Klein, intim, charmant: Mit diesen Worten ließ sich das bisherige Heidelberger Zimmertheater am besten beschreiben. 93 Sitzplätze in einem Raum, wo es keinen Meter Abstand zwischen Bühne und Publikum gab. Diese Nähe war einer der Gründe, weshalb das 1950 gegründete Privattheater so beliebt war. Der andere war das Programm, das immer unterhaltende und dennoch anspruchsvolle Stücke bot. Letzteres soll so bleiben, aber der Raum ist seit Mittwochabend Vergangenheit. Für die meisten war das ein wehmütiger Abschied.
Viel Abschiedsschmerz: Zimmertheater war ein "Juwel in der Altstadt"
Die letzte Inszenierung, die am bisherigen Standort in der Heidelberger Hauptstraße gespielt wurde, war "Rot" von John Logan - ein Stück über den alternden Maler Marc Rothko. Die letzte Vorstellung sorgte beim Publikum für einen wehmütigen Abschied von den alten Räumen.
Viele schwärmten von der intensiven Atmosphäre der Hinterhausbühne und äußerten ihre Befürchtung, dass die am neuen Standort im ehemaligen Karlstorbahnhof nicht mehr herzustellen sein könnte.
Die stellvertretende Vorsitzende des Freundeskreises Margret Hommelhoff bedankte sich am Ende der letzten Vorstellung bei allen, die das Zimmertheater in den letzten Jahren am Laufen hielten. Das war für sie nicht zuletzt das Publikum. "Alle haben gekämpft. Auch viele von Ihnen [vom Publikum]. Das war umsonst: Morgen früh kommen die Möbelpacker und Handwerker für den Umzug in den alten Karlstorbahhof", so Hommelhoff weiter.
Zimmertheater am Karlstor soll im Frühjahr an den Start gehen
Dass der Mietvertrag nicht verlängert wird, beschäftigt das Zimmertheater schon geraume Zeit. Unter der langjährigen Leitung von Ute Richter war es immer wieder gelungen, einen Aufschub zu bekommen. Nun hat die Besitzerin aber andere Pläne mit der Altstadtimmobilie.
Der Trägerverein hat einige Alternativen für einen neuen Standort geprüft, unter anderem in der Weststadt. Die Entscheidung fiel dann aber letztendlich auf den ehemaligen Karlstorbahhof in der Heidelberger Altstadt. Der steht nach dem Umzug der gleichnamigen Kulturinstitution zur Zwischennutzung frei - wenn auch nur für voraussichtlich maximal fünf Jahre.
Im Frühjahr will das Zimmertheater dort mit einer neuen Inszenierung starten. Welche das sein wird und wer Regie führt, ist noch unklar. Der derzeitige Intendant Joosten Mindrup ist seit vielen Monaten krank. Derzeit wird verhandelt, ob und wann es einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin gibt.
150.000 Euro teurer Rückbau beginnt am Tag nach der letzten Vorstellung
Am Donnerstag wird mit dem Rückbau begonnen. Geschätzte Kosten: rund 150.000 Euro. Da das Privattheater schon lange damit gerechnet hat, dass dieser Zeitpunkt kommt, hat es rechtzeitig angefangen, Rücklagen dafür zu bilden.
"Es gibt einen minutiösen Vertrag über den Rückbau. Der ist sehr umständlich. Er wird sehr gewissenhaft abgearbeitet, weil man ja Jahrzehnte hier war und spurlos verschwinden soll", sagte Till Schweizer, der beauftragte Architekt für den Rück- und Neuaufbau.
Man wolle so viel wie möglich vom alten an den neuen Standort mitnehmen, so Schweizer. Dazu gehört unter anderem die Bestuhlung. Der Theatersaal im ehemaligen Karlstorbahnhof ist zudem ähnlich geschnitten wie der in der Hauptstraße. Schweizer ist zuversichtlich, dass der neue Standort deshalb einen ähnlichen Charme haben werde wie der alte.
Vorteile am neuen Zimmertheater-Standort: S-Bahn-Anschluss und Aufzug
Viele Besucherinnen und Besucher betonten, dass sie dem Theater auf jeden Fall auch am neuen Standort treu bleiben wollen. Eine der großen Aufgaben des Zimmertheaters ist es, ein neues und jüngeres Publikum zu gewinnen. Dafür könnte der Standort im ehemaligen Karlstorbahnhof von Vorteil sein, weil dort noch andere Vereine untergebracht sind. Natürlich sei ein Wechsel immer schwierig, so Architekt Till Schweizer. Aber: "Das Potential ist so riesig, dass man sich hinterher vielleicht sogar darüber freut. Mit zeitgemäßem S-Bahn-Anschluss und Aufzug."