Die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges, (CDU), hält nichts vom Vorschlag der Bundesregierung, das sogenannte Containern zu entkriminalisieren. In Deutschland landeten 2020 rund 11 Millionen Tonnen Lebensmittel im Abfall. Ein Teil davon gilt als noch genießbar und wird von Aktivistinnen und Aktivisten aus dem Müll geholt.
Bislang ist dieses "Containern" strafbar. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) wollen das ändern. Sie werben bei den Bundesländern dafür, Menschen nur noch bei Sachbeschädigung oder Hausfriedensbruch zu bestrafen, wenn sie Lebensmittel aus Abfallcontainern holen. Für Gentges ist das aber kein Weg, um Lebensmittelverschwendung entgegenzutreten.
Gentges: Lebensmittel sollten erst gar nicht weggeworfen werden
Die Debatte um die Straffreiheit des "Containerns" sei reine Augenwischerei. Tatsächlich gebe es kaum Container, aus denen Lebensmittel geholt werden können, ohne einen Hausfriedensbruch oder eine Sachbeschädigung zu begehen, so Gentges gegenüber dem SWR.
Um der Lebensmittelverschwendung etwas entgegenzusetzen, fordert sie ein umfassenderes Konzept. Gentges regt ein Anti-Wegwerf-Gesetz nach französischem Vorbild an, mit dem große Supermärkte dazu verpflichtet werden, noch genießbare Lebensmittel an soziale Einrichtungen zu verteilen.
BW-Landwirtschaftsminister will Mindesthaltbarkeitsdatum abschaffen
Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) lehnt "Containern" ebenfalls als Diebstahl ab. Vergangene Woche hatte er vorgeschlagen, das Mindesthaltbarkeitsdatum abzuschaffen, um das Wegwerfen von Lebensmitteln zu vermeiden.
Der SPD-Rechtsexperte Boris Weirauch hingegen hält eine Entkriminalisierung des "Containerns" für "längst überfällig". Er verstehe nicht, warum die Landesregierung nicht schon längst aktiv geworden sei.
Das sieht auch die Partei DIE LINKE in Baden-Württemberg so, die nicht im Landtag vertreten ist. Landessprecherin Sahra Mirow teilte mit, Straffreiheit alleine reiche aber nicht aus. Darüber hinaus müsse "sowohl der Handel als auch die gesamte Produktionskette von Lebensmitteln zur Reduzierung von Abfällen verpflichtet werden". Es brauche eine rechtssichere Möglichkeit, Lebensmittel auch nach dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatum kostenfrei abgeben zu können. SPD-Rechtsexperte Weirauch bringt eine Verpflichtung für Supermärkte, unverdorbene Lebensmittel an gemeinnützige Organisationen oder Tafeln abzugeben, statt wegzuwerfen, ins Spiel.
Die meisten Lebensmittel werden in Privathaushalten weggeworfen
10,9 Millionen Tonnen Lebensmittel wurden in Deutschland 2020 laut Statistischem Bundesamt weggeworfen. Den größten Teil davon (59 Prozent) entsorgten private Haushalte. 762.000 Tonnen (7 Prozent) landeten im Lebensmittelhandel im Müll.