IG Metall Baden-Württemberg zieht Bilanz

Metallbranche im Land ist "in ausgezeichneter Verfassung"

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Interview
Jenny Beyen
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Arne Wiechern

Die IG Metall BW hat eine Bilanz des vergangenen Jahres gezogen. Der Metallbranche gehe es gut, sagte der Bezirksleiter der IG Metall BW, Roman Zitzelsberger, im SWR-Interview.

Zitzelsberger erläuterte auch, dass es zwar einzelne Problem-Bereiche gebe, die man sich genauer ansehen müsse. Unternehmen suchten händeringend nach Arbeitskräften und Fachkräften - sie seien bemüht, die Beschäftigten zu halten. In Krisenzeiten gebe es die Möglichkeit, durch Kurzarbeit oder tarifvertragliche Maßnahmen Lösungen zu finden.

SWR Aktuell: Lassen Sie uns als Erstes kurz zurückschauen auf die letzte Tarifrunde vom November. Da hat die IG Metall für die Beschäftigten insgesamt ein Plus von 8,5 Prozent für dieses und nächstes Jahr und noch einmal insgesamt 3.000 Euro Inflationsausgleich herausgeholt. Das klingt für die Beschäftigten gut, aber das war - Zitat - in vielen Punkten schmerzhaft und absolut an der Grenze dessen, was wir für die Mehrzahl unserer Mitglieder gerade noch für tragbar halten. So hat es Harald Marquardt gesagt. Er war der Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite. Warum war das so schmerzhaft?

Roman Zitzelsberger: Ich meine, das ist die Rhetorik, die unmittelbar in der Verhandlungsnacht aufgekommen ist. Ich glaube, heute im Rückblick müssen die Unternehmen genau so wie die Beschäftigten sehen: das war ein kluger Kompromiss zum richtigen Zeitpunkt. Das hat den Unternehmen eine große Planungssicherheit gegeben. Wenn ich in die Unternehmen reinhöre, dann gibt es bei denen, wo die Lage besonders schwierig ist, hier und da den Hinweis: Das ist ziemlich heftig. Aber der überwiegende Anteil der betroffenen Unternehmen ist hochzufrieden damit, und auch die Beschäftigten sagen, das passt in die Zeit, das ist in Ordnung.

SWR Aktuell: Von den großen Unternehmen, die hier in Baden-Württemberg produzieren, mal abgesehen: Müssen Sie nicht befürchten, dass kleinere Betriebe Beschäftigte abbauen oder dass die sogar ganz schließen müssen als Betrieb, weil sie in der Wirtschaftskrise gerade einfach nicht mehr mitkommen und diese Löhne nicht mehr zahlen können?

Zitzelsberger: Das ist leider ein weit verbreiteter Irrglaube, dass es hier um groß oder klein geht. Wir haben sehr große Betriebe, bei denen es.hervorragend läuft, wir haben allerdings auch große Betriebe, bei denen es alles andere als gut läuft. Umgekehrt haben wir viele kleine Unternehmen, wo es ganz, ganz hervorragend geht. Aber natürlich gibt es auch hier Betriebe mit Problemen. Ich glaube, es kommt sehr darauf an, wie die jeweilige Branche, wie die jeweilige Marktpositionierung ist - wie gut hat man in den letzten Jahren investiert, und so weiter.

Im Großen und Ganzen sind wir nicht im Tal der Tränen.

Insofern ist das ein Punkt, an dem ich sage: die Wirtschaft in Baden-Württemberg, insbesondere die Metallwirtschaft, befindet sich in einer ausgezeichneten Verfassung. Da habe ich alles andere als Sorge. Ja, es gibt Problembereiche - die muss man sich immer genau angucken. Da sind wir auch immer an Lösungen interessiert. Aber im Großen und Ganzen sind wir nicht im Tal der Tränen.

