Bei der Freiwilligen Feuerwehr in Edingen-Neckarhausen (Rhein-Neckar-Kreis) scheint die Welt in Ordnung zu sein. Mit 80 Einsatzkräften ist das Team bestens aufgestellt, Nachwuchsmangel scheint es dort aktuell nicht zu geben. Dennoch hat sich etwas geändert: Es gibt jetzt immer mehr Quereinsteiger. Früher wurden neue Kräfte meist über die Feuerwehrjugend rekrutiert.
Versicherungskauffrau bei der Feuerwehr: "Guter Ausgleich zum Bürojob"
Die Quereinsteiger stoßen dem Vernehmen nach vor allem über private Kontakte zur Feuerwehr. So wie Sarah Lapinsky. Im "normalen" Leben arbeitet die 23-Jährige als Versicherungskauffrau, ein Schreibtischjob. Seit eineinhalb Jahren aber engagiert sie sich bei der Feuerwehr, hat Schulungen absolviert, hilft bei Wohnungsbränden oder Verkehrsunfällen.
Fachwissen von Quereinsteigern bei Feuerwehr sehr gefragt
Auch Handwerker, ein Chemiker, ein Intensiv-Pfleger und eine Erzieherin sind Teil des Teams bei der Feuerwehr in Edingen-Neckarhausen. Mit ihrem Fachwissen seien sie eine absolute Bereicherung, so Feuerwehr-Kommandant Stephan Zimmer. Ihre Kenntnisse seien bei den Einsätzen überaus hilfreich.
In anderen Kommunen Mangel an Ehrenamtlichen
Was in Edingen-Neckarhausen offenbar gut läuft, läuft andernorts aber eher schleppend. Denn in vielen Städten und Gemeinden in der Rhein-Neckar-Region herrscht ein Mangel an ehrenamtlichen Helfern. Soziale Einrichtungen wie etwa zahlreiche Tafeln in der Region suchen händeringend Freiwillige. Auch in Schulen, beim Naturschutz, in der Nachbarschafts- und Flüchtlingshilfe, bei Musik-, Sport und auch in Fasnachts-Vereinen haben sich die Reihen der Aktiven gelichtet.
Wegen Corona: Rückzug vieler Ehrenamtlicher
Grund: Während der Coronapandemie, als sämtliche Aktivitäten ruhen mussten, haben sich viele Helfer zurückgezogen. Zahlen speziell für Baden-Württemberg gibt es nicht. Nach einer bundesweiten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach sank die Zahl der Bürger mit Ehrenamt zwischen 2020 und 2022 um rund zehn Prozent.
Landratsamt Rhein-Neckar: Kontaktaufbau zu Helfern teils erfolgreich
Es hätte aber weitaus schlimmer kommen können, sagte Reinhard Mitschke dem SWR, er ist Beauftragter für bürgerschaftliches Engagement im Landratsamt Rhein Neckar in Heidelberg. Über Videokonferenzen und hybride Treffen während der Lockdowns sei es teils gelungen, den Kontakt zu den Helfern aufrecht zu erhalten. Manche seien schon wieder zurückgekehrt.
Vernetzungstreffen im Landratsamt Rhein-Neckar
Aber nicht immer gelingt das "Comeback". Oft müssen ehemalige Kräfte erst reaktiviert oder Personen für die freiwillige Arbeit gewonnen werden. Dabei soll ein Vernetzungstreffen zum bürgerschaftlichen Engagement helfen, das im Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises stattfindet. Hier können Anbieter von ehrenamtlicher Arbeit und interessierte Bürger zusammenfinden.
Immer mehr Menschen bringen sich projektbezogen ein
Es gebe zahlreiche Veränderungen hinsichtlich der ehrenamtlichen Arbeit, was Organisatoren berücksichtigen müssten, sagt Reinhard Mitschke. So würden sich etwa immer mehr Bürger "projektbezogen" engagieren wollen, etwa zu einer einmaligen Säuberungsaktion am Neckarufer oder für ein weihnachtliches Chorkonzert. Deutlich erkennbar sei zudem die wachsende Diversität in den Reihen der freiwilligen Helfer.
Frau in Flüchtlingshilfe in Eberbach aktiv
Bestes Beispiel: Familie Isik aus Eberbach (Rhein-Neckar-Kreis). Büsra Isik hat südafrikanische Wurzeln, Ehemann Kayhan Isik ist türkischer Abstammung. Die zweifache Mutter sitzt seit Dezember 2022 im Gemeinderat und ist in der Flüchtlingshilfe aktiv. Ihre eigenen Erfahrungen hälfen ihr bei dieser Arbeit sehr, sagte die 44-Jährige dem SWR.
Kayhan Isik trainiert die Basketball-Jugend und arbeitet als Schiedsrichter. Während Corona war die Halle geschlossen, jetzt steht er wieder auf dem Platz. Die ehrenamtliche Aufgabe bereichere sein Leben, sagt der Facharbeiter aus Eberbach. Es mache Freude, die Jugendlichen heranwachsen zu sehen.