Die "Letzte Generation" lässt sich von der Allgemeinverfügung der Stadt Stuttgart nicht abschrecken. "Wir werden trotzdem weiter auf die Straße gehen", sagte Klimaaktivist Maximilian Wallensteiner. Die Allgemeinverfügung verbietet seit Samstag Straßenblockaden im Zusammenhang mit Klimaprotesten auf zentralen Straßen in Stuttgart.
Linksbündnis: Verbot in Stuttgart nicht verfassungskonform
Noch am selben Tag, an dem das Verbot erlassen wurde, setzten sich der Stuttgarter Stadtrat Hannes Rockenbauch und weitere Stadträte des Linksbündnisses im Gemeinderat als Protest dagegen selbst auf die Straße.
Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) "meint, mit dieser Allgemeinverfügung das Grundgesetz aushebeln zu können", schreibt Fraktionssprecher Hannes Rockenbauch (Stuttgart Ökologisch Sozial) auf der Webseite der Gemeinderationsfraktion.
Die Verengung auf Klimaproteste in der Allgemeinverfügung hält das Linksbündnis nicht für verfassungskonform. Die Fraktion möchte Widerspruch gegen die Allgemeinverfügung als Verwaltungsakt bei der Stadt Stuttgart einlegen. Ob und wie solch ein Widerspruch Bestand haben könnte, prüfe die Fraktion derzeit noch, sagte Hannes Rockenbauch dem SWR am Montag.
Stadt Stuttgart: Schnelles Handeln war notwendig
Stuttgarts Sicherheitsbürgermeister Clemens Maier (Freie Wähler) verteidigt den Entschluss der Stadtverwaltung gegen den Vorwurf einiger Gemeinderäte, den Stadtrat übergangen zu haben - denn der Gemeinderat sei hier gar nicht zuständig, so Maier.
"Maßnahmen wie diese Allgemeinverfügung, die sich aufs Versammlungsrecht stützen, sind ganz eindeutig hoheitliche Maßnahmen, die nicht im Zuständigkeitsbereich des Gemeinderats sind", sagte Maier.
Die Stadt habe es eilig gehabt, etwas zu tun, weil Situationen wie am Tag der Straßenblockaden in Stuttgart schlicht nicht hinnehmbar seien. "Es entstehen Gefahren für Menschen, wenn Rettungsdienste nicht zu ihren Einsätzen kommen", sagte der Sicherheitsbürgermeister dem SWR.
Trotz Blockade: Zweiter Rettungswagen kam pünktlich
Durch die Aktion der "Letzten Generation" war in Stuttgart ein Rettungswagen auf seiner Einsatzfahrt im Stau stecken geblieben. Die Integrierte Leitstelle hatte daraufhin einen zweiten Rettungswagen geschickt, der nach acht Minuten an der Einsatzstelle eintraf. Die gesetzliche Hilfsfrist in Baden-Württemberg liegt bei zehn Minuten.
Ordnungsbürgermeister Maier sagte dazu: "Ein zweiter Rettungswagen muss auch erstmal verfügbar sein. Hier darauf zu setzen, dass schon alles irgendwie gut geht, das wäre fahrlässig."
Klimaaktivisten: "Wir lassen immer Rettungsgasse"
Maximilian Wallenstein von der "Letzten Generation" hält dieses Argument für fadenscheinig. "Bei wirklich jeder Blockade lassen wir eine Rettungsgasse", sagte Wallenstein. "Es kleben sich nur die Menschen am Rand an. In der Mitte bleiben immer zwei bis drei Menschen unangeklebt, die jederzeit aufstehen können und den Verkehr im Falle eines Notfalls abfließen lassen können."
Wallenstein sieht vielmehr in der Erderwärmung eine Bedrohung für das Überleben der gesamten Menschheit. "Die größte Gefahr für unser aller Überleben gerade besteht in der Klimakrise und wir müssen dagegen jetzt entschiedene Maßnahmen ergreifen." Maximilian Wallenstein von der "Letzten Generation" macht deshalb deutlich: Die Gruppe werde weiter auf die Straße gehen - Allgemeinverfügung der Stadt Stuttgart hin oder her.
Verbot von Blockaden - ein Stuttgarter Sonderweg?
Eine vergleichbare Allgemeinverfügung gab es beispielsweise in München und Passau, trotzdem gab es auch dort danach vereinzelt Aktionen.
Andere Städte wie etwa Hannover oder auch Tübingen haben Vereinbarungen mit der letzten Generation getroffen, nach dem Motto: Wir unterstützen eure Ziele öffentlich und ihr klebt euch hier nicht mehr fest. Das scheint zu funktionieren, doch die Vereinbarungen wurden vom Städte- und Gemeindebund stark kritisiert.
In den meisten großen Städten in Baden-Württemberg laufen einer Umfrage zufolge keine öffentlichen Gespräche mit der Klimaschutzgruppe "Letzte Generation" über einen Stopp ihrer Proteste wie in Hannover. Auch der Stuttgarter Sicherheitsbürgermeister Maier sieht in solchen Vereinbarungen eine Form der "politischen Erpressung", die für Stuttgart nicht infrage käme.