Ein Verdacht reiche nicht aus, so das Verwaltungsgericht Gera. Es müsse erwiesen sein, dass der gesamte AfD-Landesverband Thüringen verfassungsfeindlich sei. Und davon ist das Verwaltungsgericht nicht überzeugt. Der Verfassungsschutz stütze sein Urteil über die AfD vor allem auf Äußerungen "eines Landessprechers". Dabei hätten die Verfassungsschützer aber nicht nachgewiesen, dass dieser Landessprecher den gesamten Landesverband repräsentiere.
Verschiedene Strömungen in der AfD?
Dieser Landessprecher der AfD Thüringen heißt allerdings Björn Höcke. Björn Höcke, der nicht nur in Thüringen die Strippen zieht, sondern seit Jahren schon auch auf allen AfD-Bundesparteitagen. Aber für das Verwaltungsgericht Gera ist dieser Björn Höcke nur „ein Landessprecher“ der AfD. Außerdem habe ja der frisch gewählte Landrat von Sonneberg den Demokratie-TÜV bestanden. Das spreche dafür, dass es in der AfD verschiedene Strömungen gebe.
Was im Beschluss nicht steht
Bemerkenswert ist, was in dem Beschluss aus Gera nicht drinsteht. Im Grunde all das, was die Thüringer Verfassungsschützer 2021 aufgelistet haben. Kein Satz über die Islamfeindschaft Björn Höckes. Er verbindet sie mit rassistischen Aussagen über Menschen, die – Zitat – „von Anfang an nicht hierhergehören“. Nichts über die Verschwörungsideologien von den „Globalisten“, die angeblich mit Hilfe „kulturfremder Einwanderung“ die „europäischen Nationalstaaten“ destabilisieren wollten. Ebenfalls nichts über die ständigen AfD-Angriffe gegen die Demokratie, über das ständige Raunen zu Briefwahlen, die ja so leicht zu manipulieren wären – Donald Trump lässt grüßen – und über deutsche Gerichte, die nur der herrschenden Politik nach dem Mund redeten, während „normale Bürger“ „kaum Gehör“ finden würden. Ebenfalls kein Wort in diesem Gerichtsbeschluss aus Gera was die Geschichtspolitik der AfD Thüringen angeht, die zwar an „unsere gefallenen Soldaten zweier Weltkriege“ erinnert, aber nicht an Vernichtungskrieg und Holocaust.
Nur ein Einzelfall?
Dezidiert verfassungsfeindliche Ziele bescheinigt der Thüringer Verfassungsschutz dem gesamten AfD-Landesverband. Das Verwaltungsgericht Gera will nichts davon wissen. Justitia sollte zwar unbestechlich neutral ihre Augenbinde tragen, aber nicht blind sein für die Realität. Und zu der Realität der AfD in Thüringen gehört, dass es keine nennenswerten Strömungen gibt, die dem inhaltlichen Kurs von Björn Höcke im Wege stehen. Und das gilt wohl für die gesamte AfD. Die oft sogenannten Gemäßigten haben keinen Einfluss mehr. Deshalb steht auch für das Bundesamt für Verfassungsschutz bald die Frage an, ob es die gesamte Partei als gesichert rechtsextremistisch einstuft. Das Urteil aus Gera mag nur ein Urteil im Einzelfall eines AfD-Waffenbesitzers sein. Dabei stellt sich das Verwaltungsgericht Gera aber blind und taub gegenüber der Macht von Björn Höcke und versagt beim Schutz der Demokratie.