Lange Schlangen, zu viele Wartende, angespannte Stimmung: In 23 Jahren Mitarbeit bei der Freiburger Tafel habe sie solche schlimmen Zeiten noch nicht erlebt, sagt Annette Theobald, Vorsitzende bei der Tafel Freiburg. Zuletzt standen bereits vor der Öffnung um 10 Uhr morgens bereits 260 Menschen vor der Tür. Dabei kann die Freiburger Tafel kapazitätsbedingt nur 170 Menschen versorgen. Eine schwierige Situation für die Ehrenamtlichen: Sie müssen viele Menschen nach Hause schicken. Eine Besserung der Lage ist vorerst nicht in Sicht.
Anspannung unter den Tafelbesuchern
Die Zurückweisung trifft nicht immer auf Verständnis. Dass es so viele Menschen gerade zu den Tafeln treibt, liege zum einen natürlich daran, dass alles teurer geworden sei, darunter Lebensmittel, Strom und Gas. Es kämen aber auch viele Geflüchtete, viele Ukrainerinnen und Ukrainer, und es fehle an Übersetzern, die erklären, welche Kapazitäten die Tafel gerade habe, berichtet Annette Theobald. Die Anspannung und teils auch die Aggression unter den Menschen würden wachsen. Die Vorsitzende wünscht sich, dass die Politik mehr Verantwortung für diese Menschen übernehme und diese mehr Möglichkeiten für einen günstige Grundversorgung bekämen.
Ehrenamt und Sachspenden immer gebraucht
Es sei eine schwierige Situation für die Ehrenamtlichen und natürlich für die Menschen, die auf die Tafel bauen. Auch die Ehrenamtlichen seien wegen vieler Krankheitsfälle gerade überlastet. Jeden Tag müsse neu organisiert werden, wer wen ersetzen könne, so Theobald. Dass die Tafel trotzdem noch fast jeden Werktag sechs Stunden geöffnet habe, liege aber vor allem am Einsatz der Freiburger Bevölkerung, die die Tafel tatkräftig mit ehrenamtlicher Arbeit oder mit Sachspenden unterstütze, betont Theobald. Denn Geld oder auch Lebensmittelspenden seien immer eine große Hilfe.
Großer Andrang bei den Tafeln bundesweit
Die Tafeln in Deutschland verzeichnen insgesamt steigende Zahlen von Bedürftigen. Die Sprecherin der Tafeln Deutschland, Anja Verres, sagte dem Evangelischen Pressedienst in Berlin, fast alle Einrichtungen hätten im Sommer angegeben, dass sie 50 Prozent mehr Nutzerinnen und Nutzer verzeichneten als noch 2021. Dieser Trend sei deutschlandweit zu beobachten, sagte Verres. Schon vor Beginn des Ukrainekrieges seien mehr Kundinnen und Kunden zu den Tafeln gekommen, weil die Inflation bereits damals angezogen habe. "Mit Kriegsbeginn gingen die Zahlen noch einmal deutlich nach oben", sagte Verres. Sie wies darauf hin, dass der Bedarf sogar noch größer sei. Aber rund ein Drittel der Tafeln in Deutschland hätte Aufnahmestopps verhängt. Die Sprecherin des nordrhein-westfälischen Landesverbands sagte, es sei "eine enorme psychische Belastung für die Ehrenamtler", wenn sie Menschen wegschicken müssten, die eigentlich berechtigt wären, bei den Tafeln Lebensmittel zu erwerben.