Waldshut-Tiengen: Tote Nadelbäume stehen in einem Wald (Sommer 2019)

Hitze und Schädlinge

Dem Wald in Baden-Württemberg geht es wieder schlechter

Stand

Nach kurzem Aufatmen haben Hitze, Dürre und Schädlinge dem Wald in Baden-Württemberg 2022 wieder zugesetzt. Fast die Hälfte der Waldfläche ist deutlich beschädigt.

Video herunterladen (5,7 MB | MP4)

Dem Wald in Baden-Württemberg geht es schlecht. 46 Prozent der Fläche gelten laut aktuellem Bericht zum Zustand des Waldes als deutlich beschädigt. Als "besorgniserregend" bezeichnet das Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU), der für die nächsten Jahre wenig Hoffnung auf Besserung sieht. Das Ergebnis liege auf dem Niveau des bisherigen Negativrekordjahres 2020. Während das kühle und feuchte Wetter vergangenes Jahr den stark angegriffenen Bäumen noch eine kurze Verschnaufpause verschaffte, setzten ihnen in diesem Sommer erneut Hitze, Dürre und Schädlinge zu.

Kahle Kronen vor allem bei Kiefern und Eichen

Unter den Nadelbäumen gehe es vor allem der Kiefer schlecht. Die Inventurtrupps der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt dokumentierten hier bis zu 33 Prozent Nadelverlust. Rund ein Viertel der Tannen, Lärchen und Fichten sind demnach betroffen. Der Fichte setzen auch die Borkenkäfer zu, die wegen der warmen Temperaturen bis in mittlere Höhenlagen drei Generationen ausbilden und sich sprunghaft vermehren konnten. Vergleichsweise am besten geht es noch der Douglasie. Sie gilt als resistent gegen Trockenheit und verliert "nur" etwas mehr als jede fünfte Nadel.

Bei den Laubbäumen sei der Blattverlust der Eichen auf 34 Prozent gestiegen. Der Anteil deutlich geschädigter Eichen liege bei 71 Prozent. Damit leide die Baumart stärker unter dem Klimawandel als jede andere in Baden-Württemberg. Deshalb sei es unter anderem wichtig, klimaresiliente Bäume früh zu fördern, so Landwirtschaftsminister Hauk. Auch der hier häufigste Laubbaum, die Buche, leide massiv. Nur neun Prozent haben demnach keine Schäden, 58 Prozent gelten als deutlich geschädigt.

Innenminister Strobl warnt vor steigender Waldbrandgefahr

Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) sieht die Gefahr von Waldbränden steigen, auch wenn Baden-Württemberg kein klassisches "Waldbrand-Land" sei. "Die Sommer werden heißer, die Baumbestände sind inzwischen sichtbar geschädigt, das ist eine toxische Mischung," so Strobl am Montag.

Um gewappnet zu sein für die ernstere Lage, soll es künftig in jedem Stadt- und Landkreis ein Tandem geben, also ein Team aus Forst- und Feuerwehrleuten, um Informationen zu bündeln und im Notfall schnell handeln zu können. Außerdem sucht Baden-Württemberg Strobl zufolge Rat bei Ländern wie Griechenland, die seit vielen Jahren und unter weitaus extremeren Bedingungen mit Waldbränden zu kämpfen haben.

Klimawandel macht Umbau des Waldes notwendig

"Der Wald wird auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten leiden", hatte Hauk bereits im vergangenen Jahr gemahnt. Es brauche zwei oder drei feuchte und kühlere Jahre, damit sich der Wald erholen könne, hatte er damals gesagt. Die Verschnaufpause 2021 sei zu kurz gewesen. Die Verantwortung für den Zustand sieht Hauk nicht bei der grün-schwarzen Koalition: "Die Folgen für den Wald von heute spiegeln die Fehler und Inkonsequenz beim Klimaschutz von vor 20 Jahren wieder", sagte er. Es sei richtig, den Wald intensiv umgebaut und mit dem Kampf gegen den Klimawandel begonnen zu haben.

Mit dem Kurs ist der Geschäftsführer der Forstkammer Baden-Württemberg, Jerg Hilt, zwar zufrieden. Klimastabile Baumarten müssten gepflanzt und heimisches Holz als Ersatz für klimaschädliche und fossile Rohstoffe genutzt werden. Das Tempo müsse dabei aber erhöht werden. Das Land wolle im nächsten Doppelhaushalt deutlich weniger Geld für den Wald bereitstellen, das sei ein schlechtes Zeichen.

NABU: Erst der Anfang einer gefährlichen Entwicklung

Die Hitze- und Trockenperioden der vergangenen Jahre seien erst der Anfang einer gefährlichen Entwicklung, warnt der Naturschutzbund NABU. "Wenn es uns nicht gelingt, den Klimawandel zu bremsen, werden wir den Wald, wie wir ihn kennen und lieben, bald nicht wiedererkennen", sagte der Landesvorsitzender Johannes Enssle. Die Wälder seien die Lebensräume, an denen die dramatischen Folgen der Klimakrise am deutlichsten sichtbar würden.

Mehr zur Lage des Waldes

Baden-Württemberg

Wegen Energiekrise Immer mehr Holz-Diebstähle in BW

In den Wäldern von Baden-Württemberg wird immer mehr Holz geklaut. Andere bunkern es aus Angst vor Engpässen. Fachleute sprechen schon von Holz als "dem neuen Toilettenpapier".

SWR1 Baden-Württemberg SWR1 Baden-Württemberg

Stand
Autor/in
SWR

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.