Die RSV-Welle hat vor etwa drei Wochen begonnen und seitdem beständig an Fahrt aufgenommen, so die Einschätzung von Jochen Meyburg, Ärztlicher Direktor für Kinder- und Jugendmedizin am RKH Klinikum Ludwigsburg auf SWR-Anfrage. Und: "Seit etwa einer Woche steigen die Zahlen explosionsartig an." Das bringt die Ludwigsburger Kinderklinik an ihre Grenze - und sie steht damit nicht alleine da.
200 kranke Kinder an einem Wochenende in Kinderklinik Ludwigsburg
Die Lage im Kinderkrankenhaus in Ludwigsburg sowie allen Kinderkliniken in ganz Deutschland beschreibt Meyburg als "sehr ernst". Es seien kaum noch Betten in Ludwigsburg frei. "Am Wochenende wurden täglich über 200 Kinder mit Atemwegsinfekten vorgestellt, die meisten davon dürften RSV oder Influenza gehabt haben - nicht alle Kinder werden getestet." Erschwerend komme hinzu, dass auch viel Krankenhauspersonal krank ausfalle, besonders auch durch Corona.
RSV-Welle übetrifft die der Vorjahre
Die diesjährige RSV-Welle sei noch schlimmer als die im vorigen Jahr, so die Einschätzung von Meyburg. Nicht nur was die Zahl der kranken Kinder betreffe, sondern auch die Verläufe seien oftmals schlimmer. Das treffe vor allem junge Säuglinge, denen das RS-Virus besonders zu schaffen mache. In diesem Jahr seien die Kleinsten deutlich kränker als sonst.
RS-Virus grassiert vermutlich noch sechs bis acht Wochen
"Auch ältere Kinder im Kindergartenalter müssen vermehrt stationär aufgenommen werden, weil sie zusätzlichen Sauerstoff brauchen, das kennt man aus den vorangegangenen Jahren so nicht." Aktuell seien in Ludwigsburg 15 Kinder mit einer RSV-Infektion stationär im Krankenhaus, vier davon auf der Intensivstation und zwei davon in einem kritischen Zustand. Kinderarzt Meyburg macht sich große Sorgen über die Entwicklung in der nächsten Zeit. Seiner Einschätzung nach wird die RSV-Welle noch sechs bis acht Wochen dauern.
Olgahospital Stuttgart: RS-Virus und Influenza gleichzeitig
Ähnlich sieht die Lage im Olgahospital aus, der Kinderklinik im Klinikum Stuttgart. Dr. Friedrich Reichert, Ärztlicher Leiter der Pädiatrische Interdisziplinären Notaufnahme (PINA) spricht von einem "ungewöhnlich steilen Anstieg" der Fälle mit RS-Virus und einer weiteren Welle. "Gleichzeitig haben wir viele Kinder mit Influenza im Krankenhaus. Normalerweise kommt die Influenza erst Ende Dezember oder im Januar. Jetzt haben wir beide Wellen auf einmal."
Dazu kommt laut Reichert ein altbekanntes Problem: Nicht alle Betten können wegen der Pflegemangels betrieben werden.
RSV belastet auch Kinderklinik in Böblingen
Auch in der Kinderklinik des Klinikverbunds Südwest in Böblingen landen immer mehr kranke Kinder mit einer RSV-Infektion. Jeden Tag kommen zehn bis 20 neue Fälle dazu, sagte ein Sprecher des Klinikverbunds Südwest auf SWR-Anfrage. Die Kinderklinik Böblingen ist demnach bis zu 110 Prozent belegt. Vor allem Säuglinge müssten stationär aufgenommen werden. Einige werden auf der Intensivstation mit zusätzlichem Sauerstoff versorgt. Die Fallzahlen liegen nach Angaben des Sprechers über dem Durchschnitt der Jahre vor Corona. Die Maskenpflicht habe in den vergangenen Jahren viele Atemwegserkrankungen verhindert. Neben RSV-Infektionen werden in der Kinderklinik auch viele Kinder mit Influenza behandelt.