Die Bodelschwingh-Schule Göppingen sucht händeringend nach Personal. Denn ohne genügend sogenannte Schulbegleitkräfte könnten Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen nicht adäquat betreut werden, sagt Schulleiterin Ulrike Löffler. Sei verweist darauf, dass erstmals seit Jahren an ihrer Schule nicht alle Schulbegleitstellen zum Schuljahresbeginn besetzt werden konnten.
Schulbegleitkräfte helfen individuell
Sogenannte Schulbegleitkräfte kümmern sich um ein einzelnes Kind und konzentrieren sich auf dessen individuelle Bedürfnisse. Das kann die Begleitung der Schülerin oder des Schülers vom Klassenraum in die Mensa oder zum Schulbus sein oder die Kommunikation im Unterricht.
Für Schülerinnen und Schüler mit komplexer Beeinträchtigung bietet die Bodelschwingh-Schule beispielsweise Bewegungsangebote in Kleingruppen an. Doch wenn wie derzeit das Personal knapp ist, müssten Klassen zusammengelegt und individualisierte Angebote für Schülerinnen und Schüler gestrichen werden, erklärt die Schulleiterin.
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Der 21-jährige Moritz will Abitur machen. Für den jungen Mann aus Abtsgmünd-Pommertsweiler eine Herausforderung: Er hat Autismus. Und sucht nun dringend eine Schulbegleitung.
Bodelschwingh-Schule: Nur selten "idealer" Schulunterricht
An einem idealen Schultag sitzen in der Bodelschwingh-Schule Göppingen sechs Schulkinder, zwei Lehrkräfte und Assistenzkräfte in einem Klassenzimmer, dazu gibt es spezielle Förderprogramme für die Kinder. So einen Tag gebe es an der Bodelschwingh-Schule Göppingen allerdings selten, räumt die Schulleiterin ein. Stattdessen werde oft nur eine Lehrkraft durch eine Schulassistenzkraft unterstützt. Optimal sei das nicht, denn einige Kinder mit Behinderung benötigten eine engere Betreuung, um den Schulalltag zu bewältigen, so Schulleiterin Ulrike Löffler. Unter einer Schulassistenzkraft wird beispielsweise eine Schulbegleitkraft oder ein FSJler (Freiwilliges Soziales Jahr) verstanden.
Lehrkräfte-Mangel nicht nur in Göppingen
Die Bodelschwingh-Schule kämpft mit demselben Problem wie viele andere Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ): Es fehlen Lehrkräfte. Um diesem Mangel entgegenzuwirken, können nun auch Quereinsteiger im Bereich Sozialpädagogik tätig werden. Die Hürden wurden dafür gesenkt: Als Schulbegleitkraft braucht man weder Studium noch eine entsprechende Ausbildung.
Allerdings seien öffentliche Träger meist nicht so konkurrenzfähig wie private, sagt die Schulleiterin. "Sie verdienen auch nicht wirklich besonders gut. Das heißt, das sind jetzt keine Stellen, die so beliebt sind. Wenn insgesamt der Markt auch an anderen Stellen gut ist, dann bewerben sich bei uns auch weniger Menschen für solche Stellen."
Leben Lotsen zum Abitur - Gleichaltrige begleiten autistische Schüler
Die Peer-to-Peer Schulbegleitung gibt es seit 12 Jahren und ist eine bereichernde Erfahrung – nicht nur für die Autist*innen, sondern auch für ihre jungen Begleiter*innen.
(SWR 2018)
Schulleiterin: FSJler unverzichtbar, aber kein Ersatz für Schulbegleitkräfte
Auch junge Menschen im FSJ könnten den Personalmangel nicht ausgleichen, da sie nicht ausreichend qualifiziert seien und deshalb nicht selbstständig Klassen betreuen dürften. Trotzdem sind sie laut Schulleiterin Löffler für den Schulalltag unverzichtbar. Sie unterstützen nicht nur in der Betreuung der Kinder, sondern ermöglichen es anderen Lehrkräften, Förderangebote zu verwirklichen - wie zum Beispiel Lerngruppen, die über klassische Unterrichtsfächer wie Mathe oder Deutsch hinausgehen.
Doch ähnlich wie bei den Schulbegleitkräften gibt es kaum genügend FSJler. An der Bodelschwingh-Schule konnten beispielsweise die letzten FSJ-Stellen dieses Mal erst kurz vor Schulanfang besetzt werden. In den Jahren davor waren diese bereits an Pfingsten vergeben. Viele junge Menschen tendierten eher zu einem FSJ im Ausland, erklärt Stephanie Flaus, Geschäftsleiterin des Sozialen Friedensdienstes der Diakonie Stetten. Auch der Friedensdienst hatte zuletzt zu wenig FSJler. Deswegen wurde bereits 2021 beispielsweise der Transport von Schulkindern zur Bodelschwingh-Schule eingestellt. Der Transport konnte durch andere Organisationen aufgefangen werden.
Bis November sollen alle Stellen besetzt sein - zumindest vorerst
Bis spätestens November hofft die Bodelschwingh-Schule alle Schulbegleit-Stellen besetzt zu haben. Trotzdem: Eine schnelle Lösung für den allgemeinen Personalmangel scheint nicht in Sicht. Zwar wurden die Zulassungszahlen an pädagogischen Hochschulen bereits erhöht und Ausbildungen für Fachpersonal unterstützt, allerdings denkt Schulleiterin Ulrike Löffler nicht, dass das die Probleme in den nächsten Jahren lösen wird. Die Ergebnisse der Maßnahmen würden sich erst in der Zukunft zeigen. Hinzu kämen schnell steigende Schülerzahlen, die wiederum einen steigenden Personalbedarf mit sich bringen würden.