Apothekerinnen und Apotheker in der Rhein-Neckar-Region erleben den Mangel an bestimmten Medikamtenen täglich. Engpässe gibt es beispielsweise bei Antidepressiva, einzelnen Impfstoffen, Krebs- und Schilddrüsenmedikamenten - aber auch bei Blutdrucksenkern, Schmerzmitteln oder Fiebersäften. Besonders gefährlich wird es bei bestimmten Antibiotika, sagt der Mannheimer Apotheker Clemens Merl.
Den Aufruf, dass sich Familien mit Kindern vor Herbst und Winter mit bestimmten Arzneimitteln vorsorglich eindecken sollten, sehen viele Apotheker kritisch. Die Engpässe seien kein Grund zu Hamster- oder Panikkäufen. Denn Apotheken können Mittel gegen Fieber und Schmerzen notfalls auch direkt vor Ort herstellen.
Medikament für Diabetiker fehlt
Bei anderen Präparaten halte der Mangel allerdings nun schon seit gut zwei Jahren an. Das macht vielen Apothekern in der Region größere Sorgen. Beispielsweise bei Medikamenten, die eigentlich für Diabetiker gedacht sind. Dabei gehe es nicht um Insulin, so die Apotheker. Vielmehr gebe es einzelne Medikamente, die auch für Menschen, die abnehmen wollen, interessant geworden sind.
Laut Apotheher Clemens Merl kursiert in sozialen Netzwerken ein "Hype" um solche Präparate. Sie würden teils mit dem Versprechen beworben, effektiv beim Abnehmen zu helfen. Sie würden von Ärzten verschrieben, obwohl sie eigentlich nur von Diabetikern und bei besonders schweren Fällen von Adipositas eingenommen werden sollten.
Produktion findet oft im Ausland statt
Bei anderen Medikamenten gebe es einfach zu wenig Produzenten, weil sich die Herstellung wirtschaftlich offenbar kaum noch lohnt. Außerdem sei die Pharmaproduktion zu großen Teilen nach China und Indien ausgelagert worden. Sobald es dann dort Probleme gebe, wirke sich das auch auf den Markt in Deutschland aus, so die Apotheker.
In der Mannheimer Apotheke von Clemens Merl und seiner Frau sei eine Mitarbeiterin täglich mehrere Stunden nur damit beschäftigt, fehlende Medikamente aufzutreiben, sagt der Apotheker. Das bedeute nicht nur Zeitaufwand, sondern sei auch frustrierend.
Mehrere hundert Medikamente fehlen bundesweit
Laut Bundesgesundheitsministerium gibt es derzeit bei rund 400 Medikamenten Engpässe. Seit einigen Wochen gibt es zwar ein Gesetz zur Medikamentensicherung. Viele Apotheker und deren Verbände haben aber Zweifel, dass das etwas bringt. Für den kommenden Herbst und Winter habe es vermutlich noch keine Auswirkungen.
Langfristig müsse man versuchen, einen Teil der Medikamenten-Produktion wieder nach Deutschland oder zumindest nach Europa zurück zu holen. So sei zum Beispiel in Spanien ein Werk für den Wirkstoff Paracetamol geplant. Aus Sicht einiger Apotheker wäre auch die Region rund um Heidelberg und Mannheim ein interessanter Standort - da hier viel geforscht wird und aus diesen Forschungsstandorten irgendwann auch Produktionsstätten werden könnten.