Regierungserklärung im Bundestag

Bundeskanzler Scholz zum Messerangriff in Mannheim: "Terror sagen wir den Kampf an"

Stand
Autor/in
Wolfgang Kessel
Wolfgang Kessel, Redakteur beim SWR in Mannheim

Bundeskanzler Scholz hat im Bundestag den tödlichen Messerangriff in Mannheim als Terror bezeichnet. Er kündigte auch Maßnahmen an, um "Schwerstkriminelle" vermehrt abschieben zu können.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Donnerstag in seiner Regierungserklärung im Bundestag unter anderem auch zur tödlichen Messerattacke in Mannheim Stellung genommen. Scholz sagte, der Vorfall sei "Ausdruck einer menschenfeindlichen Ideologie, eines radikalen Islamismus. Dafür gibt es nur einen Begriff: Terror. Terror sagen wir den Kampf an".

Messerangriff in Mannheim - Debatte um Abschiebungen nach Afghanistan

Ein 25 Jahre alter Afghane hatte am Freitag (31. Mai) auf dem Mannheimer Marktplatz mit einem Messer sechs Menschen verletzt. Ein 29 Jahre alter Polizist, der zur Hilfe geeilt war, erlag zwei Tage später seinen schweren Verletzungen. Die Ermittler vermuten ein islamistisches Motiv für die Tat, die die Debatte um die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan befeuert hatte.

Scholz für Abschiebung von "Schwerstkriminellen" nach Afghanistan

Scholz sagte in der Regierungserklärung, er wolle die Abschiebung von "Schwerstkriminellen" nach Afghanistan und Syrien wieder ermöglichen. "Solche Straftäter gehören abgeschoben", so Scholz, auch wenn sie aus diesen beiden Ländern stammen. In solchen Fällen wiege das Sicherheitsinteresse Deutschlands schwerer als das Schutzinteresse des Täters. Das Bundesinnenministerium arbeite daran, das zu ermöglichen. Die Verherrlichung terroristischer Straftaten müsse zu einem Abschiebegrund gemacht werden. Der Kanzler forderte in seiner Rede außerdem deutschlandweit "Messerverbotszonen".

Das ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer, ihrer Angehörigen und unserer demokratischen Grundordnung. Wer Terrorismus verherrlicht, wendet sich gegen alle unsere Werte - und gehört auch abgeschoben.

BW-Innenminister Strobl: Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien "sind möglich"

Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte am Donnerstag im Bundestag, wer in Deutschland Schutz suche, "sich dann aber entscheidet, ein Gefährder zu sein und diese Demokratie, die ihm Schutz gibt, zu bekämpfen (...), der hat sich doch dafür entschieden, in diesem Land nicht zu leben. Und deswegen muss er das Land verlassen". Strobl war am Donnerstag als Vertreter des Bundesrats im Bundestag. "Selbstverständlich", so Strobl, seien "auch Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan möglich".

Zweifel bei den Grünen wegen Abschiebungen nach Afghanistan

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte, sie halte die Abschiebung von afghanischen Straftätern für schwierig umsetzbar. "Wie soll man das machen?", fragte Haßelmann nach der Regierungserklärung des Kanzlers. Es sei zwar klar: "Menschen, die schwere Straftaten begehen, müssen nach Verbüßung der Strafe abgeschoben werden." Doch Haßelmann bezweifelte, dass man mit den in Afghanistan herrschenden islamistischen Taliban über ein Abschiebeabkommen verhandeln könne. Grünen-Parteichef Omid Nouripour warnte am Donnerstag vor Verhandlungen mit den Taliban. Diese dürften nicht anerkannt werden und es dürfe auch kein Geld fließen, "weil die dieses Geld nutzen, Terrornetzwerke auch bei uns in Deutschland zu finanzieren". Nouripour sagte weiter: "Wer leichtfertig sagt, dann lasst uns mit den Taliban reden: Das ist eine Terrororganisation, die Landstriche besetzt und Terror ausübt."

Bayaz (Grüne): "Abschiebungen ernsthaft prüfen"

Der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) sieht das ein bisschen anders. Er hat sich jetzt dafür ausgesprochen, Abschiebungen von Straftätern oder Gefährdern auch nach Afghanistan ernsthaft zu prüfen. "Es wäre unerträglich, wenn Schwersttäter nicht abgeschoben werden können, nachdem sie ihre Strafe bei uns verbüßt haben. Das wäre den Menschen nach so einer Tat nicht zu vermitteln", sagte Bayaz in einem Interview mit dem Internet-Portal t-online. Bayaz betonte, es sei nicht einfach, weil man dafür über Rückführungsabkommen mit den islamistischen Taliban verhandeln müsse. "Aber: Ich fände es richtig, wenn das jetzt für derartige brutale und schwere Taten ernsthaft geprüft wird", so Bayaz.

CDU-Fraktionschef Merz fordert "entschlossene Reaktion" der Bundesregierung

Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat von Kanzler Scholz und dessen Ampel-Regierung nach der tödlichen Messerattacke von Mannheim eine schnelle und entschlossene Reaktion verlangt. "Die Zeit des Warnens und des Verurteilens, des Abwiegelns und der Ankündigungen, diese Zeit ist jetzt vorbei", sagte Merz nach der Regierungserklärung des Kanzlers im Bundestag.

Merz beklagt "zunehmende Verrohung" in Gesellschaft

Der Mord an dem Polizisten "und die damit einhergehenden weiteren Mordversuche in Mannheim fallen in eine Zeit, in der unsere Gesellschaft ohnehin schon sehr verunsichert ist". Es gebe Angriffe auf Polizeibeamte, Einsatzkräfte, Menschen, die Hilfe leisten wollen, politisch Andersdenkende und immer häufiger auch auf Kommunalpolitiker. Ausdrücklich, so Merz, wolle er hier auch den Angriff auf einen AfD-Kommunalpolitiker in Mannheim am Dienstagabend nennen. Dies seien Erscheinungsformen einer zunehmenden Verrohung und Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft.

Alice Weidel (AfD): Regierung "mitverantwortlich für Messerangriff" in Mannheim

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel hat der Bundesregierung und den Vorgängerregierungen eine politische Mitverantwortung für den tödlichen Messerangriff auf einen Polizisten in Mannheim gegeben. Der Polizistenmörder sei ein "Musterbeispiel für das migrationspolitische Versagen dieser Regierung und ihrer CDU-geführten Vorgänger", sagte Weidel.

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