Verkehrsministerkonferenz fordert Konsequenzen

Schienennetz der Deutschen Bahn: Digitalisierung erst bis 2050?

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Frieder Kümmerer
Frieder Kümmerer

Die Verkehrsminister der Länder befürchten, dass sich die Digitalisierung der Bahn-Infrastruktur um gut 15 Jahre verzögern könnte. Sie fordern den Bund auf, schnell zu handeln.

Die Konferenz der Verkehrsminister sieht die Digitalisierung der Bahn-Infrastruktur bedroht. Die Befürchtung sei groß, dass der deutschlandweite Ausbau vom neuen digitalen Zugsicherungssystem ETCS (European Train Control System) und neuer digitaler Stellwerke erst Mitte des Jahrhunderts abgeschlossen werden könnte. Das geht aus dem Beschlusspapier der Verkehrsministerkonferenz hervor, das diese Woche veröffentlicht wurde. Der SWR hatte Anfang September berichtet, dass die Deutsche Bahn die Digitalisierung der Infrastruktur aus Kostengründen vorerst stoppen möchte.

Digitalisierung der Bahn erst Mitte des Jahrhunderts?

Auf der Konferenz wurde bereits vergangene Woche das Thema "Digitale Schiene Deutschland" (DSD) diskutiert. Unter diesem Begriff wird die deutschlandweite Digitalisierung der Bahn-Infrastruktur auf den wichtigsten Verkehrsachsen verstanden. Dadurch soll die Bahn zuverlässiger und die Leistungsfähigkeit gesteigert werden. Fahrgäste sollen dadurch deutschlandweit mehr und pünktlichere Zugverbindungen bekommen.

Die Verkehrsministerkonferenz stellen laut Beschlussfassung fest, dass sich durch die Sanierung der Hochleistungskorridore (gemeint ist die Generalsanierung der Bahn) sowie durch die Haushaltslage im Bund der digitale Bahnausbau in Deutschland verzögert. "Die Realisierung des bundesweiten DSD-Rollout droht somit erst gegen Mitte des Jahrhunderts beendet zu werden", heißt es weiter. Bisher soll das sogenannte "DSD-Rollout" eigentlich bis 2035 abgeschlossen werden.

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Anpassungen bei der Digitalisierung der Bahn notwendig

In einem Begleitpapier der Konferenz, das dem SWR vorliegt, wird erklärt, dass der Abschluss der Digitalisierung frühstens 2043 erfolgen würde. Das sei noch eine sehr optimistische Rechnung unter den aktuellen Bedingungen, heißt es aus Konferenzkreisen gegenüber dem SWR. Die Sorge sei groß, dass sich der Ausbau bis 2050 oder länger verzögert. Das sei auf der Konferenz auch deutlich gemacht worden. Denn um das Jahr 2043 überhaupt noch als Ziel schaffen zu können, wären bereits jetzt schon zahlreiche Umstrukturierungen notwendig und Bahn, Bund und Länder müssten gemeinsam und einheitlich an der Digitalisierungsstrategie der Bahn arbeiten. Das sei aber bisher nicht der Fall, so ein Insider gegenüber dem SWR.

Von der Bahn heißt es auf SWR-Anfrage zum Zeitplan bei der Digitalisierung: "Die Deutsche Bahn treibt die Streckenausrüstung mit dem europäischen Zugbeeinflussungssystem ETCS in den kommenden Jahren weiter voran."

Verkehrsminister: Bund muss bei Digitalisierung beschleunigen

Aus der Ministerrunde heißt es weiter: "Die Verkehrsministerkonferenz fordert den Bund auf, sich klar zur Digitalisierung der Schiene zu bekennen, die Finanzierung des bundesweiten DSD-Rollouts sicherzustellen und Maßnahmen zu dessen Beschleunigung zu ergreifen." Es sei wichtig, dass weiterhin an den geplanten Digitalisierungsprojekten festgehalten werde und auch die Fahrzeugflotte schnellstmöglich auf die neue Technik umgerüstet werde.

NRW-Ministerpräsident schreibt an Bundeskanzler Scholz

Schon vor der Verkehrsministerkonferenz hat Ende September der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) einen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geschrieben. Der Brief liegt dem SWR vor. Darin formuliert Wüst seine Sorge, dass die Digitalisierung gestoppt wird und fordert den Bundeskanzler explizit zum Handeln auf: "... ich bitte Sie an dieser Stelle dafür Sorge zu tragen, dass der Sanierung nicht auf Kosten der Digitalisierung Vorrang gewährt wird." Ansonsten würde die Regierung Gefahr laufen, die wirtschafts-, sozial- und klimapolitischen Ziele im Bereich Mobilität zu verfehlen.

Damit schließt sich Hendrik Wüst seinem baden-württembergischen Amtskollegen Winfried Kretschmann (Grüne) an, der sich bereits im Juni an den Kanzler wandte. Darin schilderte Kretschmann seine Sorge, dass die Bahn die Mittel für die Digitalisierung in die Generalsanierung umleiten möchte. "Bei allem Verständnis dafür, dass das Bestandsnetz hohe Priorität genießt, darf im Poker um die knappen Mittel nicht die wichtige Zukunftsinvestition in die 'Digitale Schiene' geopfert werden." In der Verkehrsministerkonferenz ist dieses Pokerspiel wohl in die nächste Runde gegangen.

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SWR berichtete über vorerst gestoppte Digitalisierung

Anfang September berichtete der SWR über die Pläne der Bahntochter DB InfraGO, die Digitalisierung der Infrastruktur vorerst zu stoppen, um unter anderem die Generalsanierung finanzieren zu können. Expertinnen und Experten sowie Politikerinnen und Politiker schlugen daraufhin deutschlandweit Alarm und forderten, dass die Digitalisierung weiter wie geplant fortgesetzt werden müsste.

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Mit der Digitalisierungsstrategie will Deutschland nicht nur gegenüber den Nachbarländern beim ETCS-Ausbau aufholen, sondern auch die Führung eines modernen Bahnsystems in Europa übernehmen, indem erstmals flächendeckend auch digitale Stellwerke zum Einsatz kommen, die in Kombination mit ETCS in den Nachbarländern noch nicht benutzt werden. Dadurch erhofft sich die Bahn noch mehr Vorteile im Bahnverkehr.

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