Nach der Zustimmung für das Bürgergeld im Bundestag ist im baden-württembergischen Landtag eine heftige Debatte entbrannt. Wie auf Bundesebene sprachen sich Politikerinnen und Politiker von Grünen und SPD für das Bürgergeld aus. Die Abgeordnete Dorothea Kliche-Behnke (SPD) bezeichnete die Einführung des Bürgergelds als "größte Sozialreform seit zwanzig Jahren". Endlich lasse Deutschland das alte Modell Hartz IV hinter sich und der deutsche Sozialstaat komme stärker seinem Sicherheitsversprechen nach. Die unklare Haltung zum Bürgergeld von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kritisierte die Abgeordnete. Das einzige grün geführte Bundesland könne sich nicht "vor den parteipolitischen Karren eines Friedrich Merz (CDU) spannen lassen".
Die Fraktionen im Landtag reagieren gespalten auf das Bürgergeld:
Grüne Fraktion anderer Meinung als Kretschmann
Bereits am Dienstag hatte Kretschmann gesagt, die Landesregierung habe zu diesem Thema keine einheitliche Meinung und die werde sie auch nicht hergestellt bekommen. Kretschmanns Stimme im Bundesrat könnte am Montag entscheidend sein, wenn es darum geht, ob das Bürgergeld ab dem ersten Januar 2023 an den Start gehen kann.
Anders als Kretschmann sprechen sich viele Grünen-Parteimitglieder in der Landtagsfraktion klar für das Bürgergeld aus. So sagte der sozialpolitische Sprecher Oliver Hildenbrand (Grüne): "Das Bürgergeld steht für mehr Respekt und Vertrauen". Auch sei es im Gegensatz zu Hartz IV ein "Schutz vor der Armutsspirale". Die FDP im Landtag stimmte Hildenbrand zu.
Für Union geht Bürgergeld in die falsche Richtung
Gegenwind gab es aus der Unions-Fraktion. Der deutsche Sozialstaat könne nur funktionieren, wenn es neben Rechten auch Pflichten gebe, so Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). Für sie werden Bezieherinnen und Bezieher des Bürgergelds von zu vielen Pflichten entbunden. Auch für den Landtagsabgeordneten Winfried Mack (CDU) geht der Gesetzentwurf zum Bürgergeld in die "völlig falsche Richtung". Die Bürger wollten, dass Notleidenden geholfen werde. Allerdings wollten sie nicht, dass Notleidenden der Anreiz zum Arbeiten und Energiesparen und damit der Anreiz zu Eigenverantwortung genommen werde. Genau geschehe aber durch das Bürgergeld. Macks Rede wurde häufig mit Zwischenrufen aus den anderen Fraktionen unterbrochen. Auch die AfD stellte sich gegen das Bürgergeld.
Zeitplan in Gefahr? BW-Landesregierung streitet über Pläne fürs Bürgergeld
Grün-Schwarz streitet über das Bürgergeld. Landeschef Kretschmann fürchtet um den Zeitplan für die Einführung. Ministerin Hoffmeister-Kraut will die Hartz-Gesetze reformieren.
SPD-Abgeordnete aus Pforzheim kritisiert Union
Die SPD-Bundestagsabgeordnete für Pforzheim und den Enzkreis, Katja Mast, kritisierte vor der Abstimmung im Bundestag die Haltung von CDU und CSU. Im SWR sagte sie, der Union seien die Bürgergeld-Sätze erst zu hoch gewesen und jetzt stimme sie dem doch zu. Dafür wolle die Union dann das Schonvermögen und die Karenzzeit nicht, habe aber dem gleichen Gesetz während der Corona-Zeit im Bundestag schon zweimal zugestimmt, so Mast. "Ich glaube, da muss sich noch einmal die Lage sondieren, was die Union insgesamt - sowohl im Bundestag als auch in den Ländern - konkret will", sagte die SPD-Politikerin weiter.
Was ist das Bürgergeld?
Das Bürgergeld soll ab Januar 2023 die Hartz IV-Leistungen ablösen. Die Regelsätze werden von 449 auf 502 Euro im Monat erhöht. Arbeitslose sollen zudem künftig weniger durch angedrohte Sanktionen unter Druck gesetzt und dafür bei Weiterbildungsmaßnahmen stärker unterstützt werden. Zudem sollen Vorgaben zur erlaubten Vermögenshöhe und zur Wohnungsgröße bei Leistungsbeziehern gelockert werden.