Mit knapp 120.000 Beschäftigten haben zum 1. März 2022 so viele Menschen wie noch nie in den Kindertageseinrichtungen in Baden-Württemberg gearbeitet. Damit gebe es 70 Prozent mehr pädagogisches Personal in den Kitas als 2012, teilte das Statistische Landesamt am Donnerstag mit. Etwa 103.500 Menschen waren demnach als Pädagoginnen und Pädagogen tätig. Die übrigen Angestellten arbeiteten in den Bereichen Verwaltung und Einrichtungsleitung sowie Hauswirtschaft und Technik. Eine Sprecherin des Statistischen Landesamtes teilte auf SWR-Anfrage mit, dass bei der Zahl der Beschäftigten nicht zwischen Voll- und Teilzeitkräften unterschieden werde. Auch sage die Zahl der Beschäftigten nichts über die Anzahl der unbesetzten Stellen oder mögliche Krankheitsfälle aus.
Anzahl männlicher Erzieher verdoppelt - trotzdem sehr gering
Der Anteil an männlichen Pädagogen war laut Statistischem Landesamt im letzten Jahr mit knapp sieben Prozent zwar noch recht gering. Allerdings werde das Berufsfeld für Männer allmählich attraktiver. Im Vergleich zum Jahr 2012 habe sich der Anteil der männlichen Beschäftigten fast verdoppelt. Knapp 6.700 Männer waren demnach im März 2022 in den Kindertageseinrichtungen des Landes pädagogisch tätig. Dabei arbeiteten im Stadtkreis Freiburg mit etwa 16 Prozent landesweit die meisten Männer als Pädagogen in Kitas. Der Anteil war dahingehend in städtischen Kitas allerdings weitaus höher als in ländlicheren Kreisen.
Der Anteil der Mitarbeitenden mit klassischer Erzieherinnen- oder Erzieherausbildung mache im März 2022 weiterhin den Großteil des pädagogischen Personals in den Kitas aus, habe aber im Vergleich zu 2012 um neun Prozentpunkte abgenommen, so das Statistische Landesamt. Bei den Beschäftigten mit Hochschulabschluss und deren Anteil an den Auszubildenden war hingegen ein deutlicher Anstieg erkennbar. Zudem würde sich die Personalstruktur in den Kitas auf dem Land und in der Stadt teils deutlich unterscheiden. In Städten wie Freiburg oder Heidelberg arbeiteten mehr Menschen mit Hochschulabschluss in den Kitas als in ländlicheren Kreisen wie Tuttlingen oder dem Zollernalbkreis.
GEW: Wachsende Beschäftigtenzahlen - aber "dramatischer" Fachkräftemangel
Obwohl es statistisch so viele Mitarbeitende in Kitas gibt wie seit Jahren nicht, kommt es vielerorts immer wieder zu Engpässen und verkürzten Betreuungszeiten - beispielsweise in Tübingen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht die Arbeitgeber in der Pflicht. "Trotz wachsender Beschäftigtenzahlen haben wir einen dramatischen Fachkräftemangel, weil die Betreuungsangebote endlich ausgebaut wurden und die Kinderzahlen steigen", sagte die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein am Donnerstag in Stuttgart. Die Verantwortlichen in der Bundesregierung, beim Land und den Kita-Trägern hätten in den vergangenen Jahren zwar mehr investiert, aber nicht genug getan, um mehr junge Menschen für die Arbeit in Kitas zu gewinnen, so Stein weiter. Die GEW rechnet damit, dass es in Baden-Württemberg aufgrund des Fachkräftemangels zu weiteren Einschränkungen von Kita-Öffnungszeiten kommen wird.
Bedarf an Betreuung von Kleinkindern weiter gestiegen
Laut GEW sind die Geburtenzahlen in den letzten 15 Jahren um rund 16 Prozent gestiegen. Außerdem gebe es Zuzug von Familien, so dass rund 20 Prozent mehr Kinder in den Einrichtungen seien als noch vor 15 Jahren. Besonders der Bedarf an Betreuung von unter dreijährigen Kindern ist laut GEW enorm gestiegen. Außerdem sei der Betreuungsschlüssel in dieser Altersgruppe höher als bei älteren Kindern. Das bedeutet, dass mehr Erzieherinnen und Erzieher notwendig sind als etwa bei Drei- bis Sechsjährigen. Laut Statistischem Landesamt lag der Personalschlüssel im Jahr 2021 bei Kindern unter drei Jahren bei 2,9. Das bedeutet, dass eine pädagogische Kraft im Durchschnitt 2,9 Kinder zu betreuen hatte. Bei Kindern über drei Jahren lag der Schlüssel bei 6,5. Zahlen für 2022 liegen noch nicht vor.
FDP kritisiert Zahlen des Statistischen Landesamts
Der Sprecher für frühkindliche Bildung der Fraktion FDP/DVP im baden-württembergischen Landestag, Dennis Birnstock, bemängelte die Aussagekraft der Zahlen, die das Statistische Landesamt herausgegeben hatte. "Wer die zahlreichen Kitas im Land besucht, wer einen Kita-Platz für sein Kind möchte oder wer mit dem erzieherischen Personal vor Ort spricht, der merkt recht schnell, dass diese Zahlen wenig aussagekräftig sind. Ja die Zahlen beim Kita-Personal sind hoch - aber hoch ist leider nicht hoch genug.", sagte Birnstock.