Frank Dehmer (parteilos) hat seinen vorzeitigen Rücktritt vom Amt des Oberbürgermeister in Geislingen an der Steige (Kreis Göppingen) erklärt. Er war eigentlich bis Juni 2030 gewählt. Seit zehn Jahren steht er an der Spitze der Stadt. Dehmer begründet seine Entscheidung vor allem mit der Enttäuschung darüber, wie seine Arbeit und die seiner Verwaltung wahrgenommen werde. So hätten Teile des Gemeinderates nicht sehen wollen, wie sehr er sich zugunsten der Stadt engagiert habe, schreibt er in einer Erklärung.
Probleme mit Michelberg-Gymnasium, Helfenstein-Klinik und Haushalt
Als Stadtoberhaupt stand Dehmer bei mehreren großen Kontroversen in Geislingen im Mittelpunkt. Dabei ging es vor allem um die missglückte Millionen-Sanierung des Michelberg-Gymnasiums und das Aus der Helfenstein-Klinik. Auch bei der Erstellung des kommunalen Haushaltes war es immer wieder zu erheblichen Konflikten im Gemeinderat gekommen.
In seiner Rücktrittserklärung schreibt Dehmer, es schmerze ihn, dass dabei Vorwürfe im Raum gestanden seien, "man würde das Gremium nicht ausreichend informieren oder gar hinters Licht führen wollen".
OB Dehmer: "Irgendwann kommt jeder an seine Grenzen"
Oberbürgermeister Dehmer führt weiter aus, wie sehr die Arbeit an der Spitze der Verwaltung in den letzten zehn Jahre durch weitere Faktoren belastet gewesen sei. Dabei nennt er die Flüchtlingskrise, die Corona-Pandemie und Einsparmaßnahmen bei der Energieversorgung seit dem russischen Angriff auf die Ukraine.
Als kommende Herausforderungen nennt er unter anderem die Wärmewende, den Ausbau der ganztägigen Grundschulen und die Zukunft der Gymnasien und des Areals der Helfenstein-Klinik. Er sehe bei diesen Themen "keine Möglichkeit, wie die Zusammenarbeit zwischen Gemeinderat und Verwaltung hier wieder mehr im Sinne von 'wir packen das gemeinsam an und schaffen es gemeinsam' aussehen könnte", so Dehmer in seiner Erklärung. Und: Irgendwann komme jeder an seine Grenzen.
Neuer Höchststand erreicht Baden-Württemberg: Immer mehr Angriffe auf Kommunalpolitiker
Die Zahl der Angriffe auf Amts- und Mandatsträger im Land hat im ersten Halbjahr 2024 stark zugenommen. Innenminister Strobl (CDU) erkennt darin eine "Verrohung der Gesellschaft".
Sascha Binder (SPD) aus dem Geislinger Gemeinderat ist überrascht
Sascha Binder (SPD) sitzt im Gemeinderat in Geislingen und ist Abgeordneter im Baden-Württembergischen Landtag. Die Entscheidung des Oberbürgermeisters kommt für ihn sehr überraschend: "Die Stimmung im Gemeinderat ist seit zwei Jahren deutlich entspannter und wir haben bei wichtigen Entscheidungen an einem Strang gezogen." Zuvor sei die Stimmung viel angespannter gewesen, aufgrund der Sanierung des Michelberg-Gymnasiums. Die Themen in Geislingen seien keine einfachen. "Es gab schwierige Diskussionen, die aber nie in den Bereich des Persönlichen gingen", sagt Binder. Es gehe in der Politik nicht nur um Wertschätzung, sondern um eine gute Lösung, erklärt das Gemeinderatsmitglied weiter.
Nach Ankündigung von Rücktritt: Dehmer will bis Juni im Amt bleiben
Oberbürgermeister Dehmer hat angekündigt, noch bis Ende Juni 2025 im Amt zu bleiben. Was er danach mache, wisse er noch nicht. Er wolle jedenfalls nicht woanders als Oberbürgermeister kandidieren. In Geislingen habe er sich nur aus Liebe zu seiner Heimatstadt engagiert.