Ein eisernes Kreuz steht auf einem Friedhof

Täter "meist gut organisierte Banden"

Gräber im Visier: Metalldiebe machen Friedhöfe in BW unsicher

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Wolfgang Kessel
Wolfgang Kessel, Redakteur beim SWR in Mannheim
Autor/in
Stephanie Ley
Bild Stephanie Ley, SWR Studio Mannheim
Sarah Matz

Auf vielen Friedhöfen in Baden-Württemberg stehlen Metalldiebe immer wieder Bronzeteile, Skulpturen oder Statuen von Gräbern. Der Sachschaden ist laut Polizei beträchtlich.

Metalldiebe haben es laut Polizei auf den Friedhöfen im Land vor allem auf Grabschalen, Blumenvasen, Skulpturen und Statuen abgesehen - so lange diese Dinge aus Metallen wie Kupfer oder Bronze bestehen. Beispiele für Metallklau gibt es in Baden-Württemberg aktuell reichlich.

Metalldiebe auf Beutezug: Bronze-Grabschmuck und Skulpturen

So wurde in Emerkingen (Alb-Donau-Kreis) Anfang August eine große Madonnen-Figur aus Bronze gestohlen. In Ochsenhausen (Kreis Biberach) entwendeten Unbekannte einige Wochen vorher eine bronzene Pferdeskulptur. Auf dem Waldfriedhof in Sandhausen (Rhein-Neckar-Kreis) klauten Diebe Bronze-Grabschmuck von rund 40 Gräbern. Das bestätigte das Sandhausener Ordnungsamt dem SWR. In Achern (Ortenaukreis) waren Ende August von fast 40 Grabstätten Kupfergegenstände gestohlen worden. Die Polizei schätzt den entstandenen Schaden durch den Metallklau auf einen mittleren fünfstelligen Euro-Betrag.

Bronzetafeln von Kriegsgräbern in Bretten entwendet

In Bretten (Kreis Karlsruhe) verzeichnet die Stadt nach einem großangelegten Grabschmuck-Klau im August ein Ausmaß der Diebstähle, "wie wir es so in Bretten noch nicht kannten", sagte ein Stadtsprecher. Demnach wurden Bronzetafeln von zahlreichen Kriegsgräbern entwendet. Sie waren im Jahr 2006 für rund 13.000 Euro angebracht worden. Außerdem stahlen Diebe zur gleichen Zeit weitere Grabgegenstände aus Bronze, teilte die Polizei mit. Rund 20 Geschädigte hätten sich bisher gemeldet, der Schaden liege hier bei rund 18.000 Euro.

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Heidelberg: Metalldiebe fuhren mit Friedhofsfahrzeug zu Gräbern

Der Friedhof im Heidelberger Stadtteil Kirchheim wurde Anfang Juni ebenfalls Ziel von Kriminellen. Laut Polizei trugen sie Vasen, Statuen, Kreuze und Leuchten im Wert von rund 50.000 Euro davon. Martin Geißler, Chef der Heidelberger Friedhofsverwaltung, sagte dem SWR, die Diebe hätten in ein Friedhofsgebäude eingebrochen, dort sollen sie die Schlüssel von einem Betriebsfahrzeug entwendet haben. Mit dem Fahrzeug seien die Diebe dann zu mehreren Gräbern gefahren, um dort Metall abzumontieren oder einfach abzureißen. Dadurch seien, so Geißler, an etwa 20 bis 30 Gräbern schwere Schäden an Grabsteinen entstanden, an denen das Metall befestigt war.

Wie kann man so pietätlos sein? Das ist mir völlig unverständlich.

Walldorf: Metall wurde "extrem rücksichtslos" entfernt

Auch der Friedhof in Walldorf (Rhein-Neckar-Kreis) wurde zum Ziel von Metalldieben. Seit Juni sind dort über hundert Gräber geschändet worden. Das erklärte eine Sprecherin der Stadt Walldorf dem SWR. Die Diebe stahlen dort ihren Angaben zufolge unter anderem Laternen, Kupferschalen, Madonnen und Bronzetafeln. Das Metall sei von den Gräbern "extrem rücksichtslos und gewalttätig" entfernt worden, so die Sprecherin.

Gedenktafel für Weltkriegsopfer von Friedhof Walldorf
Eine der Gedenkplatten, die vom Walldorfer Friedhof gestohlen wurden (Foto: Stadt Walldorf)

Der oder die Täter haben auf dem Walldorfer Friedhof außerdem vier Gedenkplatten gestohlen, auf denen vor dem Eingangsbereich der Friedhofskapelle die Namen von Walldorfer Weltkriegsopfern verewigt waren. Zum Diebesgut zählen auch die beiden Gedenktafeln für Walldorfer Mitbürgerinnen und Mitbürger, die zur Zeit des Nationalsozialismus deportiert wurden.

Wer steckt hinter dem Diebstahl von Metall auf Friedhöfen?

Diebstähle dieser Art treten erfahrungsgemäß in Wellen auf, das berichtet Tobias Pehle, Geschäftsführer des Kuratoriums "Immaterielles Erbe Friedhofskultur". Es sei, so Pehle, eine "absolute Realität seit mehreren Jahren". Hinter den Diebstählen steckten meist gut organisierte Banden, die Raubzüge würden generalstabsmäßig geplant und ausgeführt, die Friedhöfe vorher ausgekundschaftet.

Den Dieben geht es rein um das Material: Eisen, Stahl, Kupfer, Bronze.

Für die Betroffenen sei das oft sehr belastend. "Letztlich sind alle Gräber Wohnzimmer der verstorbenen Vorfahren, da wird dann eingebrochen, vernichtet und gestohlen", erklärt Pehle. Das mache Angehörige traurig und wütend. Friedhöfe seien Kulturräume und müssten als solche anerkannt und besser geschützt werden.

Polizei: Aufklärungsquote eher gering

Laut Landeskriminalamt bewegt sich die Zahl der Metallklau-Fälle auf Friedhöfen insgesamt seit etwa fünf Jahren auf gleichbleibendem Niveau. Im Jahr 2023 wurden 402 Diebstähle erfasst, im Jahr davor waren es 416. Die Aufklärungsquote sei eher gering, heißt es. Manche Polizeipräsidien im Land sind stärker betroffen, manche weniger. So berichtet das Polizeipräsidium Mannheim von zuletzt gut 80 Fällen im Jahr 2023 und 47 im Jahr davor. Das Ulmer Polizeipräsidium erfasste für das vergangene Jahr 42 Diebstähle, deutlich mehr als im Jahr davor - da waren es 28. Im Bereich des Polizeipräsidiums Offenburg hingegen bewegte sich die Zahl in den vergangenen Jahren im einstelligen Bereich. Das Polizeipräsidium Karlsruhe wiederum verzeichnet laut einem Sprecher für das laufende Jahr eine steigende Tendenz der Fallzahlen - aber auf niedrigerem Niveau als in den Jahren zuvor.

Lassen sich Friedhöfe vor Metalldieben schützen?

Ein besserer Schutz von Friedhöfen sei schwierig, sagt Herbert Schneider, Vorsitzender des Verbandes der Friedhofsverwalter. Man könne zwar Tore abschließen oder Skulpturen durch Duplikate ersetzen oder auch Alarmanlagen installieren. Friedhöfe seien öffentliche Einrichtungen und sollten für Menschen gut zugänglich sein, so Schneider. Aber wenn Profis zum Beispiel mit dem Bolzenschneider unterwegs seien, nütze ein verriegeltes Tor nicht viel. "Dann ist das Torschloss halt auch kaputt."

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