Mehrere Berufsfachschüler der Altenpflegehilfe an einer Stuttgarter Schule, die letzten Herbst wegen einer schlechten Deutschnote durch ihre Abschlussprüfung gefallen waren, haben nun doch bestanden und ihr Abschlusszeugnis erhalten. Das bestätigte das Regierungspräsidium Stuttgart dem SWR auf Anfrage.
Bestanden oder nicht?
Einer der Betroffenen ist Habilou Nacer Nsami. Der 24-Jährige aus dem Kamerun lebt seit einigen Jahren in Deutschland und hat an einem Stuttgarter Altenheim die zweijährige Ausbildung zum Altenpflegehelfer absolviert.
Letzten Herbst stand die Abschlussprüfung an. Von der Berufsschule hatte Nsami anschließend eine Bestätigung erhalten, dass er die Prüfung bestanden habe. Das Regierungspräsidium Stuttgart widersprach: Wegen der Note fünf in Deutsch sei Nsami durchgefallen. Die Dokumente liegen dem SWR vor. So, wie das Regierungspräsidium das Ergebnis auslegte, steht es auch in den Bestimmungen des Kultusministeriums zu der Ausbildung: Für das Bestehen der Abschlussprüfung ist mindestens die Note vier in Deutsch nötig, heißt es dort.
Regierungspräsidium prüft den Vorgang
Habilou Nacer Nsami wird ehrenamtlich von dem Stuttgarter Rentner Volker Brümmer betreut. Brümmer hakte nach, weil er sich die schlechte Deutschnote und den Widerspruch zwischen Berufsschule und Regierungspräsidium nicht erklären konnte.
Auf SWR-Anfrage teilte das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart nun mit: Das RP habe den Ablauf der Prüfung als Aufsichtsbehörde umfassend geprüft - mit dem Ergebnis, "dass nicht auszuschließen war, dass den betroffenen Prüflingen nicht hinreichend die Möglichkeit einer mündlichen Prüfung im Fach Deutsch kommuniziert worden ist."
Mündliche Prüfung möglich
Prüflinge dürfen bis zu einer bestimmten Frist zwei Fächer benennen, in denen sie freiwillig mündlich geprüft werden wollen - so steht es in den Bestimmungen des Kultusministeriums zu der Ausbildung.
"Daher haben wir entschieden, allen Betroffenen anzubieten, an ihrer Berufsfachschule für Pflege eine mündliche Prüfung im Fach Deutsch abzulegen", heißt es vom Regierungspräsidium Stuttgart auf SWR-Anfrage. Diese Möglichkeit haben alle Betroffenen wahrgenommen - und alle haben bestanden, so das Regierungspräsidium Stuttgart. Die Berufsschule wollte sich am Donnerstag auf SWR-Anfrage nicht zu dem Fall äußern.
Nsami will weitere Ausbildung anschließen
Volker Brümmer freut sich, dass sein Schützling aus Kamerun nun doch bestanden hat. Der erfolgreiche Abschluss hat erhebliche Konsequenzen für die Zukunft der Schüler. Denn das Bestehen als Altenpflegehelfer ist laut Brümmer Voraussetzung für die anschließende Ausbildung zum Pflegefachmann oder zur Pflegefachfrau. Genau diese Ausbildung will Habilou Nacer Nsami nun anschließen - und zwar an demselben Stuttgarter Altenheim, an dem er auch bislang gearbeitet hat, so die Hoffnung des ehrenamtlichen Betreuers.
Nach einer Prognose der Krankenkasse Barmer von Anfang letzten Jahres werden bis zum Jahr 2030 allein in Baden-Württemberg rund 710.000 Menschen auf Hilfe in der Pflege angewiesen sein. Das sind laut Barmer-Pflegereport über ein Fünftel mehr Menschen als bislang angenommen. Zugleich fehlten zusätzlich 4.000 Pflegekräfte. Ursachen für diese Entwicklung seien unter anderem die demografische Entwicklung.
Weil Personal so dringend gesucht wird, will das Land Baden-Württemberg künftig mehr Menschen für die Altenpflege aus dem Ausland anwerben und mehr in Sprachkurse investieren.