Rocksänger, DJ- und Produzenten-Duo, Firmenchefin

20 Jahre Popakademie Mannheim: Was wurde aus dem ersten Jahrgang 2003?

Stand
Autor/in
Wolfgang Kessel
Wolfgang Kessel, Redakteur beim SWR in Mannheim

Die Popakademie in Mannheim feiert am Mittwoch (10. Mai) ihr 20-jähriges Bestehen. Was ist eigentlich aus dem ersten Jahrgang von 2003 geworden? Vier Beispiele, vier Karrieren.

Christoph Hessler (43) weiß noch genau, wie er sich gefühlt hat, als er sein Studium an der Mannheimer Popakademie 2003 begann.

"Für mich war das total überschäumend, auch wegen des ganzen Rummels damals. Da war schon bei den Aufnahmeprüfungen unfassbar viel Presse dabei. Und als es dann endlich losging, hat es sich für mich total richtig angefühlt."

Christoph Hessler: Rock-Band während des Studiums gegründet

Christoph Hessler, Sänger und Gitarrist der Band "The Intersphere" im Proberaum in Mannheim
Christoph Hessler, Sänger und Gitarrist der Band "The Intersphere" im Proberaum in Mannheim

Hessler, der aus Aschaffenburg (Bayern) stammt, hat an der Popakademie sechs Semester lang das Fach Popmusikdesign mit Bachelor-Abschluss studiert. Er sagt, die Popakademie sei für ihn vor allem wegen der vielen Kontakte zu Gleichgesinnten wertvoll gewesen. Während des Studiums tat er sich dort mit weiteren Musikern zusammen und gründete die Band "Hesslers".

Festival-Auftritte, Musikproduktionen, Gastbeiträge, Songs schreiben

2009 benannte sich die Band in "The Intersphere" um. Hessler und seine Kollegen sind seitdem als Rockband recht gut im Geschäft, wurden unter anderem mehrmals für die Festivals "Rock im Park" und "Rock am Ring" gebucht. Aber: Allein von den Auftritten und den Alben, die "The Intersphere" herausgebracht haben, können Hessler und Co. nicht leben. Christoph Hessler erklärt, seinen Unterhalt verdiene er abgesehen von seiner Band unter anderem mit dem Schreiben von Songs, mit der Produktion von Musik für andere Künstler oder wenn er als Gitarrist bei Albumproduktionen anderer Musiker mitwirkt - unter anderem bei Tim Bendzko oder Rea Garvey.

Ex-Popakademie-Studentin Susanne Flug: Faire Bezahlung von Künstlern

Susanne Flug 2003 und heute
Susanne Flug. Links: Ein Bild aus dem Jahr 2003, als sie ihr Studium an der Popakademie begann

Susanne Flug (39) studierte an der Mannheimer Popakademie ab 2003 Musikbusiness. Sie erzählt, sie habe sich schon während ihrer Schulzeit vorwiegend mit der "Business-Seite" des Musikgeschäfts beschäftigt und mehr darüber lernen wollen. Sie habe im Studium viel Wissen von Branchen-Insidern und viel "Handwerkszeug" für ihren jetzigen Job gelernt - vor allem zu rechtlichen Themen, Künstler-Vertrags-Gestaltung und nicht zuletzt über faire Bezahlung von Künstlern.

Erst Managerin, dann Start-up-Beraterin, am Ende Firmenchefin

Nach der Popakademie war sie zunächst im Bereich Künstler-Management tätig, in Verbindung mit digitalem Marketing. Danach arbeitete sie eine Zeitlang als Start-up-Beraterin auch außerhalb der Musikbranche. Seit drei Jahren ist sie Co-Geschäfsführerin der TAKKT GmbH in München. Eine Firma, die mit spezieller Software Abrechnungsdaten auswertet und prüft, ob Künstler vertragsgemäß ihren Lohn erhalten.

Michael Stockum: Aus Popakademie-Student wird Chef von Plattenfirma

Michael Stockum, Absolvent der Mannheimer Popakademie, in seinem Studio
Michael Stockum (40), Teil des ersten Jahrgangs in der Mannheimer Popakademie. Heute ist er einer der Geschäftsführer der "A Million Entertainment GmbH" in Berlin

Eine erstaunliche und fast schon hollywoodreife Karriere hat Ex-Popakademie-Student Michael Stockum (40) hingelegt. Sein Schlüsselerlebnis: Gleich die erste Vorlesung, die er an der Popakademie besuchte. Gast-Dozent damals: Fitz Braum, Chef des Plattenlabels "Four Music", das zunächst seinen Sitz in Stuttgart (heute Berlin) hatte. Das Label wurde 1996 von den "Fantastischen Vier" gegründet.

Die Fantastischen Vier
"Die Fantastischen Vier" gründeten 1996 ihr Label "Four Music"

Stockum bat um Praxis-Semester bei Chef von "Four Music"

Nach dieser Vorlesung ging der damals 20-jährige Stockum ans Dozenten-Pult und fragte Braum, ob er bei dessen Label sein Praxis-Semester absolvieren dürfe. Braum sagte zu und Stockum hinterließ bei "Four Music" offenbar so viel Eindruck, dass Braum ihm kurz danach die Stelle eines Junior-"A&R"anbot. Ein A&R (steht für: Artists and Repertoire) ist eine Art Talentscout, der nach Musik-Talenten sucht, findet und sie danach betreut.

