Die Nachfrage nach Fernreisen ist groß. Das zeigt sich auf der nach eigenen Angaben weltgrößten Publikumsmesse für Tourismus und Freizeit CMT in Stuttgart. Zu den "Gorillas im Nebelwald", Reisen zu den Gletschern Patagoniens oder das Kennenlernen des diesjährigen CMT-Gastlandes Mongolei - nach einem pandemiebedingten Einbruch wollen viele Menschen dieses Jahr wieder große Reisen machen.
Flugreise nach Australien, weil es "wichtig" ist
Eine Messebesucherin in Halle 4 muss nicht lange überlegen. Sie will nach Australien fliegen, "weil das mein vorletzter Kontinent ist, auf dem ich noch nicht war", erklärt sie dem SWR. Sie sei im Vorruhestand, habe jetzt den Luxus von freier Zeit und wolle im September und Oktober unterwegs sein. Über die Klimawirkung des Fernflugs denke sie nach, erklärt sie, auch darüber ihn zu kompensieren, also eine Ausgleichszahlung, die an anderer Stelle die freigesetzten Treibhausgase einspart, aber: "Ich gebe zu, ich mache es trotzdem." Die Reise nach Australien sei ein "wichtiger Punkt" für sie.
Der letzte ihr "noch fehlende Kontinent" ist übrigens die Antarktis. Eine Reise dorthin war bereits gebucht, erzählt die Messe-Besucherin weiter. Dann kam Corona. Nun will sie im nächsten Jahr dorthin reisen.
Nach Botswana oder Thailand mit ein "bisschen schlechtem Gewissen"
Eine andere Messe-Besucherin ist noch nicht entschieden. Sie interessiere sich für Botswana und Thailand, erklärt sie, wegen der "Natur und den Nationalparks" im südlichen Afrika und wegen dem "Land, der Lebensweise und der Kultur" in Thailand. Einmal im Jahr versucht sie eine Fernreise zu machen. Weil Klimaschutz wichtig sei, versuche sie "immer einen Ausgleich zu machen", also die Treibhausgase zu kompensieren. Ein "bisschen schlechtes Gewissen bleibt", erklärt die Messe-Besucherin, verweist aber auch darauf, dass für die lokale Wirtschaft in den Reiseländern auch das Geld durch den Tourismus wichtig sei.
Auch ein weiterer Grund spricht aus ihrer Sicht für eine Fernreise. Man bekomme einen Einblick in das Leben anderer Menschen: "So wie Leute dort leben und wie wir hier leben. Den Luxus, den wir haben. Dann überlegt man doch, was man kauft oder nicht. Es mindert den Konsum."
Klimaschützer: "Fliegen ist die schädlichste Art der Fortbewegung"
Auch Dieter Bareis reist gern. Er ist Mathematik- und Geographielehrer an einem Stuttgarter Gymnasium. Doch es komme auf das Verkehrsmittel an. "Wenn man nach New York fliegt, verursacht das pro Passagier eine Erderwärmung, die drei Tonnen CO2 entspricht." Bei einer vierköpfigen Familie komme man entsprechend auf eine Treibhauswirkung von zwölf Tonnen CO2.
Der Hin- und Rückflug nach Neuseeland schlägt für eine Person sogar mit rund zehn Tonnen CO2 zu Buche, so der Lehrer weiter, der sich auch für das Klima- und Umweltbündnis Stuttgart (KUS) engagiert. Zum Vergleich: Laut Umweltbundesamt liegt der Treibhausgasausstoß pro Person im Durchschnitt bei rund elf Tonnen im Jahr - alles inklusive, vom Autofahren über Essen, Heizen, Kaufen von Dingen.
Dieter Bareis möchte mit Reisenden ins Gespräch kommen und sie aufmerksam machen, wie klimaschädlich Flugreisen sind. Deswegen wird er mit anderen Klimaschützerinnen und Klimaschützern am Samstag (21. Januar) vor den CMT-Messehallen einen Aktionstag "klimafreundliches Reisen - für eine Tourismuswende" veranstalten. Geplant sind Wortbeiträge, Infostände und Aktionen.
Die Wunschliste von Dieter Bareis und seinen Mitstreitenden ist lang. So fordern sie eine konsequente Besteuerung von Treibhausgasen, ein Ende von Subventionen im Bereich der Luftfahrt und ein preisgünstiges wie pünktliches Zugsystem. Auch werben sie für Reisen, die mit Bus oder Bahn erreichbar sind. Angebote wie den "Klimaberg Katschberg" in Österreich begrüßt der Klimaschützer. So wirbt die Urlaubsregion Katscherg auf der CMT unter anderem damit, dass Reisende mit einem Elektroauto abgeholt würden, dass mit Biomasse geheizt werde und die Gäste mit regionalem Essen verwöhnt würden.