"Ich bin schockiert", antwortet eine Gundelsheimerin (Kreis Heilbronn) auf dem Friedhof, angesprochen auf das mit Planen abgedeckte Dach. Vor rund einer Woche haben Unbekannte nachts das Kupferdach der Aussegnungshalle auf dem Gundelsheimer Friedhof zu Teilen abgerissen - vermutlich um es zu stehlen.
SWR-Reporter Jan Arnecke hat mit Bürgerinnen und Bürgern über das abgerissene Dach gesprochen:
Ähnlicher Fall auf Heilbronner Friedhof
Solche Delikte, sogenannter Buntmetalldiebstahl, scheinen keine Seltenheit - auch in der Region Heilbronn-Franken. Nicht einmal einen Monat vor der Tat in Gundelsheim wurde in Heilbronn-Sontheim, ebenfalls auf dem Friedhof, das Kupferdach eines Gebäudes abmontiert und gestohlen.
So weit kamen die mutmaßlichen Täter in Gundelsheim nicht. Dort wurden abmontierte Teile des Dachs hinter der Aussegnungshalle gefunden. Ein Mann, der anonym bleiben möchte, sagte dem SWR, er sei einer der Ersten gewesen, die den Schaden entdeckten. "Das müssen Mehrere gewesen sein", ist er sich sicher. Die Teile des Dachs seien auch zu zweit zu groß und zu schwer, um diese allein abtransportieren zu können. Auch weitere Besucher des Friedhofs in Gundelsheim zeigten sich bestürzt. Dass die mutmaßlichen Täter "nicht einmal vor den Toten Respekt hätten", beschäftigt die Leute besonders.
Bürgermeisterin: Beisetzungen können weiter stattfinden
Die Gundelsheimer Bürgermeisterin, Heike Schokatz (parteilos), teilt schriftlich mit: "Diese Tat ist empörend. Auch deshalb, weil es mit der Aussegnungshalle um einen sensiblen Bereich geht." Aktuell kläre die Stadtverwaltung mit der Versicherung die Schadenssumme und die Regulierung ab. Die Polizei hat den Schaden nach der Tat auf rund 100.000 Euro geschätzt. Wie die Bürgermeisterin versichert, könnten Beisetzungen aber weiterhin "in einem würdigen Rahmen" stattfinden.
Mutmaßlich versuchter Kupfer-Diebstahl Unbekannte reißen Dach von Gundelsheimer Aussegnungshalle
Auf dem Gundelsheimer Friedhof haben Unbekannte einen Großteil des Dachs der Aussegnungshalle abgerissen. Sie wollten vermutlich Kupfer stehlen. Kein Einzelfall in der Region.
Kupferdiebstahl ist längst kein Einzelfall mehr
Zwar gibt es bei der Polizei keine eigene Statistik für den Diebstahl von sogenanntem Buntmetall, zu dem neben Kupfer auch Messing zählt. Das Polizeipräsidium Heilbronn hat aber allein von Januar 2023 bis heute in 15 Fällen über Diebstähle von Buntmetall berichtet.
Gemeinsam haben die Fälle vor allem das Diebesgut. So wurde in Distelhausen (Main-Tauber-Kreis) im Frühjahr 2023 beispielsweise ein Mann mit 40 Kilo Kupferkabel erwischt - vermutlich geklaut. Transportiert hat er das Metall in zwei Tüten an seinem Fahrradlenker. Drei Monate später wurden in Cleebronn (Kreis Heilbronn) Dachrinnen und Fallrohre an einem Vereinsheim abmontiert und gestohlen.
Anfang 2024 klauten Unbekannte rund acht Tonnen Messing bei einem Unternehmen in Boxberg (Main-Tauber-Kreis) - Wert rund 90.000 Euro. Die Täter müssen mit einem Transporter oder gar einem Lkw vor Ort gewesen sein.
Wohin geht das gestohlene Metall?
Und wohin kommt das geklaute Metall? Genau sagen kann das niemand. Allerdings äußerte sich Ralf Schmitz, der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Metallhändler und Recycler (VDM), gegenüber dem Tagesspiegel. Er vermutet, dass die Täter das Metall inzwischen sogar nach Übersee verschiffen, da es schwierig geworden sei, das geklaute Buntmetall in Deutschland loszuwerden. Denn bei jedem Verkauf würden die Personalien der Geschäftspartner erfasst. Und auch im Nachbarland Polen gebe es ein ähnlich gutes System. Zudem würden die VDM-Mitglieder immer über aktuelle Diebstähle informiert und wüssten genau, was gerade im Umlauf sein könnte.