In einem offenen Brief fordern über 100 Ärztinnen und Ärzte aus Baden-Württemberg, die Homöopathie in der ärztlichen Weiterbildungsordnung als Zusatzbezeichnung zu belassen. Der Brief wurde vom Heidenheimer Arzt Ulrich Geyer organisiert und am Donnerstag in Stuttgart veröffentlicht. Er richtet sich an die Delegierten der Landesärztekammer, die am Samstag darüber entscheiden werden.
Befürchtung: Professionelle Kontrolle geht verloren
Homöopathie solle weiterhin in der ärztlichen Profession bleiben, sagt Geyer. Nur so könne kompetent entschieden werden, ob eine konventionelle Behandlung indiziert sei oder eine homöopathische Behandlung eine zusätzliche Option sein könne. Werde Homöopathie in den außerärztlichen Bereich abgedrängt, gehe diese professionelle Kontrolle verloren. Der Brief hebt hervor, dass Homöopathie von Ärzten in der Regel integrativ eingesetzt werde, also nicht als Alternative zur konventionellen Medizin, sondern ergänzend.
Arzt verweist auf Modelle in Österreich und der Schweiz
Baden-Württemberg, so Geyer, spiele eine Vorreiterrolle in diesem Miteinander, sowohl an der Universität als auch in der klinischen Praxis. In der Schweiz sei Homöopathie seit 2017 als Teil der Grundversicherung anerkannt, wenn sie von qualifizierten Ärzten praktiziert werde. In Österreich sei die homöopathische Behandlung ausschließlich Ärzten vorbehalten, um für die Patientinnen und Patienten ein hohes Maß an Sicherheit zu garantieren.
Streit um Homöopathie in Baden-Württemberg
Bereits vor zwei Jahren hatte die Landesärztekammer Baden-Württemberg beschlossen, die Zusatzbezeichnung "Homöopathie" aus der Weiterbildungsordnung der Ärztinnen und Ärzte in Baden-Württemberg zu streichen. Damit folgten die Medizinerinnen und Mediziner einem entsprechenden Beschluss des Deutschen Ärztetags, zuvor hatten bereits zwölf von siebzehn Landesärztekammern bereits so entschieden.
Doch der baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) verweigerte seine Zustimmung und wandte sich mit scharfer Kritik gegen den Beschluss. Dieser sei "ein absolut falsches Signal", so Lucha, denn Baden-Württemberg sei das Land der Naturheilkunde, zudem sei die Homöopathie für viele Bürgerinnen und Bürger ein wichtiger Teil der Gesundheitsversorgung. Zudem glaube er selbst an ihre Wirkung.
Lauterbach will Homöopathie als Kassenleistung streichen
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte Anfang dieses Jahres auf der Plattform X verkündet, die Homöopathie als Kassenleistung streichen zu wollen. Lauterbach zufolge könnten durch die Streichung zwischen 20 und 50 Millionen Euro gespart werden. Es komme ihm aber nicht auf das Geld an, betonte Lauterbach. Stattdessen gehe es ums Prinzip: Grundlage dessen, was vergütet werde, müsse der wissenschaftliche Sachstand sein, so der SPD-Politiker. Auch dagegen wandte sich BW-Gesundheitsminister Lucha mit heftiger Kritik, er sprach von einer "scheinheiligen Evidenz- vs. Kostendebatte".