Baden-Württemberg muss in den kommenden Jahren mit weniger Steuereinnahmen auskommen als ursprünglich geplant. Das geht aus der neuesten Steuerschätzung hervor, die Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) am Montag in Stuttgart vorstellte. Demnach wird das Land in diesem Jahr 345 Millionen Euro weniger an Steuern einnehmen als noch im Herbst gedacht.
Bayaz spricht von neuer finanzpolitischer Realität
Wenn Steuereinnahmen ausbleiben, sinken auch die finanziellen Spielräume der Landesregierung. "Das ist eine Zäsur. Wir müssen uns auf eine neue finanzpolitische Realität einstellen, in der zusätzliche Aufgaben nicht mit frischem Geld, sondern mit klaren politischen Prioritäten angegangen werden müssen", sagte Bayaz am Montag in Stuttgart. Grund für die rückläufige Steuerberechnung sei unter anderem der Rückgang bei der Grunderwerbsteuer. Auch in den kommenden Jahren dürften die Einnahmen niedriger ausfallen als gedacht. Für 2024 sagt die Schätzung ein Minus von 69 Millionen Euro voraus, für 2025 Mindereinnahmen von 31 Millionen Euro.
Gewerkschaftsbund drängt auf Fonds
Der Deutsche Gewerkschaftsbund Baden-Württemberg (DGB) reagierte auf die Steuerschätzung umgehend mit einer Pressemitteilung. In dieser drängte Kai Burmeister, der Vorsitzende der DGB Baden-Württemberg, auf einen "Baden-Württemberg-Fonds". "Dieser sollte so ausgestattet werden, dass ausreichend Geld für die zentral wichtigen öffentlichen Investitionen im Topf ist", so Burmeister. Finanzpolitisch auf die Bremse zu treten sei falsch. Baden-Württemberg werde die Mammutaufgaben Klimaschutz, die Energie- und Mobilitätswende, den klimaverträglichen Umbau der Wirtschaft und die Sicherung von Arbeitsplätzen nur bewältigen, wenn die Landesregierung bei den nötigen Investitionen jetzt an Tempo zulege, so der Landesvorsitzende der DGB.
BW-CDU: Steuerschätzung keine Überraschung
Auch die CDU in Baden-Württemberg äußerte sich. Der finanzpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Tobias Wald, nannte die prognostizierten Steuermindereinnahmen "nicht wirklich eine Überraschung". "Wir werden uns die Zeit nehmen, um mit dem Koalitionspartner die vorliegenden Schätzergebnisse einer eingehenden Analyse zu unterziehen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen", so Wald. Das Land habe bestimmt kein Problem mit den Einnahmen. Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel werde man weiter eine zukunftsgerichtete Gestaltungspolitik betreiben.
Kommunen blicken laut Schätzung in bessere Zukunft als Land
Etwas besser sind die Aussichten für die Städte, Gemeinden und Landkreise. Den Kommunen prognostiziert die Steuerschätzung für dieses Jahr Mehreinnahmen in Höhe von 220 Millionen Euro. Für 2024 sieht die Schätzung 42 Millionen Euro mehr als noch im Herbst geplant vor.
Der Landtag hatte Ende 2022 einen Haushalt für die Jahre 2023 und 2024 in Rekordhöhe beschlossen. Das Gesamtvolumen beträgt mehr als 123 Milliarden Euro. Der Haushalt enthält unter anderem eine Rücklage für Haushaltsrisiken in Höhe von 1,3 Milliarden Euro. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte Ende April nach dem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst gesagt, dass er angesichts klammer Kassen einen Nachtrag zum Doppelhaushalt 2023/2024 für denkbar hält.