Eine 44 Jahre alte Frau steht seit Mittwoch wegen des mutmaßlichen Mordes an ihren beiden sieben und neun Jahre alten Söhnen vor dem Mannheimer Landgericht. Die gebürtige Schwetzingerin (Rhein-Neckar-Kreis) soll die Kinder am Karsamstag in ihrer Wohnung in Hockenheim (Rhein-Neckar-Kreis) zunächst mit Medikamenten betäubt und anschließend erstickt haben. Zum Prozessauftakt machte die Angeklagte zunächst keine Angaben.
Ex-Mann der Angeklagten und Vater der Kinder wird mehrfach betreut
Ihr Ex-Mann und Vater der beiden gemeinsamen Söhne aus Mosbach (Neckar-Odenwald-Kreis) tritt im Prozess als Nebenkläger auf. Am Mittwoch wurde er auch als Zeuge vernommen. Der 56-Jährige erklärte, er werde seit der Tat sowohl von einem Traumatherapeuten als auch einem Krisenberater betreut. Er wisse von Vorwürfen seiner Ex-Frau, dass er seine Kinder geschlagen haben soll.
Vater im Zeugenstand: "Habe die Kinder nie geschlagen"
Vor Gericht dementierte er diese Vorwürfe und sagte, er sei niemals als Aggressor gegen seine Kinder aufgetreten, er habe sie nie geschlagen. Der Mann erklärte stattdessen, dass seine Ex-Frau ihn während der Ehe und in der damals noch gemeinsamen Wohnung in Mosbach mehrfach "wegen Lappalien" körperlich attackiert habe.
Urlaub mit Kindern in fränkischer Schweiz geplant
Zuletzt lag das sogenannte Aufenthaltsbestimmungsrecht beim Vater. Das heißt: die beiden Söhne lebten hauptsächlich bei ihm in Mosbach, die Mutter sah ihre Kinder nur an den Wochenenden. Als er am Ostersonntag, einen Tag nach dem mutmaßlichen Doppelmord, seine Kinder in Hockenheim abholen wollte, hatte er eigenen Angaben zufolge vorgehabt, mit ihnen direkt von dort aus in den bereits gebuchten Urlaub in die fränkische Schweiz (Bayern, Region Oberfranken) zu verreisen. Doch als er vor dem Haus in Hockenheim ankam, flatterten dort bereits die polizeilichen Absperrbänder.
Polizeibeamte berichten vor Gericht von teils dramatischen Szenen
Am Mittwochvormittag sagten in dem Prozess auch drei Polizeibeamte aus, die am Ostersonntag in der Tat-Wohnung in Hockenheim im Einsatz waren. Ihren Aussagen zufolge hatten sich dort teils dramatische Szenen abgespielt.
Frau soll Beamte mit Schreckschusswaffe bedroht haben
Eine Polizistin und zwei Polizisten berichteten, dass die 44 Jahre alte Angeklagte mehrfach bedrohlich eine Waffe auf sie gerichtet hatte, nachdem sich die Beamten Zutritt zu der Wohnung verschafft hatten. Dass es sich um eine harmlose Schreckschusswaffe gehandelt hatte, wussten die Beamten zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ein Beamter sagte aus, die Mutter habe es mit dem Herumfuchteln der Waffe offensichtlich darauf angelegt gehabt, dass sie von der Polizei erschossen wird.
Angeklagte Mutter soll versucht haben, sich nach der Tat umzubringen
Sie wussten ebenfalls nicht, dass die beiden Jungen bereits seit Stunden tot in ihren Kinderbetten lagen, mutmaßlich erstickt von der Mutter. Sie soll danach versucht haben, sich das Leben zu nehmen. Ein Polizeibeamter sagte aus, die 44-Jährige habe nach ihrer Festnahme gesagt: "Es musste sein, es musste sein, der Vater schlägt die Kinder."
Staatsanwaltschaft geht von Persönlichkeitsstörung der Frau aus
Laut Anklage leidet die Frau an einer Persönlichkeitsstörung infolge einer Hirnschädigung. Sie sei offenbar wegen ihrer Erkrankung davon ausgegangen, dass der getrennt von ihr lebende Vater die beiden gemeinsamen Söhne misshandle. Demnach habe sie im Tod der Kinder die einzige Möglichkeit gesehen, die Kinder vor weiteren Misshandlungen zu bewahren. Laut Landgericht steht wegen der Erkrankung der Frau "die Möglichkeit im Raum, dass sie zum Zeitpunkt der Tat vermindert schuldfähig war."
Die Mutter hatte nach dem mutmaßlichen Doppelmord zunächst eine E-Mail an die Polizei verschickt, mit Angabe ihrer Adresse in Hockenheim (Rhein-Neckar-Kreis). Die Mail endet mit den Worten: "Ich habe was Schlimmes gemacht."
Rund 200 Menschen in St. Georgs-Kirche Trauergottesdienst für tote Brüder in Hockenheim: "Aus Ostern wurde Karfreitag"
Trauergottesdienst in Hockenheim mit rund 200 Menschen in der St. Georgs-Kirche. Sie gedachten der beiden Brüder, die tot in der Wohnung ihrer Mutter gefunden wurden.
Angeklagte bricht bei Bildern vom Tatort in Hockenheim in Tränen aus
Die angeklagte Frau hat den Prozessbeginn am Mittwoch aufmerksam und lange Zeit ohne Gefühlsregung verfolgt. Als der Richter auf einer Leinwand Fotos der Polizei aus ihrer Wohnung am Tag nach der Tat zeigte - darunter auch Bilder der toten Söhne in ihren Kinderbetten - brach sie in Tränen aus. Sonst schwieg die Frau und verweigerte die Aussage über sich und zu den Tatvorwürfen.
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Ex-Mann aus Mosbach als Nebenkläger im Prozess
Auf der anderen Seite des Gerichtssaals saßen als Vertreter der Nebenklage der in Mosbach (Neckar-Odenwald-Kreis) lebende Ex-Mann der Angeklagten sowie dessen volljährige Tochter aus erster Ehe. Sie weinte während der Verhandlung am Mittwoch quasi ohne Unterbrechung.
Der Prozess am Mannheimer Landgericht um zweifachen Mord ist bis Anfang Januar 2024 terminiert.