Zu wenig Personal, hoher Krankenstand

Inklusion gescheitert? Lehrkräfte beklagen Missstände in der Sonderpädagogik in BW

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An den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren im Land gibt es einer Umfrage zufolge große Defizite. Die Lehrkräfte kritisieren Personalmangel, die Inklusion missglücke.

Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen in Baden-Württemberg zeichnen einer aktuellen Umfrage des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) zufolge ein düsteres Bild der Inklusion. Acht von zehn dieser Lehrkräfte, die behinderte Kinder an regulären Schulen fördern, gaben demnach an, dass sie mit der Umsetzung der Inklusion unzufrieden sind.  

Fast alle Befragten, nämlich 98 Prozent, schätzen der Erhebung zufolge ihre aktuelle Arbeitsbelastung an den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) im Land als hoch bis sehr hoch ein. Beklagt werde unter anderem ein massiver Personalmangel und zu viel Bürokratie, so der VBE. Und dennoch: Rund die Hälfte der Befragten bezeichnen die Stimmung in ihrem Kollegium als gut oder eher gut. 

VBE beklagt Unterversorgung in Schulen

Der Verband hatte für die Umfrage Mitte Februar alle 560 SBBZ in Baden-Württemberg angeschrieben. Laut Statistischem Landesamt gibt es knapp 16.000 Lehrkräfte an den öffentlichen und privaten Sonderschulen im Land, 453 Lehrkräfte haben sich bei der Umfrage zurückgemeldet. Sie ist laut VBE wegen einer mangelnden Zufallsauswahl nach wissenschaftlichen Standards nicht repräsentativ, es handle sich aber um ein "aussagekräftiges Stimmungsbild".

Auffallend: Unter den Belastungsfaktoren wird an oberster Stelle eine wachsende Zahl an Kindern mit Autismus, psychischen und chronischen Erkrankungen genannt (78 Prozent) - erst danach folgen Mehrarbeit (71 Prozent) und die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler (69 Prozent).  
 
Daneben werden fehlendes Fachpersonal, ein hoher Krankenstand und das Zusammenlegen von Klassen moniert. Das gefährde die Beschulung von körperlich und geistig beeinträchtigten Kindern, kritisierte VBE-Landeschef Gerhard Brand. Gerade autistische Kinder benötigten einen höheren Personalschlüssel. Die meisten SBBZ wiesen jedoch nur eine Lehrkräfteversorgung von 60 bis 90 Prozent auf und seien damit chronisch unterversorgt. 

Sonderpädagogen mit Landesregierung unzufrieden

Lediglich knapp zwei Prozent der befragten Sonderpädagogen beurteilten die bildungspolitische Arbeit der Landesregierung als gut oder sehr gut. Die Regierung sei aus Sicht der Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen mit der Inklusion krachend gescheitert, sagte Brand. Dennoch würden sechs von zehn Lehrkräften ihren Beruf weiterempfehlen. Das zeige, dass sie für ihren Beruf brennen würden.

Der bildungspolitische Sprecher der FDP im Landtag, Timm Kern, sagte, das gesamte pädagogische Personal an den SBBZ befinde sich am absoluten Limit. Der Zustand sei untragbar, die grün geführte Landesregierung verantwortlich. Die schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Katrin Steinhülb-Joos, sprach von einer stiefmütterlichen Behandlung der Sonderpädagogik. "Inklusion ist Aufgabe aller Schularten. Und da gibt es insbesondere an den Gymnasien erheblichen Nachholbedarf."

Kultusministerin: Deutlich mehr Ausbildungskapazitäten

Der VBE forderte mehr Studienplätze und den Wegfall des Numerus Clausus im Sonderpädagogik-Studium sowie eine umfassende Vorabqualifikation für Quereinsteiger und den Aufbau einer qualifizierten Krankheitsreserve.

"Wir wissen um die angespannte Situation an unseren SBBZ und steuern dagegen an", sagte Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne). Sie verwies darauf, dass mit einem neuen Standort in Freiburg nun knapp 700 Studienanfängerplätze bereitstünden. Seit 2008 seien die Ausbildungskapazitäten mehr als verdoppelt worden. Die stetig steigenden Zahlen von Schülerinnen und Schülern, die aus der Sonderpädagogik heraus zu versorgen seien, blieben jedoch eine Herausforderung, so die Ministerin.

Laut dem VBE werden in Baden-Württemberg 37.000 Kinder an den SBBZ unterrichtet. Der VBE-Vorsitzende Brand betonte, dass die Eltern dieser Kinder keine öffentliche Lobby hätten etwa im Vergleich zum Gymnasialbereich.

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