Rund 280 Einsatzkräfte haben am Donnerstag in acht Bundesländern mehrere Objekte im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen sogenannte Reichsbürger durchsucht. Die 20 Beschuldigten im Alter zwischen 25 und 74 Jahren werden der Bildung einer kriminellen Vereinigung verdächtigt. Sie sollen beispielsweise versucht haben, ganze Behörden mit massenhaften Anrufen und E-Mails lahmzulegen. Zudem wurden Behördenmitarbeiter massiv beleidigt und bedroht.
Unter Leitung der Generalstaatsanwaltschaft München waren bei den Razzien Polizisten in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, Brandenburg, Hamburg und Niedersachsen im Einsatz. Einen Zusammenhang mit der Reichsbürger-Zelle um Prinz Reuß gebe es nach derzeitigem Kenntnisstand nicht, wie ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München mitteilte.
Baden-Württemberg Schwerpunkt der Durchsuchungen
Nach SWR-Informationen gab es in Baden-Württemberg Durchsuchungen in den Landkreisen Biberach, Karlsruhe, Rastatt, Ravensburg, Sigmaringen, Tübingen, Tuttlingen sowie im Zollernalbkreis und im Bodenseekreis. So war Baden-Württemberg mit zehn durchsuchten Objekten ein Schwerpunkt der Razzien am Donnerstagmorgen. Insgesamt neun der 20 Beschuldigten stammen aus dem Land. Die Polizei war an den zehn Objekten in Baden-Württemberg mit starken Kräften im Einsatz, auch Spezialeinsatzkräfte des SEK waren vor Ort. Grund dafür sei das hohe Aggressionspotential bei vielen der sogenannten Reichsbürger.
Einer der Beschuldigten sitzt laut SWR-Informationen wegen einer anderen Straftat in Haft, daher gab es auch eine Razzia in seiner Zelle in der Außenstelle der Justizvollzugsanstalt Rottweil in Hechingen. Drei der Beschuldigten waren den Behörden bereits als sogenannte Reichsbürger bekannt, zwei Personen sind in der Vergangenheit schon wegen Straftaten aufgefallen.
Strobl: "Wir lassen nicht nach im Kampf gegen Extremismus"
Baden-Württembergs Innenminister Strobl erklärte am Donnerstagnachmittag, mit den heutigen Durchsuchungen zeige man klar und unmissverständlich: Man lasse nicht nach im Kampf gegen Extremismus. Man schaue ganz genau hin.
Nach Angaben der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft München wurden bei den Durchsuchungen Festplatten und Mobiltelefone beschlagnahmt. Die würden nun ausgewertet, um zu erkennen, ob es weitere Strukturen in der Reichsbürgerszene gebe, so ein Behördensprecher gegenüber dem SWR. Auch kinderpornografisches Bildmaterial und eine Schreckschusswaffe wurden gefunden. Festnahmen habe es bundesweit keine gegeben.
"Reichsbürger" nutzten Telegram zur Organisation
Ermittler sprachen im Fall der durchsuchten Personen von einem "Telegram-Netzwerk von Reichsbürgern und Verschwörungstheoretikern". Übergeordnetes Ziel der Gruppe sei es mit ihren massenhaften Anrufen und Mails gewesen, die Bundesrepublik Deutschland und ihre Einrichtungen zu destabilisieren und rechtmäßiges staatliches Handeln zu verhindern oder zumindest zu erschweren. "Die Gesprächspartner wurden beispielsweise mit Reichsbürgerthesen konfrontiert, der Begehung von Menschenrechts- und Kriegsverbrechen bezichtigt, beleidigt und teilweise mit dem Tode bedroht", teilte das bayerische Justizministerium mit.
Bereits im Oktober "Reichsbürger" festgenommen
Erst im Oktober hatten Einsatzkräfte in mehreren Bundesländern zahlreiche Wohnungen sogenannter Reichsbürger durchsucht, die dem Umfeld der mutmaßlichen Terrorgruppe "Vereinte Patrioten" zugerechnet wurden. Dabei wurden insgesamt fünf Verdächtige festgenommen.
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