Nach dem Sturz von vier 13-jährigen Jungen durch das Dach einer Turnhalle in Remshalden-Grunbach (Rems-Murr-Kreis) am Samstagabend will die Gemeinde den Vorfall weiter aufarbeiten. Die Kriminalpolizei ermittelt. Wie ein Polizeisprecher dem SWR am Montag sagte, waren die Kinder wohl "zum Chillen" und gemeinsamen Essen aufs Dach geklettert, nachdem sie sich Döner gekauft hatten. Aus bislang unbekannten Gründen stürzten sie durch ein Oberlicht - ein Fenster im Flachdach - etwa acht Meter in die Tiefe und verletzten sich schwer.
Kinder kletterten wohl zum Döner essen auf das Dach
Es werde in alle Richtungen ermittelt, so die Polizei. Bislang liegen ihr keine Hinweise darauf vor, dass es an dem Gebäude eine Sicherheitslücke gegeben haben könnte. Wie ein Polizeisprecher am Montag sagte, sei es für die Kinder wohl möglich gewesen, über ein Geländer auf das Dach zu klettern, da die Halle am Hang gebaut ist. Das Oberlicht, auf das sie sich setzten, brach in der Folge ein.
Die Jungen stürzten acht Meter tief auf den Boden der Halle. Schwerverletzt kamen sie in umliegende Krankenhäuser. Die Polizei hofft, die Kinder bald befragen zu können, um herauszufinden, wie es zu dem Sturz kam und ob gegebenenfalls Versäumnisse Dritter vorlagen. Träger der Turnhalle ist die Gemeinde Remshalden.
Bürgermeister: Jungen hatten dreifachen Schutzengel
In der Gemeinde sitzt der Schock über den Unfall tief. Der Vorfall fasse ihn persönlich auch psychisch an, sagte Bürgermeister Reinhard Molt dem SWR. Glücklicherweise seien die Kinder außer Lebensgefahr, so Molt, das Ganze hätte deutlich schlimmer ausgehen können.
Zum einen, so Molt, seien die Kinder auf einem für Turnhallen typischen Schwingboden aufgeschlagen und damit deutlich weicher gefallen als beispielsweise auf Beton oder Asphaltboden. Der zweite Glücksfall sei es gewesen, dass einer der Jungen noch in der Lage war, Hilfe zu holen. Dabei habe es sich dann auch noch zufällig um eine Krankenschwester gehandelt, die einen Schlüssel zur Halle besaß und Erste Hilfe leisten konnte. Drittes Glück im Unglück: Zufällig habe die Freiwillige Feuerwehr zum Zeitpunkt in der Nähe der Unfallstelle eine Übung abgehalten, sodass sie wenige Minuten nach dem Notruf vor Ort war.
Mehrere Hubschrauber im Einsatz - Rettung unter Zeitdruck
Ein Anwohner, der in der Nähe der Turnhalle wohnt, alarmierte gegen 20:30 Uhr die Rettungskräfte. Ein Großaufgebot an Rettungskräften fuhr daraufhin zu der Sporthalle. Auch mehrere Rettungshubschrauber waren vor Ort, um die Kinder in Krankenhäuser zu bringen.
Bürgermeister von Remshalden: Kinder nicht in Lebensgefahr
Nach Angaben des Leiters des Rettungsdienstes des Deutschen Roten Kreuzes im Rems-Murr-Kreis, Marco Flittner, standen die Rettungskräfte am Samstagabend unter Zeitdruck. Denn der Einsatz verlief größtenteils in der Dämmerung. "Hier war Geschwindigkeit gefragt, damit die Rettungshubschrauber alle bei Tageslicht wieder abfliegen können", so Flittner.
Laut Bürgermeister Reinhard Molt befanden sich die Kinder am Montagvormittag noch mit teils schweren Verletzungen in medizinischer Behandlung, schweben aber nicht in Lebensgefahr.
Turnhallendach kein bekannter Treffpunkt für Jugendliche
Dass die Jungen überhaupt auf das Dach der Turnhalle geklettert sind, kann sich Bürgermeister Reinhard Molt nur durch jugendlichen Leichtsinn erklären. Er habe sich den Unfallort zweimal angesehen. Es sei alles andere als leicht, auf das meterhohe Gebäude zu gelangen.
Die Plexiglasscheibe des Oberlichts sei, entsprechend baurechtlicher Maßgaben, für Schneelasten von bis zu 85 Kilogramm ausgelegt, nicht aber für mehrere Kinder. Ein bekannter Treffpunkt für Jugendliche, so Molt auf SWR-Anfrage, sei das Turnhallendach seines Wissens nach nicht. Auf dem Dach habe es auch keine Spuren gegeben, die darauf hindeuten.
Gemeinderat will Sicherheit der Turnhalle prüfen
Nun will sich der Gemeinderat noch einmal mit der Frage beschäftigen, ob das Gebäude doch besser abgesichert und die Möglichkeit, dort illegal hochzusteigen, erschwert werden kann. Es sei aber auch klar: hundertprozentige Sicherheit gebe es nie. In der Kommune existierten zahlreiche ähnliche Gebäude und Hallen. Jugendliche, die die Herausforderung suchen, fänden immer Wege, um dort hinauf zu gelangen, so Molt.
Die Gemeinde habe mit den Schulen Kontakt aufgenommen und wolle auch an die Eltern der Kinder herantreten, um im Nachgang seelsorgerische Hilfe anzubieten und das Geschehene bei Bedarf in Gesprächsrunden zu verarbeiten.