Im Test mit der neuen Flugroute über den südlichen Kreis Esslingen am Stuttgarter Flughafen hat die Bürgerinitiative gegen Fluglärm Bilanz gezogen. Die Menschen in den Gemeinden, die von der neuen Flugroute betroffen sind, fühlten sich demnach massiv gestört. Die Lärmbelastung sei zu hoch, so die Bürgerinitiative.
Steilere Abflüge, engere Kurve über den Kreis Esslingen
Der Testbetrieb läuft seit dem 23. Februar. Die neue Route erlaubt bei Starts von Jets bis zur Größe eines Airbus A 320 nach Osten hin steilere Abflüge. Das bedeutet, dass die Flugzeuge hinter Neuhausen auf den Fildern eine enge Kurve nach Süden drehen. Außerdem beinhaltet die Vereinbarung zur neuen Flugroute, dass maximal zwei Flüge pro Stunde über die neue, verkürzte Flugroute geführt werden.
Schon vor ein paar Wochen äußerten Anwohner gegenüber dem SWR den Verdacht, dass in manchen Stunden gar nicht die neue Route gewählt wird und in anderen dafür mehr als zwei Mal. Allerdings müssen den Piloten die Flugrouten von der Deutschen Flugsicherung entweder genehmigt oder abgelehnt werden. Insofern gibt es eine Kontrolle über die Häufigkeit.
Klage von fünf Kommunen noch immer am VGH anhängig
Die Kommunen Nürtingen, Wolfschlugen, Denkendorf, Neuhausen und Aichtal (alle im Kreis Esslingen) hatten zum Start der neuen Flugroute Klage beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg eingereicht. Eine Entscheidung steht noch immer aus.
Laut der Bürgerinitiative ist ab 6 Uhr nicht mehr an Schlaf zu denken, wenn die Flieger in Richtung Osten starten. Der Lärmpegel überschreite dabei oft 70 Dezibel. "Die neue Flugroute sorgt nicht wie versprochen für eine Änderung im Promillebereich, sondern stellt eine enorme Lärmbelästigung für viele Bürgerinnen und Bürger dar, die ihren Wohnort ganz bewusst abseits von planfestgestellten Flugrouten gewählt hatten", sagte Nürtingens Oberbürgermeister Johannes Fridrich (parteilos). Er hält die Flugroute außerdem für rechtswidrig. Der Planfeststellungsbeschluss aus den 1970er-Jahren sei nie im Nürtinger Rathaus ausgelegt worden. "Wir konnten nie unsere Argumente anbringen", kritisierte Fridrich schon Ende Januar.
Fünf Gemeinden klagen Flughafen Stuttgart: Neue Flugroute sorgt weiter für Ärger
Seit Donnerstag ist am Flughafen Stuttgart die neue Flugroute im Probebetrieb. Fünf Gemeinden im Kreis Esslingen fürchten mehr Lärm und haben eine Klage beim VGH eingereicht.
Flugsicherung: Steilere Flüge reduzieren Lärm
Ob zwei Mal pro Stunde die neue Flugroute angewandt werden kann, hängt laut Flugsicherung von diversen Faktoren und ganz besonders der Wetterlage ab. Die Auswahl der Flugroute liege demnach im Ermessen des Piloten. Die Deutsche Flugsicherung argumentiert, steilere Abflüge reduzierten Lärm.
Lärmbelastung ist es offiziell bei dauerhaft 55 Dezibel. Bei oft oder anhaltend mehr als 85 Dezibel wird es gesundheitsschädigend. Der Lärmpegel bei den meisten Flugzeugen, die in Stuttgart starten und landen, liegt laut Fluglärmmessung zwischen 82 und 85 Dezibel. Für steilere Abflüge spräche auch, dass Kerosin eingespart werden kann, so die Flugsicherung. Wie viel Treibstoff eingespart werden kann - auch das soll der Stuttgarter Test feststellen.
Der Streit um neue Flugrouten und Fluglärm am Stuttgarter Flughafen gärt schon mehrere Jahre. Eigentlich soll eine andere Route Entlastung schaffen. Gedacht war beispielsweise, Fluglärm aus dem dichtbesiedelten Neckartal zu lösen. Die Testphase für die neue Flugroute läuft noch bis Februar 2024.