Bei den verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet haben tausende Menschen ihr Leben verloren - und die tatsächliche Zahl der Opfer ist noch überhaupt nicht abzusehen. Viele Häuser sind eingestürzt und unzählige Familien haben kein Dach mehr über dem Kopf. Das Technische Hilfswerk (THW) bereitet sich zurzeit auf Einsätze vor Ort vor. Über die Situation im Erdbebengebiet haben wir mit dem Mannheimer Ömer Nohut gesprochen.
SWR Aktuell: Sie haben Verwandtschaft vor Ort. Wie geht es Ihrer Familie im Moment?
Ömer Nohut: Nicht gut. Gottseidank ist von unserer Familie keiner ums Leben gekommen, aber unmittelbar in der Nachbarschaft sind mehrere Familien gestorben. Kinder unserer Familie, Neffen und die Verwandtschaft sind aber stark von den Folgen des Erdbebens betroffen. Sie haben keinen Zugang mehr zu ihrem Haus, weil die Häuser komplett in Trümmern liegen. Und die Familie steht momentan im Kalten. Wir haben zurzeit minus zwei oder minus drei Grad. Und es soll noch kälter werden. Von daher helfen auch unsere Bemühungen von hier aus nicht viel, weil die ganzen Straßen, die Brücken, die Autobahnwege nicht mehr befahrbar sind, sodass keiner mehr reinkommt und auch niemand aus der Stadt herausfahren kann.
SWR Aktuell: Das heißt, es gibt auch noch keine Notunterkünfte?
Nohut: Derzeit noch nicht.
SWR Aktuell: Internationale Hilfe ist Berichten zufolge bereits auf dem Weg. Was brauchen die Menschen dort jetzt am dringendsten? Was haben Sie von Ihren Verwandten erfahren?
Nohut: Auf jeden Fall eine alternative Unterkunftsmöglichkeit. Die Türkei tut alles, was sie kann, aber wir reden hier von knapp 3.000 Häusern, die zertrümmert sind. Bei 3.000 Häusern sprechen wir fast von 100.000 Familien, die derzeit ohne eine Unterkunft auf der Straße stehen.
Erdbeben in der Türkei - Newsticker der Tagesschau
SWR Aktuell: Wie ging es Ihnen selbst, als Sie am Montagmorgen (6.2.) die ersten Meldungen über das Erdbeben in der Türkei gehört haben?
Nohut: Ich habe mit sehr großer Vorsicht meine Frau aufgeweckt, weil ich nachts um vier über einen Anruf alarmiert worden bin. Wir haben den Schock erst einmal verarbeiten müssen und haben dann die ganze Familie angerufen, wo wir dann die Mitteilung bekommen haben, dass es ihnen gut geht und alle draußen sind. Aber alle haben geweint. Stundenlang waren alle in einem Schockmodus - von den Kindern bis hin zu den Eltern. Ich denke, dass es jedem dort so geht. Was die Leute durchmachen, ist schlimm. Wir telefonieren ständig mit der Familie drüben und hoffen, dass auch unsere zweite Heimat Deutschland sich dementsprechend an den Unterstützungsmaßnahmen im Katastrophengebiet beteiligt.