Mann und Frau an einem Tisch mit Aufschrift "gesucht: Mitarbeiter"

Menschen unter anderem aus Syrien, dem Iran und der Ukraine

"Job-Turbo-Börse" in Bürstadt: Wie Geflüchtete und Firmen zueinander finden

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Wolfgang Kessel
Wolfgang Kessel, Redakteur beim SWR in Mannheim

Wie kann man Geflüchtete, die arbeiten können und wollen, möglichst schnell in den deutschen Arbeitsmarkt bringen? Eine Antwort darauf gab es am Mittwoch in Bürstadt.

Im Bürgerhaus in Bürstadt (Kreis Bergstraße) herrscht an diesem Mittwoch ein ständiges Kommen und Gehen. Von 9 bis 16 Uhr findet dort eine sogenannte "Job-Turbo-Börse" statt. Der Geräuschpegel ist hoch, ein durchgehendes Stimmengewirr. Kein Wunder: Die Jobsuchenden hier kommen aus Ländern wie dem Iran, aus Syrien, Eritrea, die meisten aus der Ukraine. Die wenigsten sprechen fließend deutsch. Bei ganz hartnäckigen Verständigungs-Problemen helfen mehrsprachige Integrationsberater des Landkreises aus.

Menschen in Bürgerhaus mit Infoständen und Tischen bei Job-Börse in Bürstadt
30 Unternehmen und über 2.200 Geflüchtete am Mittwoch bei der "Job-Turbo-Börse" in Bürstadt

Job-Turbo-Börse in Bürstadt: Jobsuchende und Arbeitgeber zusammenbringen

Bei der "Job-Turbo-Börse" geht es darum, Jobsuchende und Arbeitgeber möglichst schnell und unkompliziert in Kontakt zu bringen. Veranstalter sind das Jobcenter des Landkreises und die Agentur für Arbeit. Neben 30 Unternehmen aus dem Kreis Bergstraße nehmen daran - über den ganzen Tag verteilt - über 2.200 Geflüchtete teil. Sie sind alle im Landkreis untergebracht, zwischen 25 und 55 Jahre alt und haben jeweils eine Einladung des Jobcenters für die Job-Börse erhalten.

Viele Ukrainer bei Job-Börse in Bürstadt

Im Saal des Bürgerhauses stehen rund 30 Tische, daneben mannshohe Kunststoff-Aufsteller mit dem Markenlogo der jeweiligen Firma. An den Tischen, auf denen unter anderem Broschüren und Visitenkarten liegen, sitzen Vertreter der Firmen. Gerade hat ein junger Mann mit blassem Gesicht und dunkler Kappe das Bürgerhaus betreten. Er schaut sich etwas ratlos um, sagt in gebrochenem deutsch, er stamme aus der Ukraine und sei IT-Spezialist. Aber er nehme hier jeden Job, den er kriegen kann. Etwas später marschiert eine junge Frau mit einem kleinen Jungen an der Hand durch das Bürgerhaus. Auch sie stammt aus der Ukraine, war dort Sozialkunde-Lehrerin. Als Lehrerin könne sie in Deutschland leider nicht arbeiten, dafür beherrsche sie die Sprache nicht gut genug, sagt sie. Also sucht auch sie jetzt hier nach einem anderen Job.

Mann in schwarzem T-Shirt an einem Tisch bei Job-Börse in Bürstadt
Peter Winkler von der Firma "Lindemann Industrie Service" auf der "Job-Turbo-Börse" in Bürstadt

Firma bei Job-Börse in Bürstadt sucht "vorrangig Mechaniker und Elektriker"

Peter Winkler vertritt bei der Jobbörse die Firma "Lindemann Industrie Service" mit Sitz in Heppenheim (Kreis Bergstraße). Nach etwa zwei Stunden zieht er zufrieden Zwischenbilanz: "Wir haben mit vielen Menschen hier gesprochen, die wirklich Interesse haben, da wird sich schon was finden. Wir suchen vorrangig Mechaniker und Elektriker, aber auch Personen für einfache Büroarbeiten."

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Auch Job-Chancen für Geflüchtete ohne Zertifikat

Zwei Tische weiter: Der Stand der "Velten Feuerschutz GmbH". Saskia Ramsauer erklärt, auch ihre Firma suche dringend Elektriker. Sie hatte hier Kontakt zu vielen Interessenten, mit denen sie Kontaktdaten ausgetauscht hat. Unter anderem mit einem Mann aus dem Iran, der dort Elektrotechnik gelernt hat, allerdings ohne Zertifikat. Das sei für ihre Firma aber kein Problem, denn: "Wir brauchen Leute, die Erfahrung in der Elektrik haben, die müssen nicht zwangsläufig eine Ausbildung haben. Bei uns ist eine Einarbeitungszeit von einem halben Jahr bis einem Jahr vorgesehen, um sich im Bereich Brandschutz gut auszukennen."

"Job-Turbo-Börse": Auch "weniger gut qualifizierte Menschen" in Jobs bringen

Der Landrat des Kreises Bergstraße, Christian Engelhardt (CDU), sagte am Mittwoch, die "Job-Turbo-Börse" sei eines der Instrumente, die es brauche, "um auch weniger gut qualifizierte Menschen in einen Job zu vermitteln". Es sei, so Engelhardt, "typisch deutsch", dass man hier erst mal voraussetze, die Sprache zu lernen, Zertifikate oder Zeugnisse vorzuweisen, die auch in Deutschland anerkannt seien. Doch dafür dauere es einfach oft zu lange. Und mancher Geflüchtete finde sich deswegen irgendwann damit ab, nicht arbeiten zu können beziehungsweise zu dürfen und Bürgergeld zu beziehen. "Das ist für uns als Gesellschaft keine Lösung und für die Geflüchteten auch nicht", so Engelhardt.

Wenn wir Menschen integrieren wollen, ist der Arbeitsmarkt zwingend das Ziel.

Mädchen, Junge, Vater, Mutter aus dem Irak bei Job-Börse in Bürstadt
Adnan aus dem Irak (im weißen T-Shirt), seine kleine Schwester und seine Eltern bei der "Job-Turbo-Börse" in Bürstadt

Familie aus dem Irak bei Job-Börse - Sohn übersetzt für seine Eltern

Zurück ins "Job-Turbo-Börse"-Gewusel im Bürgerhaus-Saal. Dort stecken in einer Ecke ein dunkelhaariger Teenager mit Zahnspange, seine kleine Schwester und seine Eltern die Köpfe zusammen und beraten sich. Der Junge heißt Adnan, er und seine Familie stammen aus dem Irak. Adnan hilft hier seinen Eltern dabei, einen Job zu finden. Weil er ganz gut deutsch spricht, spielt er bei der Job-Börse den Übersetzer. Seine Mutter könne ziemlich gut Mathematik, sagt Adnan, sein Vater eigne sich zum Beispiel als Buchhalter. Fündig seien sie noch nicht geworden. Aber er sei sehr optimistisch, dass seine Eltern am Ende des Tages Erfolg haben und das Bürstadter Bürgerhaus bestenfalls mit einem Arbeitsvertrag in der Tasche verlassen.

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