Nahe Großerlach (Rems-Murr-Kreis) soll eine Pfeifengraswiese entstehen. Solche Wiesen gehören laut dem Landratsamt des Rems-Murr-Kreises zu den artenreichsten Gebieten in Europa. Zunächst müssen dafür aber einige Bäume gefällt werden.
Besuch auf der der 2,5 Hektar großen Wiese Mitte Februar: Die Motorsäge schallt durchs Tal der Rot, des kleinen Flüsschens zwischen den Orten Großerlach und Mainhardt. Gerade stand auf der Wiese noch ein dünnes Bäumchen, jetzt liegt es am Boden. Weitere Bäume folgen, sie alle werden gefällt.
Pfeifengraswiese - was ist das?
Der Grund: Hier soll wieder eine sogenannte Pfeifengraswiese entstehen, denn genau die gab es hier bis vor ein paar Jahrzehnten. Damals wurde die Wiese von Bauern bewirtschaftet – als feuchte Wiese am Fluss, die nur ein Mal pro Jahr im Herbst gemäht wurde und auf der ganz besondere Pflanzen wachsen. Ein paar Überreste vom Pfeifengras wurden hier noch gefunden.
Und Pfeifengraswiesen bleiben nur erhalten, wenn sie ein Mal pro Jahr im Herbst gemäht werden. Ansonsten heimst der umliegende Wald, wie hier im Rems-Murr-Kreis, die Wiese im Laufe der Zeit wieder ein und es wachsen Bäume. Das Pfeifengras ist lang und hat wenig Knoten, weshalb es einst zum Putzen von Pfeifen verwendet wurde, erklärt Uwe Hiller von der Naturschutzbehörde.
Pfeifengraswiesen gehören zu den artenreichsten Gebieten in ganz Europa. Sie bieten Lebensraum für viele geschützte Tierarten, zum Beispiel für den Schwarzstorch oder den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling - ein Falter, der sich im Raupenstadium wie ein trojanisches Pferd in einen Ameisenbau einschleust und dort jede Menge Ameisenlarven vertilgt.
Landwirtschaft hat sich verändert
In früheren Zeiten wurden Pfeifengraswiesen von Bauern bewirtschaftet. Das harte Gras wurde als Einstreu für Ställe genutzt. "Diese Art der Bewirtschaftung lohnt sich nicht mehr", sagt Uwe Hiller von der Naturschutzbehörde im Rems-Murr-Kreis.
Genau das soll im Rahmen eines neuen Naturschutzprojekts im Rems-Murr-Kreis geschehen. Für die Renaissance der Pfeifengraswiese arbeiten viele Menschen zusammen. Forst BW rodet im Februar die Bäume. Das Mähen im Herbst übernimmt künftig die Erlacher Höhe, ein Sozialunternehmen für Menschen in Notlagen. Das Gras wandert anschließend in die Biogasanlage der Erlacher Höhe. Bis die Pfeifengraswiese wirklich wieder hergestellt ist, wird es Jahre dauern – Michael Deuschle von Forst BW freut sich drauf.
In nächster Zeit wollen die Förster auch Informationsschilder aufstellen zur Erklärung, warum die Wiese gerodet wird. Bäume fällen für den Naturschutz, das klingt erst einmal unlogisch – im Fall der Pfeifengraswiese aber eben nur auf den ersten Blick.