Es ist ein Stück gelebtes Europa: Wer sich vorstellen kann, regelmäßig zwischen Frankreich und Deutschland zu pendeln, dem hilft der Service "Grenzüberschreitende Arbeitsvermittlung Strasbourg-Ortenau", angesiedelt am Kehler Bahnhof. Es ist ein gemeinsames Projekt der Bundesagentur für Arbeit und des Pôle emploi, der entsprechenden französischen Behörde. Seit Beginn haben die deutschen und französischen Vermittler fast 10.000 Menschen beraten, wie das Arbeitsamt mitteilte. Rund 4.000 Menschen fanden so Jobs auf beiden Seiten des Rheins.
"Die Grenze zu Frankreich ist gar nicht wahrnehmbar"
Theresia Denzer-Urschel ist Geschäftsführerin der Arbeitsagenturen Offenburg und Freiburg - sie hat dem SWR von ihren Erfahrungen berichtet. Nach zehnjähriger Erfahrung seien die Abläufe inzwischen sehr eingespielt, sagt Denzer-Urschel. So sei es inzwischen Standard, bei offenen Stellen in Deutschland auch französische Bewerber in Betracht zu ziehen: "Wir fragen unsere Arbeitgeber in der Regel, wenn wir Stellen nicht mit deutschen Bewerbern besetzen können, ob auch die Bereitschaft besteht, Arbeitnehmer aus Frankreich einzustellen."
In der Koordinierungsstelle in Kehl werde dann gemeinsam mit französischen Kollegen geprüft, inwieweit passende Bewerber vermittelt werden können: "Dann werden die Bewerber kontaktiert - und wenn sie Interesse haben, werden sie dem deutschen Arbeitgeber vorgeschlagen." Diese Verfahren werde auch bei offenen Verfahren in Frankreich angewendet.
Sprachkenntnisse nehmen ab
Für Schwierigkeiten könne allerdings die Sprachbarriere sorgen, so die Expertin. "In den letzten zehn Jahren stellen wir fest, dass die Elsässer immer weniger Deutsch sprechen - und wir Deutschen sprechen oft auch nicht gut genug Französisch." Gute Chancen für eine grenzüberschreitende Vermittlung gebe es immer dann, wenn beide Sprachen gut beherrscht würden. Das gelte insbesondere für "qualifizierte Stellen".
Sprachbarriere für Einsteiger-Jobs seltener ein Hinderungsgrund
Für Un- und Angelernte reichten oft auch geringere Fremdsprachenkenntnisse aus: "Fast alle Branchen bieten Möglichkeiten für Einsteiger auf beiden Seiten des Rheins - einen Bereich, den man hervorheben kann, ist die Lager- und Logistik-Branche. Da werden immer Menschen gesucht", erklärt Denzer-Urschel.
Auch im gewerblich-technischen Bereich seien Betriebe auf der Suche nach Arbeitskräften, "ebenso wie im kaufmännischen Bereich - das ist auch eine gute Möglichkeit. Aber da werden schon bessere Sprachkenntnisse benötigt - ebenso wie im Handel."
Auch Unternehmen bieten Sprachkurse an
In bestimmten Fällen seien es sogar die Unternehmen selbst, die für neue Mitarbeiter Sprachkurse anböten. "Das gibt es gar nicht selten - vor allem dann, wenn die Unternehmen vorhaben, mit den Bewerbern noch ein Stück weiterzugehen und zusätzlich einen Berufsabschluss zu erwerben," so die Expertin der Arbeitsagentur.
Festakt zum Jubiläum mit Ursula von der Leyen
Zur Feier des Jubiläums reisen am Dienstag Verantwortliche aus beiden Ländern nach Straßburg. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen soll per Video zugeschaltet werden. Sie war vor zehn Jahren als damalige Bundesarbeitsministerin bei der Eröffnung dabei und hatte den Vertrag zur Gründung unterzeichnet. Auch der französische Arbeitsminister aus Paris, Olivier Dussopt, und der deutsche Arbeitsminister, Hubertus Heil, sollen eine Videoansprache halten. Die grenzüberschreitende Arbeitsvermittlung war 2013 der erste deutsch-französische Servie dieser Art. Sie wurde zum 50-jährigen Bestehen der deutsch-französischen Freundschaft ins Leben gerufen.