Shuttle Ella bei der IT-Trans

Wie weit ist Autonomes Fahren in Karlsruhe?

Stand
Autor/in
Mirka Tiede
SWR-Reporterin steht in einem Großraumbüro

Vor sechs Jahren wurde in Karlsruhe das Testfeld Autonomes Fahren BW eröffnet - mit viel Politprominenz und Tamtam. Inzwischen ist es um das Thema deutlich ruhiger geworden - doch die Entwicklung ging stetig weiter.

Gleich im Eingangsbereich der IT-Trans in der Messe Karlsruhe hat das Forschungszentrum Informatik (FZI) eine kleine Haltestelle aufgebaut. Langsam tuckert der weiße Mini-Bus Ella heran. Schon seit längerem ist sie zusammen mit Anna - einem anderen Fahrzeug ihrer Art - in dem Karlsruher Stadtteil Weiherfeld-Dammerstock im Straßenverkehr unterwegs. Die Mini-Busse fahren voll automatisch, brauchen aber einen Helfer, der im Notfall jederzeit eingreifen kann.

Es hat immer noch eine Faszination und es macht immer noch sehr viel Spaß.

Diese Aufgabe übernimmt diesmal Sven Ochs. Zwei Finger sind während der Fahrt jederzeit auf einem roten Knopf. "Wenn wir zuerst danach tasten müssen, würden wir länger brauchen und dann könnte es theoretisch zu einem Unfall kommen", erklärt er. Sven Ochs ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am FZI und bezeichnet sich selbst als Patient 0 der Sicherheitsfahrer. Er war von Anfang an am Shuttle-Projekt beteiligt und hat bei der Entwicklung des Führerscheins für die Mini-Busse mitgeholfen.

Mensch ist beim Autonomen Fahren immer noch schwierigster Faktor

Der Mini-Bus dreht auf dem Messegelände in einem abgesteckten Bereich immer wieder seine Runden. Vorab wurde der Umgebung eine genaue Karte erstellt, auf die Ella bei ihrer Route zurückgreifen kann. Dazwischen gibt es eine Ampel, die wie in Weiherfeld-Dammerstock mit einem Sensor ausgestattet ist. Damit erkennt der Shuttle, wann er halten muss. Aber nicht alle Fußgänger bleiben stehen, wenn sie es müssten. Für so einen Fall ist das Fahrzeug noch zusätzlich mit Kameras ausgestattet.

Grundsätzlich ist der Mensch der schwierigste Faktor bei den Fahrten. "Teilweise testen die Leute in den Zielgebieten die Fahrzeuge aus und springen kurz davor vor das Fahrzeug", erzählt Sven Ochs. Aber auch die Horden von Fahrradfahrern, die nach Schulende um 13 Uhr unterwegs sind, seien noch eine Herausforderung. Einmal mehr bremsen und sehr viel Abstandhalten lautet für den Sicherheitsfahrer dabei die Devise.

Sven Ochs ist Sicherheitsfahrer des autonomen Mini-Busses in Weiherfeld-Dammerstock (Stadtteil von Karlsruhe).
Sven Ochs ist Sicherheitsfahrer des autonomen Mini-Busses in Weiherfeld-Dammerstock (Stadtteil von Karlsruhe).

Erfolge in der Testphase der Mini-Busse

In der Testphase gibt es aber auch Erfolge zu verzeichnen: Die Durchschnittsgeschwindigkeit sei deutlich gestiegen und es gebe immer weniger Notstopps, weil mehr Herausforderungen im Zielgebiet kennengelernt wurden und die Algorithmen besser abgestimmt werden konnten, so Sven Ochs.

Damit Ella aber alleine ohne Fahrer auf Tour gehen kann, bräuchte es technische Voraussetzungen für eine Teleüberwachung aus einem Kontrollzentrum. Dafür müsste beispielsweise für den Datenaustausch der Funk entsprechend ausgebaut werden. Schon jetzt traue Sven Ochs aber dem Mini-Bus zumindest technisch gesehen zu, in Gebieten mit wenig anderen Verkehrsteilnehmern alleine zu fahren. Rechtlich gesehen ist das aktuell aber noch nicht erlaubt.

Ein Problem, das sich auch an anderen Stellen in Deutschland widerspiegelt. Technologisch seien wir hier bereits auf einem sehr hohen Niveau, erklärt Marius Zöllner, Vorstand des FZI. Eine grundsätzliche Hürde für das autonome Fahren in Deutschland und der Europäischen Union (EU) liege aktuell bei der Regulierung. "Es fehlt vor allem an der Zulassung - also an dem Wissen, wie lasse ich ein solches System zu, dass es auch entsprechend sicher ist", erzählt er im Gespräch mit dem SWR.

Der Vorstand des Forschungszentrums Informatik (FZI) und Experte für Autonomes Fahren Marius Zöllner vor einem Mini-Shuttle in der Messe Karlsruhe.
Der Vorstand des Forschungszentrums Informatik (FZI) Marius Zöllner

Unterschied von Deutschland und der EU zu den USA

In Deutschland und der EU hätten wir im Vergleich zu den USA aber auch eine andere Herangehensweise an das Thema. "Die ist nicht schlecht, sie ist bloß anders", sagt Marius Zöllner. In Deutschland und der EU würde das Autonome Fahren und auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, die bei Automatisierungen eine große Rolle spielt, im Vorfeld durch Gesetze reguliert werden.

Diese Gesetze schreiben verschiedene Randbedingungen für den Einsatz vor. Das Problem ist, diese Randbedingungen dann tatsächlich in die Praxis umzusetzen.

Im Gegenzug sei es in den USA so, "dass man weniger Regulierungen am Anfang hat. Dann setzt man um und anschließend sieht man, was man weiter regulieren muss", führt Marius Zöllner aus. Das sehe man auch daran, dass es in den USA jetzt mit dem Ausbau der Nutzung der Fahrzeuge zu größere Verzögerungen käme.

Marius Zöllner: "In fünf Jahren wesentliche Erfolge"

Auch wenn die Entwicklung schleppender vorangeht als erwartet, ist Marius Zöllner dennoch der Meinung, in Deutschland bald deutliche Fortschritte zu sehen. "Wir sagen schon seit 20 Jahren, in den nächsten fünf Jahren werden wir wesentliche Erfolge sehen. Das sagen wir so und das muss man eigentlich auch heute wieder sagen", sagt der Experte für das Autonome Fahren. "Ich hoffe, dass das Ganze Realität ist, bevor ich in Rente gehe", lacht er. Insgesamt 15 Jahre hat er dafür noch Zeit.

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