethoven, Goethe und Schiller oder Napoleon und Thomas Mann. Sie alle finden sich in der Sammlung des 1949 gestorbenen Basler Industriellen Geigy-Hagenbach. Ein Mitschüler im Internat steckte den Unternehmensnachfolger der Firma Geigy, die um 1900 Weltmarktführer bei Farben war und später im Pharmakonzern Novartis aufging, mit der Sammelleidenschaft an. Erzählt einer der beiden Ausstellungsmacher vom Deutschen Seminar der Universität Freiburg, Maximilian Bach.
Im 19. Jahrhundert kam das Handschriftensammeln in Mode
Durch das Sammeln von Handschriften fand der Basler Industrielle dann doch einen Weg, um seinen geisteswissenschaftlichen Neigungen nachzugehen. Im 19. Jahrhundert, in dessen zweiter Hälfte Geigy-Hagenbach geboren wurde, kam das Sammeln von Handschriften berühmter Persönlichkeiten in Mode. Betont der Freiburger Professor Dieter Martin: "Wenn die auf Papier gebannt sind, dann hat man Bruchstücke der Menschheitsgeschichte bei sich Zuhause im Schrank. Und wenn man alle zusammen hat, alle Berühmtheiten, dann hat man, wie wir es genannt haben, ein Pantheon auf Papier - die Kulturgeschichte der Neuzeit zusammen."
Handschriftenmarkt im 19. Jahrhundert: Fälscher und Autogrammjäger
Dabei spielte das Interesse an Geschichte eine Rolle, aber auch an Psychologie und der Idee des Genies. Handschriften wurden zur teuren Handelsware: Der Tübinger Dichter Ludwig Uhland klagte über Autogrammjäger. Fälscher begannen mitzumischen und Schiller-Handschriften waren auf Bestellung zu kriegen.
Auch Karl Geigy-Hagenbach fiel auf Fälscher rein. Jedoch kam ihm seine Verbindung zur Chemie gewissermaßen zugute, erzählt Professor Dieter Martin. "Geigy hat - wie auch andere Handbuchautoren - empfohlen im Zweifelsfall eine Chlorprobe zu machen. Das heißt mit Chlor-Kalium-Lösung eine unauffällige Stelle der Handschrift zu beträufeln. Wenn die Tinte weggeht, ist die Handschrift echt und wenn die Tinte bleibt, war es ein Faksimile."
Zweidrittel der Sammlung ging 1961 an Basler Unibibliothek
1961, mehr als ein Jahrzehnt nach dem Tod von Geigy-Hagenbach, ging Zweidrittel der Sammlung als Schenkung an die Basler Universitätsbibliothek. Ein Drittel wurde versteigert. Dabei wurde allein für eine Handschrift des spanischen Autors Lope de Vega 48.000 DM gezahlt, so viel wie damals für zehn VW-Käfer. Die Versteigerung war ein Wunsch eines Zweiges der Familie, der Geigy-Merian, erklärt der Urenkel des Sammlers, Daniel Geigy.
Sammlung Geigy-Hagenbach auch online abrufbar
Ein Teil der versteigerten Handschriften hat die Basler Universitätsbibliothek später wieder zurückgekauft. Die rund 3.000 Handschriften der Sammlung Geigy-Hagenbach sind nun online abrufbar. Das bietet der Forschung ganz neue Möglichkeiten.
Die Ausstellung zur Handschriftensammlung von Karl Geigy-Hagenbach ist noch bis zum 21. Juni 2023 in der Basler Universitätsbibliothek zu sehen. Der Eintritt ist frei. Sie ist samstags von 10 bis 17 Uhr geöffnet und unter der Woche von 8 bis 20 Uhr. Donnerstags und an Sonntagen ist sie geschlossen.