Die Richter am Mannheimer Landgericht verurteilten den Mann am Donnerstag wegen Betrugs und versuchten Betrugs mit erfundenen Corona-Testzentren zu vier Jahren Gefängnis. Zwei Jahre und vier Monate Haft erhielt er außerdem wegen Subventionsbetrugs und falschen Angaben zu einer Vorbestrafung bei einer Geschäftsgründung. Der Mann hatte die Taten im Prozess vor dem Mannheimer Landgericht gestanden.
44 Millionen Euro für nicht erbrachte Leistungen
Der Mann hatte sich im vergangenen Juni bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) registriert und vorgegeben, sieben Corona-Testzentren in Mannheim sowie eins in Ludwigshafen zu betreiben. Für die Monate Januar bis Mai 2022 gab er an, Leistungen in Höhe von rund 44 Millionen Euro erbracht zu haben. Die Testzentren gab es allerdings gar nicht.
Der Mann flog auf, als die Kassenärztliche Vereinigung eine sogenannte Plausibilitätsprüfung durchführte. Weil es Auffälligkeiten gab, verhängte die KVBW eine Auszahlungssperre und erstattete Anzeige wegen Betrugs.
Geld kassiert für nicht-existierendes Corona-Testzentrum in Ilvesheim
In einem anderen Fall war der Mann erfolgreicher: Ebenfalls im vergangenen Juni registrierte er außerdem ein Corona-Testzentrum in Ilvesheim (Rhein-Neckar-Kreis), das aber ebenfalls nicht existierte. Dafür benutzte er den Namen seiner Tante. Er forderte von der KVBW Zahlungen in Höhe von 420.000 Euro für angebliche Leistungen. Die KVBW überwies ihm davon rund 165.000 Euro.
Ende Juli 2022 registrierte der Mann erneut angebliche Testzentren in Ilvesheim, Mannheim und Heddesheim und versuchte vergeblich, weitere rund 1,2 Millionen Euro von der Kassenärztlichen Vereinigung zu erhalten.
Corona-Hilfen erschlichen
Schon in den Jahren 2020 und 2021 hatte der Mann betrogen: Er hatte sich staatliche Corona-Hilfen in Höhe von 11.400 Euro auszahlen lassen. Dabei hatte er die Personalien seiner Tante und des Vaters seiner Ex-Freundin ohne deren Wissen verwendet.
Zusätzlich hatte der Mann bei einer Geschäftsgründung gelogen. Im März 2021 unterschrieb er bei einem Notar eine Erklärung, dass er nicht wegen Betrugs vorbestraft sei. Das Handelsregister Mannheim ließ ihn daraufhin als Geschäftsführer eines Unternehmens eintragen. Tatsächlich hatte ihn das Landgericht Mannheim erst wenige Tage vorher wegen Betrugs verurteilt.
Verteidigung: Angeklagter war kooperativ und "entwaffnend offen"
In Ihren Plädoyers hatte die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von insgesamt sechs Jahren und acht Monaten gefordert. Die Verteidigung stellte das Strafmaß ins Ermessen des Gerichts. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass der Angeklagte kooperativ und "entwaffnend offen" gewesen sei.
In seiner Urteilsbegründung ging der Richter auf weitere Straftaten und Straftatversuche ein, die der Verurteilte in seinem Leben begangen hat. Zuletzt habe er noch während der Untersuchungshaft ein Täuschungsmanöver begonnen, um eine konfiszierte Rolex-Uhr nicht als seinen Besitz anzugeben. Der Richter sprach von "Auffälligkeiten, die man so nicht oft antreffe."
Gericht: Angeklagter voll schuldfähig
Zur Urteilsfindung hat unter anderem ein psychiatrisches Gutachten beigetragen. Ein solches kommt bei Wirtschaftsstrafsachen eher selten vor. Dem Angeklagten wurde eine dissoziale Persönlichkeit bestätigt, deren Wurzeln in seiner schweren Kindheit mit Gewalt- und Ablehnungserfahrungen liegen können. Als Tatmotiv wurde unter anderem ein soziales Geltungsbedürfnis, insbesondere vor der Familie, genannt. Da es sich nach Ansicht des Gutachters allerdings nicht um eine Persönlichkeitsstörung handelt, liegt eine volle Schuldfähigkeit vor.
Bei einer Hausdurchsuchung konnte der Großteil des erbeuteten Geldes gesichert werden und ein hochwertiges Auto der Marke Mercedes. In einem Kleiderschrank wurden außerdem 220.000 Euro entdeckt, deren Herkunft nicht legal nachgewiesen werden konnte. Auch dieses Geld wurde konfisziert.
Verurteilter verzichtet auf Revision
Der Richter stellte dem Verurteilten am Ende der Urteilsbegründung in Aussicht, dass sich seine Haftdauer um ein Drittel verkürzen könne, wenn er erfolgreich an einer Sozial- und Kriminaltherapie teilnimmt. Der 26-Jährige nahm das Urteil an und verzichtet auf eine Revision.