Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, steht bei einem Besuch im Kuhstall des Bio Bauernhofes von Landwirt Friedhard Bühler

Strategiedialog mit Bauern geplant

Kretschmann vor Ort: So muss sich BW an Dürre und Niedrigwasser anpassen

Stand

Beim Besuch eines Biobauernhofs hat sich Ministerpräsident Kretschmann besorgt über die Folgen des Klimawandels gezeigt. Er kündigte einen Strategiedialog nach der Sommerpause an.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat sich am Mittwoch auf einer Tagestour über die Folgen des Klimawandels im Land informiert. Erste Station war der Biohof von Landwirt Friedhard Bühler in Murr (Kreis Ludwigsburg), der seinen Hof bereits auf die veränderten klimatischen Bedingungen eingestellt hat: etwa Kartoffeln früher pflanzen und früher ernten oder Rote Bete, die im Schatten wächst.

Der Klimawandel und die anhaltenden Dürreperioden setzten der Landwirtschaft gehörig zu, sagte Bühler beim Besuch des Ministerpräsidenten. Ohne die Bewässerung seiner vier Hektar Möhren mit Tropfschläuchen wäre die diesjährige Ernte ein Totalausfall - ein Verlust von rund 40.000 Euro, schätzt der Landwirt.

Immer mehr kleine Betriebe geben auf

Die Landwirtschaft in Baden-Württemberg kämpft mit der andauernden Trockenheit. Felder vertrocknen und müssen mit viel Aufwand bewässert werden. Rund um Mannheim sehen viele Bäuerinnen und Bauern ihre Maisernte in Gefahr. Viele Pflanzen konnten sich wegen der Trockenheit nicht richtig entwickeln.

Noch werden 40 Prozent der Fläche in Baden-Württemberg landwirtschaftlich genutzt, allerdings geben immer mehr kleine Betriebe auf. Dagegen will die grün-schwarze Landesregierung nun vorgehen.

"Strategiedialog Landwirtschaft" nach Sommerpause geplant

Bei seinem Besuch in Murr kündigte Kretschmann an, dass die grün-schwarze Landesregierung die Bäuerinnen und Bauern bei der Umstellung auf die veränderten klimatischen Bedingungen begleiten will. Das soll nach der Sommerpause Thema sein beim sogenannten Strategiedialog Landwirtschaft - zusammen mit Landwirten, Verbrauchern und Vermarktern. Die Auftaktveranstaltung ist für den 23. September geplant.

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau Baden-Württemberg, Marcus Arzt, sagte, Ökolandbau trage sowohl zum Schutz des Klimas als auch zum Erhalt der Ernährungssicherung bei. "Deshalb ist jeder Euro, den die Landesregierung in das System investiert, gut angelegt."

Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU), der Kretschmann bei der Tour durch das Land begleitete, sagte, die Landwirtschaft befinde sich im Umbau. Ziel sei mehr Tierwohl und Biodiversität. "Mir ist wichtig zu betonen, dass unsere heimische Landwirtschaft ein wesentlicher Teil der Lösung für mehr Klima- und Artenschutz ist", so Hauk.

Problem Niedrigwasser

An der Steinlach in Ofterdingen (Kreis Tübingen), einem Nebenfluss des Neckars, informierte sich Kretschmann über die Niedrigwassersituation.

"Bisher galt Baden-Württemberg nicht als Land mit Wassermangel; das ändert sich seit ein paar Jahren."

Durch den fortschreitenden Klimawandel würden immer häufigere Trockenperioden mit sommerlichem Wassermangel auftreten. Die Steinlach biete ein eindrucksvolles Beispiel eines derzeit nahezu ausgetrockneten Flusses. "Dort, wo die Ufer der Steinlach unbefestigt sind, lassen sie dem Gewässer Raum zur eigenen Dynamik und sichern damit größere Überlebenschancen der Lebewesen in und am Gewässer bei Trockenperioden", sagte Kretschmann.

Hydrologe: Allgemeine Trinkwasserversorgung in BW nicht in Gefahr

Der Hydrologe Tobias Schütz sieht die allgemeine Trinkwasserversorgung in Baden-Württemberg trotz Klimawandel nicht in unmittelbar in Gefahr. Das liege an den großen Mengen Grundwassers im Land, die in großer Tiefe liegen, so Schütz. In einzelnen Gebieten wie etwa in manchen Höhenregionen des Schwarzwalds, wo man von Gebirgsquellen abhängig ist, die immer häufiger versiegen, könne es dagegen "mittel- bis langfristig schwierig werden".

