Zwei Kandidaten standen in Bissingen an der Teck (Kreis Esslingen) zur Wahl, doch es wurde ein Dritter: Siegfried Nägele konnte am Wochenende 811 Stimmen gewinnen, obwohl er gar nicht auf dem Wahlzettel stand. Die Bürgerinnen und Bürger hatten ihn in die sogenannte freie Zeile eingetragen. Damit kommt der Gemeinderat der Unabhängigen Wählervereinigung auf 50,5 Prozent der Stimmen - die absolute Mehrheit. Nun hat der 61-Jährige bis zum Ende der Woche Zeit sich zu überlegen, ob er die Wahl annimmt.
Bürgerinnen und Bürger unzufrieden mit Kandidaten
Vor der Wahl waren einige Bürgerinnen und Bürger nicht mit den Kandidaten zufrieden, erzählt der gebürtige Bissinger Jürgen Weissinger: "Nach der Präsentation der Kandidaten war relativ viel Unsicherheit, weil keiner so richtig überzeugend war. Dann ist eine tolle Bewegung entstanden, die gefühlt durch den ganzen Ort ging." Die Mundpropaganda in Bissingen habe funktioniert, sagt Davina Schröpfer, die ebenfalls in der Gemeinde lebt. "Es sind auch viele WhatsApps und Anrufe rumgegangen". Das Ziel sei gewesen, möglichst viele davon zu überzeugen, Siegfried Nägele bei der Wahl in die freie Zeile einzutragen.
Siegfried Nägele (UWV) ist seit 25 Jahren der stellvertretende Bürgermeister in Bissingen an der Teck, die letzten 13 Jahre an der Seite von Marcel Musolf. Der trat Anfang Oktober seinen neuen Job als Landrat des Landkreises Esslingen an und hinterließ damit einen freien Posten in Bissingen an der Teck.
Jeweils rund 20 Prozent für die anderen Kandidaten
Die beiden anderen Kandidaten Robert Beck, der sich aktiv für die CDU engagiert, und Björn Haigis kommen jeweils auf rund 20 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 60 Prozent. Sollte sich Siegfried Nägele bis Ende der Woche gegen die Wahl zum Bürgermeister entscheiden, muss in Bissingen an der Teck nochmal neu gewählt werden.
Ähnliche Wahl-Überraschung in Bayern
Auch bei Bürgermeisterwahlen in Bayern gibt es die freie Zeile auf den Stimmzetteln. Erst im September hatte es Steffen Romstöck im Landkreis Würzburg über die freie Zeile ins Amt geschafft. Wie der BR berichtete, erhielt er in der 1.600-Einwohner-Stadt Röttingen ebenfalls die absolute Mehrheit, nachdem die Wählerinnen und Wähler ihn händisch auf den Stimmzettel eingetragen hatten. Bei der Wahl hatte sich nur ein Kandidat des Stadtrats aufstellen lassen - das hatte im Ort für Unmut gesorgt. Steffen Romstöck nahm die Wahl noch am Wahlabend an und ist seither amtierender Bürgermeister der Stadt Röttigen.