Einfach mal heiraten, ganz spontan, ohne große Vorbereitung und großes Tamtam drumherum. Wer dabei an Las Vegas oder ähnliche Orte denkt, liegt daneben. An diesem Wochenende hat die evangelische Kirche in Pforzheim unkomplizierte kirchliche Trauungen angeboten. "Einfach heiraten" hieß diese Aktion, die auf ungeahnt große Resonanz stieß.
Riesiges Interesse hat alle überrascht
Kaum hatten die Initiatoren vor wenigen Wochen ihr Vorhaben öffentlich gemacht, kamen die ersten Anmeldungen. Paare jeden Alters hätten sich gemeldet, erzählen die fünf Pfarrerinnen und Pfarrer, die die Trauungen durchführten. Das Interesse sei so groß gewesen, dass an die ursprünglich eintägige Aktion noch ein zweiter "Hochzeitstag" drangehängt wurde. Und auch dieser sei schnell ausgebucht gewesen - wobei im Angebot nicht nur Trauungen waren. Auch Segnungen oder das Erneuern des Eheversprechens waren möglich.
In weniger als einer Stunde kirchlich "unter der Haube"
Tatsächlich aber nutzten die meisten der etwa 30 Paare die Möglichkeit, im kleinen Rahmen kirchlich zu heiraten. Einzige Voraussetzung: die standesamtliche Hochzeit - und einer von beiden muss evangelisch sein. Kein teures Hochzeitskleid, keine weiße Kutsche, kein üppiges Büffet. Nur Vorgespräch, Trauansprache, Ringtausch, Segen, Sektempfang im kleinen Kreis - nach einer knappen Stunde ist die kirchliche Hochzeit komplett.
Es gebe viele Familien und Paare, die gar kein großes Fest möchten oder es sich nicht leisten können, erklärt sich Pfarrerin Ruth Nakatenus das riesige Interesse an der Spontanhochzeit. Oder auch Paare, die schon viele Jahre standesamtlich verheiratet seien. Dann seien vielleicht schnell Kinder gekommen und nie sei Zeit gewesen für ein großes Fest.
Für sie alle wurde der Altarbereich in der Schlosskirche liebevoll geschmückt, auf dem Fußboden wurden rote Herzen verstreut. Denn bei aller Kürze: Feierlich und würdevoll sollen die Zeremonien sein. Jedes Paar durfte auch seinen Lieblingssong auswählen. Den Sänger stellte die Kirche.
Hochzeit lange vor sich hergeschoben
Ann-Marie Berg und Jonathan Seider haben sich das Kirchenlied "Ins Wasser fällt ein Stein" ausgesucht. Noch vor wenigen Tagen hätten die beiden 27-Jährigen nicht geahnt, dass sie heute vor dem Traualtar stehen würden.
Vor einem halben Jahr hätten sie standesamtlich geheiratet, erzählen sie - und die kirchliche Trauung seither immer vor sich hergeschoben: zu teuer, zu aufwendig, zu stressig.
Natürlich hätten sie es auch beim Standesamt belassen können. Doch auf die kirchliche Hochzeit zu verzichten, sei nicht infrage gekommen. Ihr sei es wichtig, Gottes Segen zu bekommen, so Ann-Marie. Zumal vor wenigen Monaten ihre Oma gestorben sei, der der Glaube immer sehr wichtig gewesen sei. Ihr fühle sie sich jetzt ein Stück näher.
Auch Barbara und Jürgen Stolberg, beide über 70, trauen sich an diesem Tag - 16 Jahre nach ihrer standesamtlichen Hochzeit. Immer wieder hätten sie sich überlegt, die kirchliche Hochzeit anzugehen. Aber dann habe immer die nötige Energie gefehlt. Als sie in der Zeitung von der Aktion "Einfach heiraten" erfuhren, hätten sie beide beschlossen: Das machen wir. Gerade, weil es schnell und unkompliziert gehe.
Ob jung oder alt, alle zeigten sich am ersten Aktionstag froh darüber, ihn gewagt zu haben: diesen großen Schritt im ganz kleinen Rahmen. Sie sei einfach nur glücklich, sagt Ann-Marie Berg. Weil sie ihrer Ehe das letzte noch fehlende Puzzleteil hinzugefügt habe.