Was die Beschäftigungslage betrifft, sehe ich genau das Gegenteil. Die Firmen suchen händeringend nach Arbeits- und Fachkräften und versuchen, die Beschäftigten auf jeden Fall zu halten - auch durch Krisen hindurch. Dafür haben wir sehr gute Lösungen, sowohl durch Kurzarbeit als auch durch tarifvertragliche Maßnahmen. Der Höchststand an Beschäftigung, den wir im letzten Jahr hatten, ist ja auch ein Beleg dafür, dass wir eben nicht in einem Krisenmodus sind.

SWR Aktuell: Aber gerade die deutsche Autoindustrie steckt in einer großen Transformationsphase hin zur Elektromobilität. Da werden weniger Teile, weniger Zulieferer und auch weniger Menschen gebraucht, um E-Autos zu bauen. Und die Branche selbst rechnete auch mit immensen Job-Verlusten. Können Sie Ihre Mitglieder beruhigen, dass deren Jobs auch in diesem Zweig über Jahre gesichert bleiben?

Zitzelsberger: Das kommt immer darauf an. Die Frage ist: Was passiert im Großen und Ganzen. Im Großen und Ganzen glaube ich, dass die Transformation für die Mobilitätsbranche und die gesamte Autoindustrie ein Beschäftigungsplus ergibt. Trotzdem sind die Kollegen, die in der Fabrik, in der Kolben hergestellt werden, voller Sorge, was die Zukunft bringt. Insofern muss man die Frage im Einzelfall immer konkret beantworten und versuchen, dort Lösungen zu finden, wo die Probleme entstehen.

Ich glaube, das wird die große Herausforderung sein, weil wir viele neue Bereiche haben werden rund um das Thema Digitalisierung des Fahrzeugs. Wenn beispielsweise elektrische Autos ein Teil eines intelligenten Stromnetz sind - Stichwort: bidirektionales Laden - dann entstehen dort Tätigkeiten, die es heute gar nicht gibt.

Umgekehrt hat ein Verbrennungsmotor signifikant mehr Teile als ein elektrischer Antrieb. Jetzt geht es genau darum, diesen Switch hinzubekommen und dort, wo Brüche drohen, dafür zu sorgen, dass es für die Beschäftigten einen Übergang in eine andere Tätigkeit gibt oder für eine andere Möglichkeit gesorgt wird. Das ist die Aufgabe.

SWR Aktuell: Kommen wir zur IG-Metall selbst. Im Oktober wird Jörg Hofmann, der bisherige IG Metall-Bundeschef, den Posten als Erster Vorsitzender räumen. Zweite Chefin ist Christiane Benner, und sie hat nach allem, was man so liest, auch Ambitionen auf den Posten ganz oben. Ist es Zeit für eine weibliche Spitze in der IG Metall?

Zitzelsberger: Ich glaube, die Personaldebatten der IG Metall muss die IG Metall erst einmal intern beantworten. Dazu gehören Strukturfragen - da gehören am Ende auch Personalfragen dazu. Jörg Hofmann hat sich als Vorsitzender ausbedungen, dass er diesen Prozess steuert. Da möchte ich mich auch, was die Kommentierung betrifft, genau an diese Ordnung halten und mich deshalb jeden Kommentares enthalten.

SWR Aktuell: Aber die Rede ist auch erstmals von einer Doppelspitze. Würden Sie dafür vielleicht auch zur Verfügung stehen?

Zitzelsberger: Ob ich da persönlich zur Verfügung stehe, ist eine ganz andere Frage. Bei der IG Metall bewirbt man sich klugerweise nicht für Ämter, sondern wird entweder vorgeschlagen oder nicht. Dass ich eine solche strukturelle Veränderung in der Führung der Organisation unterstütze und für richtig halte, ist allgemein bekannt. Ich halte das für sehr klug - und das ist zunächst mal unabhängig von der Frage, ob ich dort eine Rolle spiele oder nicht.

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