Ein stärkeres Immunsystem, Herz-Kreislaufsystem und Bindegewebe, aber auch positive Auswirkungen auf die Psyche. Das verspricht das Eisbaden. Doch der Trend birgt auch einige Risiken. SWR-Reporter Thomas Fritzmann hat sein erstes Eisbad genommen, angeleitet von Trainerin Wiebke Dirks.
Vor dem Eisbad: Atemübungen
Vor dem Kursraum wartet bereits ein Waschzuber aus Metall, bis zum Rand gefüllt mit Wasser und Eiswürfeln. Doch zu dem soll es erst später gehen, denn zunächst lotst Trainerin Wiebke Dirks uns auf die Yoga-Matte.
Um auf den Kälteschock vorbereitet zu sein, sollen wir Atemübungen machen. Bei entspannender Musik mal in den Bauch atmen, mal in die Brust, mal tief, mal flach und dann auch für einige Sekunden den Atem anhalten.
Nach den Atemübungen werden die Muskeln aufgewärmt
Dann soll es auch schon losgehen. Ich stehe zusammen mit mehreren Neugierigen im Bademantel gehüllt um den Waschzuber. In einem Chor aus "Hu"- und "Ha"-Rufen sollen wir unseren Oberkörper nach links und nach rechts drehen, während wir gebückt stehen. "Damit wärmen wir unsere Muskeln auf und bilden eine Gemeinschaft", ruft Trainerin Wiebke Dirks.
Bei fünf Grad Außentemperatur in die Eisbadewanne
Kurz darauf wird es still. "Konzentrier dich jetzt auf dich und darauf, dass du gleich ins Eis gehst", erklärt Wiebke Dirks einer Teilnehmerin. Sie soll als Erste ins Eisbad. Während sie in die Badewanne steigt, gibt sie keinen Laut von sich. "Hol jetzt tief Luft und wenn du ausatmest, gehst du runter bis zum Hals", sagt Wiebke. Eine Minute später steigt die Dame unter Applaus wieder aus der Badewanne und ist knallrot.
Der Selbstversuch: Dopamin und taube Füße
Kurz darauf bin ich an der Reihe. Vielleicht ist es das Adrenalin, vielleicht auch der Umstand, dass meine Füße durch den kalten Steinboden bereits ausgekühlt sind, aber das Eisbad ist nicht so kalt, wie ich erwartet hatte. Das erste Gefühl ist vergleichbar mit einem Kältebecken im Freibad. Kurz darauf setze ich mich in die Wanne und bin bedeckt mit Eis. Was mit meinem Körper passiert, nehme ich gar nicht richtig wahr. Immerhin halte ich immer noch ein Mikro in der Hand und konzentriere mich auf die Kursleiterin.
"Atme", ermahnt mich Wiebke. "Langsame, tiefe Atemzüge." Als ich anfange, mich wieder auf mich zu konzentrieren, merke ich, dass ich kaum noch ein Gefühl in den Füßen habe. "Das ist ganz normal", erklärt Wiebke. "Die Gefäße in deinen Füßen verengen sich, damit das Blut langsamer zirkuliert."
Welche Vorteile kann Eisbaden haben?
Eisbaden soll einen Schockzustand erzeugen. Dadurch, erzählt Wiebke, sollen Stress- und Glückshormone ausgeschüttet werden. "Die machen dich fokussierter und leistungsbereiter." Nach etwa zwei Minuten steige ich wieder aus dem Eisbad. Eine große Euphorie bleibt aus, doch tatsächlich fühle ich mich energiegeladen, als ich nass bei fünf Grad Außentemperatur aus der Wanne steige. Die Kälte spüre ich kaum noch, nur meine Füße brennen.
Durch das Eisbaden soll das Immunsystem gestärkt werden. Das wiederholte Weiten und Zusammenziehen der Gefäße soll zahlreiche positive Effekte mit sich bringen. Auch die Regenerationsfähigkeit nach dem Sport soll durch Eisbaden gesteigert werden. Außerdem soll es die Psyche verbessern und glücklich machen. "Nach dem Eisbad ist der Dopaminspiegel etwa 250 bis 300 Prozent höher als zuvor", erklärt die Trainerin. Dopamin ist auch bekannt als Glückshormon.
Achtung! Eisbaden kann gefährlich sein!
Grundsätzlich sei Eisbaden ungefährlich, sagt Wiebke Dirks. Allerdings nur, wenn es richtig gemacht werde und der Teilnehmer gesund sei. "Diese extrem kalte Temperatur wirkt sich sofort auf deinen Körper aus. Das ist wie ein Schock. Die Blutgefäße ziehen sich zusammen und der Blutdruck steigt." Ärzte raten deshalb insbesondere Epileptikern aber auch Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen, Diabetes oder Bluthochdruck davon ab, am Eisbaden teilzunehmen. Im schlimmsten Fall drohe Lebensgefahr.
Biohacker empfehlen außerdem, nie allein Eisbaden zu gehen. Mindestens eine Person sollte immer dabei sein, um reagieren zu können, falls der Schock zu stark ist. Ein Eisbad sollte nur wenige Sekunden dauern. Wer sich länger den extrem kalten Temperaturen aussetzt, laufe Gefahr, sich zu unterkühlen. Außerdem sollten beim Eisbaden eine Mütze und Handschuhe getragen werden, um den Wärmeverlust zu reduzieren. Auch Neoprensocken können nützlich sein.
Experten trennen strikt zwischen Eisbaden und Eisschwimmen. Die zusätzliche Anstrengung durch Schwimmbewegungen sei eine vielfach höhere Belastung für den Körper. Sollte beim Eisbad Schwindel einsetzen, die Atmung schwerer fallen oder andere Kreislaufprobleme auftreten, sollte das Wasser sofort verlassen werden.
Tipps für eine gute Vorbereitung zum Eisbaden
Das erste Eisbad sollte laut Biohackern angeleitet stattfinden. Man kann sich aber vorbereiten - beispielsweise durch kalte Duschen. Es sei auch möglich, zunächst einen Neoprenanzug zu tragen und nur wenige Sekunden im Wasser zu bleiben. Danach könne die Eisbadezeit Stück für Stück ausgedehnt und irgendwann auf den Neoprenanzug verzichtet werden.
Biohacking Days in der Messe Stuttgart
Die "Biohacking Days" finden vom 14. bis 16. April in der Messe Stuttgart statt. Biohacking bedeutet, dass man das Beste aus sich herausholt. Es geht also um Selbstoptimierung. Dazu werden Vorträge von Expertinnen und Experten sowie diverse Kurse rund um Biohacking angeboten.