Viele Freibäder in Baden-Württemberg haben massive Probleme genügend Fachkräfte für den Bereich der Badeaufsicht zu finden. Das ist auch der Grund, weshalb einige Bäder nicht pünktlich zur Freibadsaison eröffnen können. Im Land gibt es rund 850 kommunale Bäder. Allein im vergangenen Jahr konnten etwa 32 Bäder im Land gar nicht oder nur mit reduziertem Betrieb öffnen, weil ihnen das benötigte Aufsichtspersonal fehlte.
Fachkräftemangel in Freibädern liegt am demografischen Wandel
In Heilbronn können beispielsweise zwei der drei städtischen Freibäder nur verspätet und mit eingeschränkten Badezeiten öffnen. Grund für den Personalmangel seien Nachwirkungen der Corona-Pandemie auf dem Arbeitsmarkt und der demografische Wandel, heißt es von den Stadtwerken Heilbronn. Die Situation kennt auch Edgar Koslowski vom Bund Deutscher Schwimmmeister Baden-Württemberg (BDS). "Das ist kein regionales Problem, sondern ein allgemeines Problem in Deutschland", sagte Koslowski dem SWR. Der Personalmangel ziehe sich schon seit Jahren durch die Bäderbetriebe des Landes und werde in nächsten Jahren noch anziehen, wenn die Generation der Babyboomer in Rente gehen.
Berufsbild ist für junge Leute nicht attraktiv
Für Koslowski sind es zwei essenzielle Faktoren, die das Problem fördern: die Demografie und die fehlende Wertschätzung in Form von zu geringem Lohn. Jährlich würden viel zu wenig junge Menschen sich für den Beruf der Fachkraft für Bäderbetriebe entscheiden. Viele, die es machen, bleiben laut dem baden-württembergischen BDS-Vorsitzenden nicht lange im Beruf. "Junge Menschen wollen auch am Wochenende freihaben. Die Bäder sind aber auch Samstag und Sonntag geöffnet", sagt er. Aber nicht nur die Work-Life-Balance sei ein Problem, sondern auch der geringe Verdienst.
"Ich sehe da ein doppeltes Dilemma: der Fachkräftemangel und die Work-Life-Balance", räumt Koslowski ein. Schwimmbäder dürften nämlich nur öffnen, wenn sie auch eine Fachkraft für Bäderbetriebe oder einen Rettungsschwimmer oder eine Rettungsschwimmerin haben. Das Risiko für Badegäste könnte zunehmen, wenn ein Freibad ohne diese Voraussetzung öffnen würde. Man habe nämlich auch eine Fürsorgepflicht den Badegästen gegenüber.
Aus diesem Grund versuchen die Stadtwerke Heilbronn die Saison mit einer kreativen Lösung zu retten: Sie bemühen sich um den saisonalen Personalaustausch mit Vereinen und haben eine Werbekampagne gestartet, die Ferienjobberinnen und Ferienjobber sowie Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger ansprechen soll.
Stuttgarter Bäder: Start der Freibadsaison noch unklar
Aber auch andere Freibäder in Baden-Württemberg haben mit Problemen zu kämpfen. Die Stuttgarter Bäder beispielsweise können noch keinen Starttermin für die Freibadsaison 2023 benennen. "Wir suchen noch händeringend Saisonpersonal im Aufsichtsbereich", bestätigt Pressesprecher Jens Böhm. Davon hänge auch ab, wie viele Freibäder öffnen können. Jedes Jahr werden aufs Neue Saisonbeschäftigte für den Betrieb der Freibäder gesucht. Bäderpersonal für die Wasseraufsicht sei aber auf dem Arbeitsmarkt nur schwer zu gewinnen.
Damit für den Sommerbadebetrieb ein Teil des Personals sicher bereitgestellt wird, werden jedes Jahr in der Regel ab Mitte/Ende April bis Anfang/Mitte September die Hallenbäder Feuerbach, Sportbad NeckarPark und Vaihingen geschlossen. Außerdem werde das Schwimmkursangebot der Stuttgarter Bäder in diesem Zeitraum eingestellt. "Das dadurch freiwerdende Stammpersonal reicht jedoch bei weitem nicht aus, um den gesamten Personalbedarf für den saisonalen Betrieb der Freibäder zu decken", so Böhm. Erst kurz vor der Sommersaison entscheide man, ob noch weitere Maßnahmen notwendig wären, wie beispielsweise die Einschränkung der Öffnungszeiten oder die Schließung weiterer Hallenbäder.
Andere Regionen in BW kämpfen mit ähnlichen Problemen
Ähnlich sieht es auch in Karlsruhe aus. Wegen des Personalmangels in Freibädern seien tageweise oder längere Schließungen möglich. Bereits im vergangenen Jahr mussten die Karlsruher Bäder aufgrund des Personalmangels mit einer stufenweisen Öffnung der Freibäder in die Saison starten sowie zusätzlich die Öffnungszeiten von zwei Freibädern von insgesamt vier Bädern verkürzen, so eine Sprecherin. Auch in diesem Jahr sollen die Hallenbäder für den öffentlichen Badebetrieb während der Freibadsaison geschlossen werden. Kurse und Vereinsschwimmen sollen aber weiterhin stattfinden. Grund für die Maßnahmen ist laut Sprecherin einzig der Personalmangel. Aktuell werde noch mit der regulären Öffnung aller Freibäder in Karlsruhe zum 27. Mai geplant.
Auch im Landkreis Calw und Freudenstadt fehlt Personal in den Freibädern. Im Badepark Nagold (Landkreis Calw) müsse man den Betrieb womöglich einschränken, heißt es. Zwei Fachkräfte und drei bis vier Rettungsschwimmer fehlen für den regulären Betrieb, sagte Matthias Müller, kaufmännischer Betriebsleiter des Nagolder Badeparks. Nachwuchs sei schwer zu finden. Mit dem derzeitigen Personal müsse man entweder einzelne Becken sperren oder die Öffnungszeiten kürzen. Das Neckarbad in Horb am Neckar (Landkreis Freudenstadt) hat die Öffnungszeiten bereits seit Anfang April wegen personeller Engpässe geändert. Auf der Internetseite heißt es, man bitte auch kurzfristige Schließungen zu entschuldigen. Das Freibad in Altensteig (Landkreis Calw) holt sich auch in dieser Saison Unterstützung durch einen Dienstleister. Bereits im vergangenen Jahr wurden die Öffnungszeiten dort etwas gekürzt.
Ausreichend Fachkräfte in Freiburg
Die Situation in Freiburg sieht hingegen besser aus. "Der Personalmangel ist dieses Jahr kein Thema", sagt ein Sprecherin der Regio Bäder GmbH. Das Lorettobad und das Freibad St. Georgen in Freiburg werden zum 13. Mai eröffnen. Das Strandbad soll sogar noch vorher in die Freibadsaison starten. Momentan ist der Termin aber noch nicht absehbar, da gerade Sanierungsarbeiten an den Becken durchgeführt werden. Die Arbeiten verzögern sich noch wegen des Wetters, so die Sprecherin. Für ausreichend Fachkräfte hätte man schon im letzten Jahr und im Laufe des Winters gesorgt. Unterstützung bekämen die Freibäder auch vom Personal aus den Hallenbädern und von Saisonkräften. Außerdem würden die Freibäder der Regio Bäder auch auf Personal mit badbezogenen Rettungsfähigkeiten setzen, um die Badeaufsicht abzudecken. "Sie müssen gut schwimmen können, sportlich fit sein und erste Hilfe leisten können", erklärt sie.