Die FDP hat ein Pro-Auto-Programm vorgelegt. Einer der zentralen Punkte: kostenloses Parken in den Innenstädten, oder, wo nicht möglich, zumindest eine Park-Flatrate nach dem Vorbild des 49-Euro-Tickets. Außerdem sollen Straßen nur mit schlüssigem Gesamtkonzept sowie unter Einbeziehung der Anwohner und Anwohnerinnen sowie der Gewerbetreibenden in Fußgängerzonen oder Radwege umgewandelt werden. "Die Realität verlangt nach einer Verkehrspolitik, die funktionale Lösungen statt ideologischer Beschränkungen bietet", schreibt die Bundes-FDP in ihrem Beschlusspapier "Fahrplan Zukunft - Eine Politik für das Auto".
Die FDP-Fraktion in Baden-Württemberg unterstützt diesen Vorstoß - kritisiert allerdings die Darstellung in den Medien. "Wer das Papier ernsthaft liest, merkt sehr schnell, dass wichtige und richtige Schwerpunkte gesetzt werden. Ich finde es äußerst schade, wie versucht wird, richtige Denkanstöße in das Gegenteil dessen verkehren zu wollen, was gemeint war", so Friedrich Haag, FDP-Sprecher für Mobilität im Stuttgarter Gemeinderat. Es gehe im Beschluss darum, die Politik gegen das Auto zu beenden und nicht darum, die Verkehrspolitik nur nach dem Auto auszurichten.
Grüne und SPD mit scharfer Kritik
Kritik hingegen kommt aus der Fraktion der Grünen im Landtag. Sie wirft der FDP vor, mit politischen Luftschlössern angesichts der Wahlen im Osten auf Stimmenfang zu gehen. "Sich aufs Auto zu verkrampfen und den Menschen die Freiheiten zu nehmen, die sich die FDP permanent auf die Fahne schreibt, ist reine Lobbypolitik und hat mit einer zeitgemäßen Verkehrspolitik im Jahr 2024 überhaupt nichts zu tun", sagt Silke Gericke, Sprecherin für Verkehrspolitik der Grünen. Auch FDP-Bürgermeisterinnen und -Bürgermeister hätten in der Initiative "Lebenswerte Städte" für eine Reform des Straßenverkehrsgesetzes gekämpft. Für diese müsse sich das jetzt aus der eigenen Partei wie eine "Vollwatschen" anfühlen, so Gericke.
Jan-Peter Röderer, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, kritisiert den Vorschlag deutlich: "Seit Jahren geht die Entwicklung zu mehr Lebensqualität in den Innenstädten und damit einher mit weniger Autos. Die Gründe dafür sind genauso vielfältig wie verständlich und einleuchtend. Das jetzt umkehren zu wollen erscheint geradezu absurd." Außerdem wirft er der FDP vor, dass dies nur ein billiger Versuch sei, im Sommerloch aufzutauchen, und ruft den FDP-Bundesverkehrsminister Volker Wissing dazu auf, seine Hausaufgaben zu machen.
Mobilitätsmix für lebenswerte Städte
Das baden-württembergische Verkehrsministerium will stattdessen bei den Bedürfnissen der Bevölkerung ansetzen und attraktive Mobilitätsangebote für alle schaffen. "Das ist nicht zu erreichen mit einer ideologischen Verkehrspolitik, die allein das Auto in den Blick nimmt und dabei die Lebenswirklichkeit und auch die Innovationspotentiale, die in einer klugen Vernetzung der Verkehrsträger stecken, vernachlässigt", so Amtschef und Ministerialdirektor Berthold Frieß.
Auch der Städtetag Baden-Württemberg hält den FDP-Vorstoß für "ausgesprochen schwierig". Er decke sich aus seiner Sicht nicht damit, was Städte wollen und was zu lebens- und liebenswerteren Städten beiträgt, denn parkende Autos seien dabei nicht hilfreich. "Das ist nicht unsere Antwort auf: Wie sehen Städte aus, wie soll der Verkehr in Zukunft aussehen", so Susanne Nusser, Stellvertretende Hauptgeschäftsführerin.
Zuspruch kommt teils aus der AfD
Für den verkehrspolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Thomas Dörflinger, gehört das Auto selbstverständlich zur Mobilität in den Städten, das Auto stehe stellvertretend für einen starken Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. "Wir als CDU haben uns schon immer für einen sinnvollen Mobilitätsmix eingesetzt, der neben dem Auto auch alle anderen Verkehrsträger wie den ÖPNV sowie den Fuß- und Radverkehr berücksichtigt und miteinander verknüpft. All diese Verkehrsträger haben ihre Funktion und ihre Daseinsberechtigung", so Dörflinger.
Der verkehrspolitische AfD-Fraktionssprecher in Baden-Württemberg, Miguel Klauß, sieht in dem Pro-Auto-Programm der FDP durchaus einige unterstützenswerte Punkte. Ein deutschlandweites Flatrate-Parken nach dem Vorbild des 49-Euro-Tickets überschneide sich im Großen und Ganzen mit eigenen Forderungen. Klauß hält den Vorstoß der FDP jedoch für ein verzweifeltes Wahlkampfmanöver: "Wer mit Grünen koaliert, kann alles versprechen, wird aber um der Koalition willen immer beim Kampf gegen den Autofahrer mitmachen. Deswegen ist die FDP unglaubwürdig. Sie wird, wie ihre Wähler auch, die Autofahrer belügen und nach der Wahl nichts mehr davon wissen. Die Autofahrer haben nur eine Partei auf ihrer Seite - und das ist die AfD."