Ein Mädchen beißt in einen Schokokuss.

Versteckten Zucker erkennen, selbst kochen

Zuckerkonsum gefährdet Gesundheit von Kindern - so lässt sich die Ernährung verbessern

Stand
Autor/in
Sabine Stöhr
Onlinefassung
Janey Schumacher

Zucker hebt die Laune und beruhigt: Das Trost-Bonbon ist legendär. Laut Studie des Max Rubner-Instituts essen aber schon Kleinkinder zu süß. Wie lässt sich das vermeiden?

Beim Verzehr ungesunder Lebensmittel wird die empfohlene tägliche Höchstmenge bei Kindern bis fünf Jahren im Schnitt um mehr als das Doppelte übertroffen. Das hat das Max Rubner-Institut (MRI), die Forschungseinrichtung des Bundes für Ernährung und Lebensmittel, in Karlsruhe herausgefunden. Schon im Alter von zwei Jahren sei das festzustellen.

Die Forschenden empfinden das als alarmierend, weil die Ernährung in diesen ersten Lebensjahren prägend sei für spätere Essgewohnheiten.

Zucker ist in vielen Lebensmitteln enthalten

Das Problem: Den weißen Kristallen kann man in verarbeiteten Lebensmitteln wie Fruchtjoghurt, Fertig-Müsli oder Ketchup, Softdrinks und fertigen Snacks fast gar nicht mehr entkommen. Viele mögen es süß und die Lebensmittelindustrie macht sich das zunutze.

Zudem schätzen die Hersteller Zucker auch als günstigen Geschmacksverstärker und Konservierungsstoff. So schlägt die Lebensmittelindustrie zwei Fliegen mit einer Klappe. Dabei macht sie es uns auch schwer, den Zucker in verarbeiteten Lebensmitteln auf der Packung direkt zu erkennen.

Karlsruhe

Gesundheit in den ersten Jahren prägend Karlsruher Studie zu Ernährung: Schon Kleinkinder essen zu viel Zucker

Ein Gummibärchen hier, ein Bonbon da - Kinder im Alter von ein bis fünf Jahren essen ungesund, warnt eine Studie des Bundesforschungsinstituts für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe.

Zucker heißt ganz oft anders

Selbst, wer die Zutatenliste liest: Nur selten steht da das Wort "Zucker" - sondern Inhaltsstoffe mit der Endung -ose. Das sind die wissenschaftlichen Namen für Zucker, wie Maltose oder Dextrose. Bei Saccharose handelt es sich um den chemischen Begriff für den uns vertrauten Haushaltszucker. Lactose steht für Milchzucker. Aus dem besteht übrigens zu einem großen Teil das Süßmolkenpulver, das ebenfalls oft in der Zutatenliste zu finden ist.

Braucht unser Körper Zucker oder ginge es auch ohne?

Vor allem unser Gehirn braucht Zucker. Aus dem gewinnt es Energie für die Zellen.

Dazu müssen wir aber nicht reinen Zucker aufnehmen, sondern vielmehr komplexe Kohlenhydrate. Die sind zum Beispiel im Vollkornprodukten, Kartoffeln oder Nudeln enthalten. Unser Körper spaltet sie dann zu Glukose auf. Die kennen wir auch als Traubenzucker. Mit dem Aufspalten hält unser Körper den Blutzucker konstant. Das hilft Heißhunger zu vermeiden.

Kinder schmecken Süße erst in höheren Dosen

Laut einer US-Studie benötigen Kinder im Vergleich zu Erwachsenen rund vierzig Prozent mehr Zucker, damit es für sie auch süß schmeckt. Zudem mögen sie Süßes sehr gerne. Erwachsene aber auch: Das liegt daran, so die Forschenden, dass der süße Geschmack für den Frühmenschen mal ein Zeichen für energiereiche Nahrung war - wie Früchte. Wer Süßes erkennen konnte, hatte eine höhere Überlebenschance. 

Schäden bei Kindern durch zu viel Zucker

Unter zu viel an Zucker leiden nicht nur die Zähne. Laut der Karlsruher Studie können ungünstige Essgewohnheiten auch Folgen für die Hirnentwicklung haben. Zudem können sie Übergewicht und Adipositas oder Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes Typ II begünstigen.

Ein Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel könnte hier unterstützen. Die FDP sperrt sich aber dagegen, ebenso die Lebensmittelwirtschaft. Verbraucherschutzminister aus mehr als der Hälfte der Bundesländer schlagen eine Zuckersteuer zum Beispiel bei Softdrinks vor. In 50 Ländern gibt es die schon. Eine Studie der TU München kommt zu dem Schluss, dass Deutschland durch eine solche Abgabe in den kommenden 20 Jahren bis zu 16 Milliarden Euro im Gesundheitssystem sparen könnte.

Auch eine solche Steuer scheitert allerdings bisher an der FDP. Deutschland setzt stattdessen auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie. Der Zuckergehalt in Softdrinks sind jedoch kaum gesunken.

Selbst zubereiten reduziert Zucker

Eine Lösung: Wer statt hochverarbeitete Lebensmittel der Industrie zuzubereiten selbst kocht und backt, kann auch selbst den Zuckergehalt des Essens bestimmen. Dazu gibt es einfache Kniffe, erste Schritte, um vom Zucker wegzukommen. Hinzu kommt: Man spart Geld. Denn verarbeitete Lebensmittel und Softdrinks sind teurer als der selbstgebrühte Pfefferminztee mit Zitronensaft.

Den Schokoriegel können ein paar getrocknete Datteln oder eine Banane ersetzen. Ja, auch die sind süß, aber ohne industriellen Zucker. Gleichzeitig liefern sie wertvolle Mineralien wie Magnesium und komplexe Kohlenhydrate.

Statt Fertiggericht zum Mittagessen können es mal Pellkartoffeln mit Quark sein. Die Kartoffeln können nebenher kochen, der Quark kann schnell mit ein paar Tiefkühl-Kräutern angerührt werden.

Meal Prep für die Familien-Gesundheit

Vorkochen, das sogenanntes Meal Prep, kann gesundes Essen erleichtern: Gemüse schon am Sonntag schnippeln und im Kühlschrank mehrere Tage frisch halten.

Es sind die kleinen Schritte. Und es ist die neue Organisation der Zubereitung von Essen. Wirkt sie am Anfang noch aufwändig, wird sie bald zur Routine. Zugegeben: Es erfordert durchaus Geduld, all das auch Kindern schmackhaft zu machen.

Aber es lohnt sich, weil es die Gesundheit von Kindern dauerhaft unterstützt.

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