Am Donnerstagmorgen klebten sich Aktivistinnen und Aktivisten der sogenannten "Letzen Generation" an die Straßen mehrerer Flughäfen in Deutschland. Neben den Flughäfen Köln/Bonn, Nürnberg und Berlin war auch Stuttgart von der Protestaktion betroffen. Mit handelsüblichen Bolzenschneidern schnitten die beiden Klimaaktivistinnen den Maschendrahtzaun des Stuttgarter Flughafens auf und verschafften sich so Zugang auf das Gelände.
Immer wieder schaffen es Aktivistinnen und Aktivisten, sich an den Flughafenstraßen festzukleben. Doch wenn Menschen von außen auf das Gelände kommen, wie sicher sind dann die Flughäfen?
Die Fragen im Überblick:
- Was sagt der Flughafenbetreiber zur Sicherheit?
- Wer ist für die Sicherheit an den Flughäfen zuständig?
- Reichen die aktuellen Schutzmaßnahmen aus?
- Wie könnte man die Flughafensicherheit erhöhen?
Nach Protestaktion: Was sagt der Flughafen Stuttgart zur Sicherheit?
Auf SWR-Nachfrage sagte eine Sprecherin des Flughafens Stuttgart, dass die vorhandenen Melde- und Alarmketten beim Vorfall am Donnerstag einwandfrei funktioniert hätten. Und auch der Flughafenverband ADV hält die deutschen Flughäfen für sicher.
Die Flughäfen seien durch verschiedene Maßnahmen gesichert, über die keine Auskünfte gegeben werden dürfe, so eine ADV-Sprecherin. Diese entsprächen den europäischen Richtlinien und Gesetzgebungen. Der Zaun, der die Flughäfen umgibt, sei dabei die erste Hürde. Sobald dieser durchbrochen werde, würde dies umgehend festgestellt und der Flugverkehr eingestellt, so die Sprecherin weiter. Danach widme man sich den Personen auf dem Gelände.
Wer ist für Sicherheit an Flughäfen zuständig?
Für die Sicherheit des Flughafengeländes ist vorrangig der Betreiber verantwortlich, erklärt Heiko Teggatz. "Die Bundespolizei ist nicht dafür zuständig, Sorge zu tragen, dass niemand unberechtigt auf das Gelände kommt", sagt der stellvertretende Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). So sei die Bundespolizei ausschließlich für die Gefahrenabwehr zuständig wie beispielsweise die Beaufsichtigung von Gepäck- und Passagierkontrollen. Für die Durchführung seien private Sicherheitsunternehmen verantwortlich. Das sei auch der Fall, wenn es zu einem Vorfall am Zaun kommt, so Teggatz weiter. Dann werde die Bundespolizei durch die Flughafenwache alarmiert.
Reichen die Schutzmaßnahmen an den Flughäfen aus?
Klimaaktivistinnen und -aktivisten der "Letzten Generation" sind in den vergangenen zwei Jahren immer wieder auf Flughafengelände eingedrungen. "Das legt die gravierenden Mängel in der Sicherung der Außengrenzen der Flughäfen offen", sagt Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt, "denn nach dem Luftsicherheitsgesetz sind die Flughäfen verpflichtet, dafür zu sorgen, dass niemand auf das Gelände vordringen kann. Und da reicht ein Maschendrahtzaun, wie er Standard ist, ganz klar nicht aus."
Bei der Sicherheit an den Flughäfen geht auch um Schutz vor Terrorismus. "Wir leben in unsicheren Zeiten und der Luftverkehr war immer auf die eine oder andere Weise durch Flugzeugentführung oder durch Anschläge auf Terminals Ziel von Terroranschlägen. Und letzten Endes ist das die Gefahr, vor der wir uns schützen müssen", so Großbongardt weiter. Ähnlich sieht es auch Heiko Teggatz von der Polizeigewerkschaft. Er kritisiert, dass die Durchführung hauptsächlich in den Händen der privaten Wachschutzunternehmen liegt. Seiner Meinung nach gehört die Luftsicherheit und damit auch die Terrorismusbekämpfung in staatliche Hand.
Mit welchen Maßnahmen könnte man die Sicherheit an Flughäfen verbessern?
Um die Sicherheit an den Flughäfen zu erhöhen, brauche es andere Zäune. Darin sind sich Teggatz und Großbongardt einig. "Ein Doppelzaun, der mit Sensor und Kameratechnik ausgestattet ist, würde schon mal helfen", sagt Teggatz. "Wenn sich dann jemand an dem äußeren Zaun zu schaffen macht, wäre die Bundespolizei oder der private Sicherheitsdienst innerhalb kürzester Zeit an der Stelle, wo der Alarm ausgelöst wurde." Zudem wäre dann noch immer ein zweiter Zaun da, der verhindern könnte, dass jemand auf das Gelände komme.
Doch das ist eine Frage des Geldes. Flughafenbetreiber seien Wirtschaftsunternehmen, die nur so viel in die Sicherheit investieren würden, wie gesetzlich verlangt werde, sagt Teggatz. Denn weitere Investitionen würden die Rendite am Jahresende schmälern. Das Problem sieht auch Luftfahrtexperte Großbongardt: "Ganz sicherlich spielt die Wirtschaftlichkeit von Flughäfen eine Rolle. Wenn der Flughafen Stuttgart seine Außengrenze sichern muss, dann geht das natürlich ins Geld, da kommt schnell ein sehr deutlicher Millionenbetrag zustande. Aber was wären die Kosten eines Terroranschlages?"
Teggatz sieht hier die Bundesregierung in der Pflicht. Diese müsse schärfere Sicherheitsmaßnahmen an Flughäfen per Gesetz anordnen. Auf SWR-Anfrage teilte das Bundesinnenministerium mit, dass der aktuelle Schutzstandard an Flughäfen als "nicht ausreichend" erachtet werde. Der Versuch, eine Selbstverpflichtung der Flughäfen zur Verbesserung der Schutzmaßnahmen auszuhandeln, sei jedoch am Widerstand zweier deutscher Großflughäfen gescheitert. Deshalb habe das Ministerium "die Abstimmung mit den Ländern zu einer Rechtsverordnung" wieder aufgenommen. Darin sollen unter anderem Verbesserungen in den Bereichen Zäune, Zufahrtstore und Videoüberwachungstechnik angestrebt werden, so das Bundesinnenministerium weiter.