Fachkräftemangel auch in der Region Stuttgart

Idee gegen Fachkräftemangel

Backnang: "Feel Good Management" für Mitarbeiter

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Olga Henich
Olga Henich

Auch in der Region Stuttgart ist der Fachkräftemangel laut IHK spürbar. Ein mittelständisches Unternehmen setzt auf besondere Faktoren, um Angestellte zu begeistern und zu halten.

Mehr als die Hälfte der Unternehmen in der Region Stuttgart können offene Stellen nicht besetzen. Dieser Trend zieht sich laut der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart durch alle Branchen und Betriebsgrößen. Wer heute wettbewerbsfähig bleiben will, muss sich an die Wünsche der Arbeitnehmer anpassen. Um im Kampf um qualifizierte Arbeitskräfte gegen die großen Konzerne anzukommen, hat ein Familienunternehmen in Backnang (Rems-Murr-Kreis) eine besondere Strategie gewählt.

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Fachkräfte mit "Feel Good Management" überzeugen

Der Sondermaschinenbauer Holz Automation möchte mit seiner Unternehmenskultur sowohl neue als auch die bestehenden 80 Mitarbeitenden an sich binden. Die Idee dahinter basiert auf dem Prinzip des "Feel Good Managements", was so viel wie Unternehmensführung mit Fokus auf das Wohlbefinden bedeutet. Konkret bedeutet es für den Geschäftsführer Jürgen Holz, seinen Mitarbeitenden Wertschätzung auch in unentgeltlicher Form entgegenzubringen "Wir versuchen, zu unseren Mitarbeitern Vertrauen aufzubauen und ehrlich miteinander umzugehen", so Holz. Regelmäßiger Austausch und eine familiäre Atmosphäre werden dabei nicht nur beim Tischtennis in der Mittagspause gelebt.

Wir versuchen, Familie wirklich auch zu leben.

Mitarbeiter der Firma Holz in Backnang spielen Airhockey in der Mittagspause
Kein Treffen nach der Arbeit. Mitarbeiter der Firma Holz Automation aus Backnang spielen Airhockey in der Mittagspause. Den Tisch haben die Azubis selbst gebaut.

Speed-Dating mit Kollegen im Bewerbungsprozess

Um den Teamzusammenhalt zu stärken, organisiert eine spezielle Crew in der Belegschaft zum Beispiel Firmenevents, Feste und Ausflüge. Wichtig sind im Unternehmen auch gut funktionierende Teams, sagt Personalleiter und Bruder des Geschäftsführers Andreas Holz.

Ob jemand gut zur Unternehmenskultur passt, wird schon im Bewerbungsprozess geklärt. Neben dem klassischen Gespräch mit den Chefs lernen die Bewerberinnen und Bewerber auch einige Angestellte in einer Art von Speed-Dating-Verfahren kennen. Diese Mitarbeitenden geben dann auch ihr Feedback und haben somit Einfluss auf die Auswahl der Neuen. Wer eingestellt wird, bekommt eine ausführliche Einarbeitung - unter anderem mit Schnitzeljagd durch die Firma und Kaffeerunden mit dem Personalleiter.

IHK Stuttgart: Unternehmen punkten mit flachen Hierarchien

Mit solchen Punkten treffe man auch den Nerv der Zeit, sagt Hauptgeschäftsführerin der IHK Stuttgart, Susanne Herre. Starre Hierarchien seien heute nicht mehr zeitgemäß. Die Mitarbeitenden erwarten einen wertschätzenden Umgang auf Augenhöhe. "Ein ganz wichtiger Faktor ist heute, dass man sich wohl fühlt beim Arbeiten, ein gutes soziales Miteinander im Betrieb vorfindet. Das zählt vielfach fast mehr als Geld", so Herre. Gerade Mittelständler könnten hier mit schnellen Entscheidungen, Flexibilität und einer familiären Atmosphäre punkten.

Starre Hierarchien sind out. Es geht darum, dass man auf Augenhöhe miteinander arbeitet.

Eine Million weniger Fachkräfte bis 2035

Besonders betroffen vom Fachkräftemangel sind laut IHK das Baugewerbe, Dienstleister und der Handel. Zu wenig Auszubildende gibt es auch weiterhin in der Gastronomie und Hotelbranche sowie im Verkehr und in der Logistik. "Bis 2035 werden in Baden-Württemberg über eine Million Fachkräfte weniger zur Verfügung stehen als noch 2022 - das sind 27 Prozent weniger", sagt Franziska Stavenhagen von der IHK Stuttgart.

"Feel Good Manager" auch bei der IHK

Auf ein modernes Unternehmensklima legt die IHK Stuttgart auch in den eigenen Reihen großen Wert. Aktuell ist eine Auszubildende dort für diesen Bereich zuständig. Außerdem biete die IHK für andere Unternehmen auch einen zertifizierten Kompaktlehrgang im Bereich "Feel Good Management" an. Der Aufwand lohne sich laut der IHK, denn zufriedene Angestellte seien produktiver, motivierter und wechseln seltener den Arbeitgeber.

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