Der Personalmangel in den Kindertagesstätten in Baden-Württemberg könnte sich einer Umfrage zufolge noch deutlich verschlimmern. Rund ein Drittel der pädagogischen Kräfte spielt laut der ver.di-Umfrage mit dem Gedanken, ihre Arbeit in der Kita entweder ganz aufzugeben oder zumindest ihre Arbeitszeit zu reduzieren.
7,1 Prozent des befragten pädagogischen Personals überlegen, das Berufsfeld komplett zu verlassen. Demnach erwägen sogar 27 Prozent, die Arbeitszeit zu reduzieren - vor allem wegen der hohen Belastung. Das ergab eine Umfrage der Gewerkschaft ver.di in Zusammenarbeit mit der Hochschule Fulda, die am Freitag in Stuttgart vorgestellt wurde. Ver.di sprach von einem "alarmierenden Ergebnis".
Ver.di: Größere Kita-Gruppen sind Risiko für Abwanderung von Fachkräften
Zwar können sich immerhin 9,3 Prozent der Befragten unter bestimmten Voraussetzungen vorstellen, ihre Arbeitszeit aufzustocken, das ist aber laut ver.di "eher ein Tropfen auf dem heißen Stein". Für den "Kita-Personalcheck" hatten die Hochschule und die Gewerkschaft im vergangenen Herbst mehr als 1.300 pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Kindertagesstätten in Baden-Württemberg befragt - von diesen waren 71 Prozent öffentlich getragene Einrichtungen.
Wichtig sei nun, die Qualität trotz der Engpässe zu halten, sagte Nancy Hehl, Kita-Expertin bei ver.di. So berge die Vergrößerung von Gruppen das Risiko, dass mehr Fachkräfte gehen und sich das Problem verschärft.
Tübingen: 50 Kita-Gruppen öffnen nur noch bis 13:15 Uhr
In Tübingen werden künftig 50 Gruppen der städtischen Kindertagesstätten nur noch bis 13.15 Uhr geöffnet haben. Die Anpassung sei notwendig, weil derzeit 86 Fachkräfte in den Einrichtungen fehlten, teilte die Stadt am Freitag mit. Am Montagabend hatte der Gemeinderat beschlossen, dass wegen des Personalmangels die Öffnungszeiten der Kitas verkürzt werden müssen - was viele berufstätige Eltern stark belasten dürfte.
Ver.di-Expertin Hehl sieht in der Tübinger Lösung grundsätzlich einen gangbaren Weg, um dem Personalmangel zu begegnen: "Wir raten eher dazu, die Quantität zu reduzieren und die Qualität zu halten." Allerdings müssten solche Entscheidungen im besten Falle mit allen Beteiligten, also auch den Eltern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Trägern der Einrichtungen abgestimmt werden. Und Ziel müsse es natürlich weiterhin sein, mehr qualifiziertes Personal zu gewinnen. Ob das in ganz Baden-Württemberg schnell gelingen kann, ist allerdings fraglich.
SPD-Bildungsexperte fordert Kita-Gipfel
Aus der Opposition im Landtag gibt es Kritik: Der baden-württembergische SPD-Bildungsexperte Daniel Born wirft Landeskultusministerin Theresa Schopper (Grüne) vor, die Krise auszusitzen. "Sie muss endlich über ihren Schatten springen und einen Kita-Gipfel einberufen", wird er in einem Facebook-Kommentar seiner Partei zitiert. Klagen über eine hohe Arbeitsbelastung oder Überlegungen zu einer Kündigung seien "ein unüberhörbares Alarmsignal", so Born.