Reformkommission für Schuldenbremse gefordert

BW-Finanzminister Bayaz: Länder brauchen mehr Verschuldungsspielraum

Stand

Ein Gremium solle die Schuldenbremse weiterentwickeln, schlägt Baden-Württembergs Finanzminister Bayaz vor. Er macht dabei auch einen Vorschlag für die Länderhaushalte.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeshaushalt wird über die Schuldenbremse intensiv diskutiert. Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) und Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) haben sich jetzt für eine Reformkommission starkgemacht. Diese sollte mit Vertreterinnen und Vertretern aus Bund, Ländern und Wissenschaft besetzt sein, um die Schuldenbremse weiterzuentwickeln, schreiben die beiden Politiker in einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" vom Freitag.

Darin fordern Bayaz und Evers unter anderem mehr Verschuldungsspielraum für die Bundesländer. "Eine Verschuldung der Länder von beispielsweise 0,15 Prozent ihres BIP (Bruttoinlandsprodukts) würde Spielräume eröffnen, die etwa für das wichtigste landespolitische Thema Bildung genutzt werden könnten", schreiben die beiden Ressortkollegen.

Derzeit könnten Länder für ihre Haushalte nur dann neue Schulden aufnehmen, wenn es einen konjunkturellen Abschwung oder eine Notlage gebe. Der Bund hingegen darf sich um 0,35 Prozent des BIP verschulden. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betraf den Bundeshaushalt, doch auch die baden-württembergische Landesregierung lässt jetzt ihre Haushaltspolitik juristisch prüfen.

Baden-Württemberg

Notkredite aus der Corona-Pandemie Nach Entscheidung aus Karlsruhe: BW lässt Haushaltspolitik prüfen

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Notkredite aus der Corona-Pandemie nicht zweckentfremdet werden dürfen. Nun will auch BW seine Finanzpolitik juristisch prüfen lassen.

Finanzminister: Schuldenbremse um Investitionsregel ergänzen

Das Bundesverfassungsgericht hatte Mitte November entschieden, dass der Bund Notkredite aus der Corona-Pandemie nicht in einen Fonds für Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft umschichten darf. Das stellt die Bundesregierung vor Probleme, bestimmte als notwendig erachtete Investitionen zu finanzieren.

Bayaz und Evers halten eine Investitionsregel im Rahmen der Schuldenbremse für einen denkbaren Teil einer möglichen Reform. "Damit wäre die Kreditfinanzierung zusätzlicher Investitionen beispielsweise mit Blick auf die Herausforderungen der Transformation möglich", so Bayaz und Evers in ihrem Gastbeitrag.

Sie betonen, dass die Investitionen streng ziel- und zweckgerichtet sein müssten: "Eine neue Ausnahme bei der Schuldenregel darf gerade nicht dazu führen, dass neuer Spielraum für konsumtive oder nicht zielgerichtete Ausgaben geschaffen wird, indem der Investitionsbegriff politisch aufgeladen wird."

In dieser Woche hatte die Ampel-Regierung in Berlin den Bundeshaushalt für 2024 vorgelegt. Dabei soll die Schuldenbremse eingehalten werden, dafür sollen einige Subventionen abgeschafft, Ausgaben einzelner Ressorts gekürzt und Bundeszuschüsse verringert werden.

Bayaz und Evers für mehrjährige Notlagenkredite

Dem Verfassungsgericht zufolge müssen zudem Kredite, die in Notlagen aufgenommen werden, auch in dem Haushaltsjahr genutzt werden, für das die Notsituation erklärt wurde. Auch dazu äußern sich Bayaz und Evers in ihrem Gastbeitrag: Sie schlagen vor, Notlagenkredite sollten nach ihrer Vorstellung auch über das Jahr des Notlagenbeginns hinaus verwendet werden können. Schwere Krisen bzw. ihre Folgen endeten "in der Regel nicht abrupt zum Jahresende", so die Politiker.

Bayaz und Evers sprechen sich grundsätzlich für die Schuldenbremse als "wichtige Errungenschaft" aus. Allerdings brauche Deutschland für den Erhalt seines Wohlstands hohe Investitionen. Die Politiker verweisen dabei auf die Digitalisierung, die Transformation der Energieversorgung, das Bildungssystem und das Erreichen der vereinbarten Klimaziele. Dafür brauche es vor allem privates Kapital, aber auch staatliche Investitionen.

Bei Instagram haben wir erklärt, wie die Schuldenbremse funktioniert:

Unter den Ländern wird darüber gesprochen, eine Reforminitiative im Bundesrat zu starten, wie Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am Freitag im RBB-Inforadio sagte. Der Vorstoß von Bayaz und Evers stößt allerdings in Bayern auf Kritik: "In Deutschland beschäftigen sich mehr Fachleute mit der Frage, wie man verfassungskonform die Schuldenbremse umgehen kann, anstatt mit der Frage, wie man höhere Steuern durch eine höhere Wirtschaftsleistung generieren kann", konterte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU). "Wir müssen die Wirtschaft ankurbeln, Wachstum fördern, dann steigen auch wieder die Steuereinnahmen und damit die Gestaltungsmöglichkeiten", sagte Füracker.

Mehr zur Schuldenbremse

Geld für Klimaprojekte Schuldenbremse soll ausgesetzt werden: Kritik und Zustimmung aus BW

Die Bundesregierung will zur Finanzierung des Nachtragshaushalts die Schuldenbremse aussetzen. Die Reaktionen in Baden-Württemberg dazu fallen unterschiedlich aus.

SWR1 Baden-Württemberg SWR1 Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

"Leben in anderer Welt" Nach Haushaltsurteil: Kretschmann fordert Debatte über Schuldenbremse

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts klafft eine riesige Lücke im Bundeshaushalt. BW-Ministerpräsident Kretschmann hofft auf eine Debatte über die Schuldenbremse.

SWR1 Baden-Württemberg SWR1 Baden-Württemberg

Stuttgart

Nach Karlsruher Urteil zu Nachtragshaushalt BW-Finanzminister Bayaz wirft Lindner "Tricksereien" vor

Darf der Staat nicht genutzte Corona-Schulden für andere Zwecke umwidmen? Das Bundesverfassungsgericht sagt Nein. BW-Finanzminister Bayaz fühlt sich bestätigt und fordert Konsequenzen.

Stand
Autor/in
SWR

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.