Frische vier Grad werden zum Weihnachtsgottesdienst im Ulmer Münster erwartet. Die stromintensiven Heizstrahler in den Bänken bleiben voraussichtlich ausgeschaltet. Um Energie zu sparen, werden dieses Jahr viele Kirchen in Baden-Württemberg gar nicht oder kaum beheizt. Schon vor Wochen haben die evangelischen Landeskirchen und katholischen Diözesen Raumtemperaturen zwischen 10 und 13 Grad empfohlen. Daran ändert sich auch über die Feiertage nichts. "Die Folgen des Ukraine-Kriegs und der Energiekrise erfordern von uns allen eine gesamtgesellschaftliche Solidarität", erklärt die Erzdiözese Freiburg. Damit dennoch niemand ernsthaft friert, greifen viele Kirchen auf Decken, alternative Heizmethoden oder andere Räume zurück.
Warme Decken und beheizbare Kissen
In der Giengener Stadtkirche oder der Ulmer Paulskirche beispielsweise liegen Decken für die Besucherinnen und Besucher bereit. Ebenso in der Reutlinger Marienkirche oder der Stiftskirche in Tübingen. Nicht immer dürfte jedoch der Vorrat reichen, um eine stark besuchte Christmette komplett auszustatten, warnt die Evangelische Landeskirche in Württemberg. Die Kilianskirche in Heilbronn beispielsweise hält 100 Stück bereit, lädt aber auch dazu ein, eigene mitzubringen.
Kirchen mit hohen Decken und schlechter Dämmung zu heizen ist kostspielig. Die St. Marien im Werbacher Ortsteil Wenkheim (Main-Tauber-Kreis) setzt daher auf gezielte Aufwärmung. Am Eingang werden hier zusammen mit dem Gesangsbuch akkubetriebene, beheizbare Sitzkissen ausgehändigt. Für das Pilotprojekt wurde das Gotteshaus wegen seiner veralteten Heizungsanlage ausgewählt: "Da musste eine Lösung her und jetzt sind es eben Kissen und keine neuen, teuren Heizungen", sagt Gebäudemanager Arno Würzberger.
"Winterkirchen" in besser heizbaren Räumen
Einige evangelische Gemeinden weichen über den Winter auf kleinere, besser beheizbare Räume aus. So werden beispielsweise Gemeindehäuser genutzt. Mit 17 bis 19 Grad könne man hier rechnen, sagt die Evangelische Landeskirche in Württemberg. Die Lukaskirche auf dem Ulmer Eselsberg etwa feiert ihre Gottesdienste in einem an die Kirche angrenzenden Raum bei etwa 15 Grad. Durch eine gläserne Wand sei der Innenraum der Kirche gut zu sehen. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart wirbt zwar weiter für Gottesdienste in Kirchenräumen, schließt aber die Nutzung von Gemeindesälen in Einzelfällen nicht aus. Auch kürzere Feiern seien eine Option.
Die katholische Heilig Geist Gemeinde in Laufenburg (Landkreis Waldshut) spart lieber an den Kapellen und lässt diese unbeheizt, wärmt die Kirche jedoch auf zwölf statt den von der Erzdiözese Freiburg empfohlenen zehn Grad auf. "Zehn Grad ist einfach zu kalt. Wir können nicht unsere letzten Leute, die am Sonntag noch in den Gottesdienst kommen, vertreiben, weil sie sagen, das ist ja ein Kühlschrank", sagt Peter Meister, der stellvertretende Vorsitzende.
Kalte Kirchen Gottesdienst bei zwölf Grad: Winterstimmung in Laufenburg
In den Kirchen im Land wird es kälter. Grund dafür ist die Energiekrise. Die Erzdiözese Freiburg empfiehlt eine Innentemperatur bis zu zehn Grad. Wie erleben die Gläubigen in Laufenburg die Sparmaßnahme?
Kirchen raten zu Warmen Jacken und Wärmflaschen
Von mollig warm kann bei zwölf Grad dennoch nicht die Rede sein. "Die älteren Leute frieren sich wirklich einen ab, weil man im Alter nicht mehr so viel Wärme hat", sagt ein Gottesdienstbesucher am zweiten Advent. Andere sind härter im Nehmen: "Ich bin noch die Generation, wo es gar keine Heizung gab in der Kirche", meint eine Teilnehmerin.
Warm anziehen, empfiehlt die Evangelische Landeskirche in Württemberg und verweist auf die Zwiebelmethode, also mehrere Kleidungslagen übereinander zu tragen. Pfarrer Peter Heiter von der Ulmer Pauluskirche rät gar zu Mützen, Handschuhen und Wärmflaschen. Vielleicht mag den ein oder anderen auch der Gedanke an Weihnachten ein wenig wärmen.