Streicht das Land die Mittel für Beratungsstellen?

Malteser helfen Menschen ohne Krankenversicherung in Mannheim

Stand
Autor/in
Danilo Quarta
Susanne Beßler
Personenakte

Die Malteser in Mannheim helfen seit einem Jahr erfolgreich Menschen ohne Krankenversicherung, wieder eine Versicherung zu bekommen. Doch die Finanzierung ist nicht gesichert.

Der Malteser Hilfsdienst in Mannheim befürchtet, dass seine Beratungsstelle für Menschen ohne Krankenversicherung in Gefahr ist. Die so genannte Clearingberatung vermittelt Menschen wieder in Versicherungsverhältnisse. Sie hilft Menschen wie Roman Kozakiewicz. Der 76-Jährige sitzt strahlend im Beratungsraum des Malteser Hilfsdienstes. Er muss nur noch ein Foto für seine neue Karte machen, dann ist er wieder krankenversichert. Bisher hatte er immer Angst davor, krank zu werden, weil er wusste, dass ihn kein Arzt behandeln würde. Der Grund: Der ehemalige Fotograf hatte keine Krankenversicherung. Doch die Beratungsstelle der Malteser (Clearingberatung) konnte ihm helfen.

Klienten aus unterschiedlichsten Gründen nicht krankenversichert

Eigentlich besteht seit 2009 eine grundsätzliche Krankenversicherungspflicht für jeden, der in Deutschland lebt und arbeitet. Trotzdem fallen manche durchs Raster. So wie Roman Kozakiewicz. Er war als Fotograf jahrzehntelang selbständig und auch über die Künstlersozialkasse krankenversichert.

Ich habe mich geschämt, nicht krankenversichert zu sein. Und habe mich deshalb auch lange nicht zum Arzt getraut. Bis es nicht mehr anders ging.

Im Laufe der Jahre konnte er jedoch die Beiträge nicht mehr bezahlen, weil die Aufträge ausblieben. Er hatte zwar weiterhin eine Versichertenkarte, doch damit hätte ihn kein Arzt mehr behandelt. Zudem häufte er so über viele Jahre Beitragsschulden bei der Krankenkasse an. Das alles fiel erst auf, als er krank wurde und völlig verzweifelt in die Arztpraxis des Mannheimer Malteser Hilfsdienstes kam. Die Ärzte dort halfen ihm bei seiner Krankheit, die Clearingstelle konnte die Verhältnisse mit seiner Krankenkasse klären, und nun ist er wieder ordentlich krankenversichert.

Arzt macht Ultraschall bei Kind.
Eine Frau ohne Krankenversicherung lässt ihr Kind von einem der ehrenamtlichen Ärzte des Mannheimer Malteser Hilfsdienstes untersuchen.

Wer im Wartezimmer des Malteser Hilfsdienstes in Mannheim sitzt, dem geht es ähnlich wie Roman Kozakiewicz. Hierher kommen Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen keine Krankenversicherung mehr haben. Von den ehrenamtlichen Ärzten und Pflegern des Malteser Hilfsdienstes werden sie kostenlos behandelt. Und das schon seit zehn Jahren.

Seit Anfang 2024 ist der Praxis auch eine Beratungsstelle angeschlossen. Sie versucht, die Patienten wieder in ein ordentliches Versicherungsverhältnis zu vermitteln - eine sogenannte Clearingstelle. Sie wird vom Land Baden Württemberg finanziert. Jedoch nur für ein Jahr und drei Monate. Nun ist die Finanzierung in Gefahr. Denn im neuen Doppelhaushalt der Landesregierung ist dafür kein Geld vorgesehen.

Finanzierung befristet - Projekt steht vor dem Aus

50.000 Euro kostet das Land die Clearingstelle in Mannheim im Jahr. Dadurch, dass die Beratung Tür an Tür mit der Arztpraxis liegt, gibt es für die Betroffenen keine weiteren Behördengänge. Sie können ihren Fall direkt einer Beraterin vortragen, wenn sie gerade zu einer Behandlung da sind. 80 Menschen ohne Krankenversicherung wurden in Mannheim seit März beraten, davon 24 Kinder. 19 von ihnen konnten erfolgreich in eine Krankenversicherung zurückgeführt werden. Doch ohne die Beratungsstelle werden die Klienten mit ihrem Problem wieder allein gelassen, erklärt Jasmin Zart vom Malteser Hilfsdienst in Mannheim, die für die Organisation der Arztpraxis und die angeschlossene Clearingstelle zuständig ist.

Wir können nicht verstehen, wie eine so sinnvolle Einrichtung aus Geldmangel einfach wieder eingestellt wird.

Projektkoordinatorin jasmin Zart im Gespräch mit einer ehrenamtlichen Ärztin.
Projektkoordinatorin Jasmin Zart (rechts im Bild) macht sich Sorgen um die Weiterführung der Clearingberatung.

Unter den Menschen ohne Krankenversicherung sind auch viele EU-Ausländer, erklärt Jasmin Zart. Sie kommen im Rahmen der Freizügigkeit zum Arbeiten nach Deutschland und sind zunächst ordentlich bei einer Krankenkasse versichert. Wird das Arbeitsverhältnis beendet und sie sind auf Jobsuche, entsteht oft eine Versicherungslücke, an die erst mal keiner denkt. Auch ehemals Selbstständige, die im Alter ihre teurer gewordene private Krankenversicherung nicht mehr bezahlen können, gehören zu den Beratungsfällen. Die meisten Klienten sind jedoch schwangere Frauen, vor allem aus Osteuropa, die in einer Notlage in die Arztpraxis kommen und für sich und ihr ungeborenes Kind dringend Hilfe brauchen. Dazu gehört auch die Sicherheit durch eine Krankenversicherung.

Keine Mittel im Landeshaushalt für das Projekt der Malteser

Bei den Mannheimer Maltesern fürchtet man nun, dass das Wissen und die Kontakte, die man in der Clearingstelle inzwischen aufgebaut hat, wieder verloren gehen, wenn das Land das Projekt nicht weiter finanziert. Dasselbe Problem hat auch der Malteser Hilfsdienst in Stuttgart. Auch dort finanziert das Land bisher die Clearingstelle mit 50.000 Euro, doch im neuen Landeshaushalt ist dafür kein Geld eingestellt. Das zuständige Sozialministerium erklärt dazu auf Anfrage des SWR, dass die Finanzierung von Anfang an befristet gewesen sei und dass man nun erst mal die Ergebnisse evaluieren wolle.

Das Sozialministerium setzt sich angesichts des bestehenden Bedarfs und des bislang guten Projektverlaufs aktuell für eine Fortführung derartiger Projekte ein. Letztlich entscheidet insoweit der Haushaltsgesetzgeber.

Doch das hilft den Clearingstellen in Mannheim und Stuttgart wenig. "Bleibt das Geld vom Land aus, dann muss man der Beraterin der Clearingstelle kündigen", erklärt Projektkoordinatorin Jasmin Zart und sagt: "Andere Bundesländer wie zum Beipiel Rheinland Pfalz finanzieren Clearingstellen für Menschen ohne Krankenversicherung schon seit Jahren zu 100 Prozent. Ich verstehe nicht, warum das in Baden Württemberg nicht möglich sein soll."

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