Trockenheit, Hitze, Waldbrandgefahr - in diesem Sommer werden die Folgen des Klimawandels besonders deutlich. Hydrologe Tobias Schütz erklärt, was wir von anderen Ländern im Umgang mit knappem Wasser lernen können:

Auch im Bodensee sinkt der Wasserstand im Sommer

Einer der größten Trinkwasserlieferanten für die Menschen in Baden-Württemberg ist der Bodensee. Auch er ist vom Klimawandel betroffen: Rund 90 Zentimeter lag der Pegel bei Konstanz zuletzt unter dem Wert, der für die Jahreszeit üblich ist. Noch niedriger lag der Pegel im August zuletzt im Jahr 2003, so die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg. Der Leiter des Instituts für Seenforschung in Langenargen (Bodenseekreis), Harald Hetzenauer, ist besorgt, dass sich dieser Zustand in den kommenden Jahren weiter verstärken könnte.

Bedingt durch den Klimawandel beobachten die Expertinnen und Experten bereits seit 30 Jahren eine Tendenz hin zu niedrigeren Sommerwasserständen. Grund sei, dass im Winter weniger Schnee in den Alpen falle. Dadurch fließe über den Alpenrhein weniger Schmelzwasser in den Bodensee oder das Schmelzwasser komme zu früh. Dadurch würden die eigentlich hohen Wasserstände im Sommer nicht mehr erreicht.

Auch Stadtplanung hat Auswirkungen aufs Grundwasser

In Zukunft wird es also auch in Baden-Württemberg immer mehr darum gehen, sparsamer mit den wertvollen Wasservorräten umzugehen. Auch bebaute Flächen zu entsiegeln und zu begrünen, damit sie wieder mehr Wasser aufnehmen und ins Grundwasser einspeisen können, dürfte ein wichtiges Puzzleteil sein. Oder eben manche Flächen gar nicht erst zu versiegeln. Ministerpräsident Kretschmann beschäftigte sich auf seiner Reise deshalb auch damit, wie Stadtplanung und Waldbewirtschaftung auf den Klimawandel reagieren können.

Mehr zum Klimawandel in BW

Baden-Württemberg

Trockene und heiße Sommer in BW Verband: Wälder müssen auf Brandgefahr vorbereitet werden

Der trockene und heiße Sommer sorgt in diesem Jahr in Baden-Württemberg immer wieder für Waldbrandgefahr. Um die Wälder zu schützen, muss laut Verbänden nachgerüstet werden.

Baden-Württemberg

Städte und Kreise reagieren Niedrigwasser und Waldbrandgefahr: So steht Baden-Württemberg nach der Hitzewelle da

Das anhaltend trockene und heiße Wetter wirkt sich auf die Umwelt aus. Landkreise und Städte in Baden-Württemberg versuchen, Wasserknappheit und Brandgefahr entgegenzutreten.

Baden-Württemberg

Landwirtschaft und Natur leiden Diese Auswirkungen hat die Trockenheit auf das Leben in BW

In Baden-Württemberg ist weiterhin kein Regen in Sicht. Die Folgen: niedrige Wasserstände, Landwirtschaft und Natur leiden. Wie sieht die Zukunft im Land aus - und was kann getan werden?

SWR Extra: Dürre im Südwesten SWR Fernsehen

Langenargen

Experte ist besorgt Niedrigwasser im Bodensee droht immer häufiger

Der Wasserstand im Bodensee sinkt in diesem Sommer immer weiter. Hitze und extremes Niedrigwasser im Sommer könnten sich in Zukunft weiter verstärken, befürchten Experten.

SWR Extra: Dürre im Südwesten SWR Fernsehen

Medizin Klimawandel bringt tropische Krankheiten auch nach Deutschland

Wegen des Klimawandels können sich über Mücken und Zecken auch neue Krankheiten verbreiten. Müssen wir in Europa bald mit Malaria oder dem Chikungunya-Fieber rechnen?

Stand
Autor/in
SWR