Nach den Schüssen aus einem fahrenden Auto auf eine Shisha-Bar in Plochingen (Kreis Esslingen) vor knapp einem Jahr hat das Landgericht Stuttgart die beiden Angeklagten am Donnerstag nun wegen dreifachen versuchten Mordes zu Freiheitsstrafen verurteilt. Der Hauptangeklagte, der auf die Shisha-Bar geschossen hat, erhielt acht Jahre Freiheitsentzug. Der Fahrer des Autos muss für fünf Jahre und sechs Monate in Haft.
Schüsse auf Shisha-Bar in Plochingen gestanden
Die Staatsanwaltschaft hat für den Schützen und seinen Komplizen ursprünglich noch längere Haftstrafen gefordert. Während der Hauptangeklagte aus Sicht der Ankläger unter anderem wegen versuchten Mordes in drei Fällen und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von achteinhalb Jahren verurteilt werden sollte, forderte der Staatsanwalt für den angeklagten mutmaßlichen Fahrer des Wagens aus denselben Gründen eine Strafe von sieben Jahren und drei Monaten.
Die Verteidigungen der beiden Männer beantragten hingegen Strafen von fünf und von drei Jahren. Die beiden 23-jährigen Männer sollen am 2. April 2023 aus einem fahrenden Auto heraus sechs Schüsse abgegeben und einen Wirt durch einen Streifschuss am Rücken getroffen und leicht verletzt haben. Der Hauptangeklagte hat die Schüsse gestanden, der andere hat eingeräumt, das Auto gefahren zu haben.
Angriff soll zur Stuttgarter Schuss-Serie zählen
Die beiden Männer sind mutmaßlich Teil einer Gruppe aus Stuttgart-Zuffenhausen, die seit Monaten eine Fehde mit einer rivalisierenden Gruppe aus dem Raum Esslingen führt. Zwischen den beiden Gruppierungen fallen immer wieder Schüsse. Im Rahmen dieser Schuss-Serie gab es bereits fast 60 Festnahmen.
Richterin: Taten dürfen nicht verharmlost werden
Die Richterin erklärte bei der Urteilsverkündung, dass es keinerlei Gründe gebe, die Schüsse auf die Shisha-Bar zu verharmlosen. "Es gibt keinen Grund zu behaupten, dass sich die Verletzungen eignen würden, damit vor seinen Kumpels anzugeben. Diese Bagatellisierung ist unrühmlich", so die Richterin. Zu dem Schützen sagte sie: "Wer in dieser Situation schießt, nimmt billigend in Kauf, dass diejenigen, die im Weg sind, getötet werden." Dass Unschuldige getroffen werden könnten, sei den Tätern bewusst gewesen.
In der Beweisaufnahme habe sich gezeigt, dass der Angriff aus einem fahrenden Auto vorbereitet wurde. "Ohne eine Person, die das Fahrzeug steuert, ist ein Drive-By-Shooting, wie es von Anfang an geplant war, nicht möglich". Daher sei der Fahrer, der am Prozess beteiligt war, als vollwertiger Mittäter zu sehen und könne nicht zur Beihilfe verurteilt werden.
In Bezug auf die gesamte Schuss-Serie erklärte die Richterin: "Die Frage des 'Warums' können wir nicht beantworten." Keiner der Angeklagten habe dazu Angaben gemacht, auch nicht in den anderen Prozessen. Es bleibe nur zu hoffen, dass die Angriffe aufhören, bevor ein Bürger getroffen werde, der mit der Sache nichts zu tun habe.
Haftstrafen im Rahmen der Schuss-Serie
Bereits am Mittwoch ging ein Prozess im Rahmen der Schuss-Serie zu Ende. Nachdem ein 24-Jähriger vergangenen Sommer eine Handgranate auf eine Trauergemeinde in Altbach (Kreis Esslingen) geworfen hatte, hat das Landgericht Stuttgart ihn am Mittwoch zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Das Gericht hat den Angeklagten unter anderem wegen des 15-fachen versuchten Mordes schuldig gesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. In seinem Abschlussplädoyer hatte Oberstaatsanwalt Peter Holzwarth die besondere Schwere der Tat betont: "So etwas ist im Großraum Stuttgart noch nie oder zumindest noch nicht oft da gewesen."
Bandenkriminalität rund um Stuttgart Anschlag in Altbach: Handgranatenwerfer zu zwölf Jahren Haft verurteilt
Bei einer Beerdigung in Altbach hatte er eine Handgranate geworfen. Wer ist der 24-jährige Täter und welche Rolle spielt er im Bandenstreit im Raum Stuttgart?
Auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) bekräftige nach dem Urteil erneut, "subkulturelle Gewaltkriminalität mit einem langen Atem und größter Entschiedenheit weiter erfolgreich bekämpfen" zu wollen. Erst vor rund zwei Wochen hatte die Polizei angekündigt, den Druck auf die rivalisierenden Gruppen erhöhen zu wollen. Außerdem soll es ein Präventionskonzept für junge Menschen geben.