Absage mit Verweis auf Verpflichtungen des eigenen Platten-Labels

Doch Stockum sagte Braum zu dessen großer Überraschung ab. Er begründete die Absage mit dem Verweis auf sein eigenes kleines Label, das er damals in Darmstadt ins Leben gerufen hatte. Stockum hatte zuvor mehreren Bands seines Labels versprochen, deren Platten zu veröffentlichen.

"Ich habe (Braum) aus Loyalität heraus am Telefon gesagt, dass ich den Job leider nicht annehmen kann, weil ich diese Versprechen halten muss. Und dann sagte dieser gestandene Geschäftsführer: Das glaube ich jetzt nicht!"

"Four Music"-Chef am Telefon: "Das Jahr ist rum"

Stockum bat den fassungslosen Braum dann um ein Jahr Aufschub. Bis dahin wolle er sich "sortiert" und die Platten seiner Label-Künstler herausgebracht haben. Und tatsächlich: Nach genau einem Jahr war Braum erneut am Telefon - zur Begrüßung sagte er: "Michi, das Jahr ist rum...". Er schickte Stockum ein Flugticket mit Ziel Berlin, dazu spendierte er ihm drei Tage in einem Luxus-Hotel und kündigte an, solange mit Stockum verhandeln zu wollen, bis der unterschreibe. Ergebnis: Stockum unterschrieb und wurde ein paar Jahre später selbst Chef bei "Four Music".

Mannheim
Udo Dahmen, Künstlerischer Direktor und Geschäftsführer Fachbereich Populäre Musik an der Popakademie. (Zu dpa «Corona zum Trotz - großer Run auf Mannheimer Popakademie»)

Einrichtung wird 20 Jahre alt Udo Dahmen, prägender Kopf der Mannheimer Popakademie

Vor 20 Jahren übernahm Udo Dahmen die Leitung der Mannheimer Popakademie. Am 10. Mai verabschiedet sich der Künstlerische Direktor. Er bleibt der Institution aber verbunden.

In dieser Zeit betreute beziehungsweise entdeckte Michael Stockum unter anderem Bands, Künstlerinnen und Künstler wie Casper, Hurts, Marteria, Joris, Lea, Freundeskreis und Mark Forster. Zudem gründete er zusammen mit Lucas Teuchner das Label "TwoSides" (unter anderem mit dem Musiker Apache207).

Schritt in die Selbständigkeit

Nachdem Stockum "Four Music" mehrere Jahre erfolgreich geführt hatte, traf er die Entscheidung, sich selbständig zu machen. Er gründete in Berlin die Firma "A Million Entertainment GmbH". Eine Mischung aus Künstler-Management, Booking-Agentur, Label und Studio - alles aus einer Hand.

Aktuell arbeitet er mit Künstlerinnen und Künstlern wie Lena Meyer-Landrut, Peter Fox und Céline. Zusammen mit Lucas Teuchner und Austin Rosen (Manager von US-Superstar Post Malone) gründete und führt Stockum außerdem den Musikverlag "Electric Feel Europe". Der vertritt zum Beispiel den Autor Jumpa, der den Hit "Komet" (Apache207 und Udo Lindenberg) produziert hat - einer der in diesem Jahr (2023) erfolgreichsten Titel in den Charts.

DJ und Produzent Julius Voigtländer, Teil von "Jewelz & Sparks"

Julius Voigtländer (DJ vom Duo „Jewelz & Sparks")
Julius Voigtländer. Links: Als DJ im Einsatz im Jahr 2003.

Schon vor seinem Popmusikdesign-Studium an der Mannheimer Popakademie war der Heidelberger Julius Voigtländer (39) als DJ in vielen Clubs im Einsatz. Während des Studiums machte er Bekanntschaft mit einem Kommilitonen namens Gregor Brechmann, der sein DJ-Partner wurde. Zusammen bildeten die beiden später das DJ-Duo "Jewelz & Sparks". Musikrichtung: Electro-House.

Vor Corona-Pandemie-Ausbruch drei Auftritte in Wuhan

"Jewelz & Sparks", erzählt Voigtländer, seien bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie 2020 ein weltweit gefeierter und erfolgreicher Act gewesen. Kurioserweise sei das DJ-Duo unter anderem auch in der chinesischen Stadt Wuhan aufgetreten - "insgesamt drei Mal, zuletzt im Juli 2019", sagt Voigtländer lachend.

Und dann "war plötzlich komplett Stopp" - Auftritte gab es wegen der Pandemie nicht mehr.

"Die vergangenen drei Jahre haben sich dann so entwickelt, dass wir jetzt unser Projekt eher als Produktions-Projekt sehen, also nicht mehr auf diese großen Welttourneen gehen."

Voigtländer sagt, er habe das Gefühl, die Entscheidung, wann Schluss mit den Tourneen sei, sei ihm durch die Pandemie abgenommen worden. "Für mich ist das auch okay so", so Voigtländer. Er sei froh, die ganze Welt bereist zu haben. Nun ist er gespannt, was als nächstes kommt.

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