- Baden-Württemberg hat bundesweit den zweitgrößten Wärmepumpen-Anteil.
- Der Verkauf von Wärmepumpen bricht deutschlandweit massiv ein.
- Das Ausbauziel der Bundesregierung von 500.000 Wärmepumpen pro Jahr wird nicht erreicht.
Baden-Württemberg heizt überdurchschnittlich viel mit Wärmepumpe
5,6 Prozent aller Wohngebäude in Baden-Württemberg werden mit einer Wärmepumpe beheizt. Im Vergleich zu anderen Bundesländern ist der Anteil überdurchschnittlich hoch. Baden-Württemberg liegt hinter Bayern auf dem zweiten Platz. Das zeigen Daten aus dem aktuellen Zensus. In der Bevölkerungszählung wurde 2022 für jedes Wohngebäude abgefragt, welcher Energieträger hauptsächlich für die Beheizung verwendet wird.
Klimaschutz ist Baden-Württembergern wichtig
Wolfgang Becker ist Hauptgeschäftsführer des Fachverbands Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg. Der Fachverband sieht sich als bundesweiter Vorreiter bei der Installation von Wärmepumpen. Die Fachbetriebe würden seit vielen Jahren genau dafür geschult.
Aus Beckers Sicht gibt es aber viele Gründe, warum Baden-Württemberg beim Bestand von Wärmepumpen so weit vorne liegt: Hier gebe es viele Einfamilienhäuser und kleine Mehrfamilienhäuser, in denen fossile Heizungen heute durch Wärmepumpen ersetzt werden. Regionen mit vielen Wohnblocks wie in Berlin und den ostdeutschen Bundesländern seien dagegen oft seit Jahrzehnten an Fernwärme angeschlossen.
Außerdem, so Becker, sei dort, wo sich die Menschen mehr leisten können und wo mehr neu gebaut wird, die Nachfrage höher. Beides treffe auf Baden-Württemberg zu. Becker fügt hinzu, auch die Einstellung der Menschen in Baden-Württemberg spiele eine Rolle: "Wenn man die Wahlergebnisse der letzten Landtagswahlen als Maßstab nimmt, zeigen diese für Baden-Württemberg einen vergleichsweise hohen Anteil an Menschen, denen Umwelt- und Klimaschutz wichtig ist." Diese seien wahrscheinlich eher bereit, eine Wärmepumpe zu installieren, vermutet der Experte.
Spitzenreiter sind die Landkreise Biberach und Calw
Besonders viele Wärmepumpen gibt es in den Landkreisen Biberach (9,4 Prozent) und Calw (7,8 Prozent). Biberach liegt bundesweit sogar auf Platz 3, hinter zwei rheinland-pfälzischen Landkreisen. In den Stadtkreisen ist der Anteil von Gebäuden, die mit Wärmepumpen beheizt werden, deutlich geringer. In Mannheim liegt dieser bei 1,7 Prozent, in Heidelberg bei 1,8 Prozent.
Der Geschäftsführer des Branchenverbands vermutet, dass regionale Unterschiede durch den Ausbau von Gas- und Fernwärmenetzen oder durch geografische und klimatische Bedingungen vor Ort entstehen. Wo viel Brennholz verfügbar sei, eigne sich zum Beispiel alternativ zur Wärmepumpe eine Holz- oder Pelletheizung.
Einen detaillierten Blick zeigt die Karte der Verbandsgemeinden in Baden-Württemberg. Bewegen Sie die Maus über die Karte, um für die jeweilige Region zu sehen, welchen Anteil Wärmepumpen im Vergleich zu anderen Heizungsarten haben.
Die klimafreundliche Heizung der Zukunft
Wärmepumpen werden mit Strom betrieben. Schon jetzt wird ein Großteil des Stromverbrauchs in Deutschland aus erneuerbaren Energien gedeckt, und der Anteil steigt weiter. Damit wird auch die Nutzung der Wärmepumpe immer umweltfreundlicher. Deshalb gilt sie als Heizsystem der Zukunft.
Die Bundesregierung hatte sich beim zweiten Wärmepumpen-Gipfel Ende 2022 zum Ziel gesetzt: Ab 2024 sollen jährlich mindestens 500.000 neue Wärmepumpen eingebaut werden. Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) hatte prognostiziert, dass dieses Ziel unter den richtigen Rahmenbedingungen erreicht werden könne.
2024 deutlich weniger Wärmepumpen verkauft
Bis September wurden am deutschen Markt im aktuellen Jahr aber nur 141.500 Wärmepumpen verkauft, 52 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Das schreibt der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) in einer Pressemitteilung. Bis zum Ende des Jahres werden es rund 200.000 sein, schätzt der BDH. Das ist weniger als die Hälfte des gesetzten Ziels.
Regional gibt es dazu keine genauen Absatzzahlen. Wolfgang Becker vom baden-württembergischen Branchenverband beobachtet in seinem Bundesland aber, dass das Auftragsvolumen im zweiten Halbjahr 2024 deutlich abgenommen hat.
Ziel der Bundesregierung bei Weitem verfehlt
Die Zahlen des BDH beziehen sich auf den Absatz von Wärmepumpen, das Ziel der Bundesregierung auf die Installationen. Man könne die Absatzzahlen aber als Näherung dafür verstehen, was installiert wurde und noch installiert werden kann, so der BDH. Und auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bestätigt auf Anfrage, die Absatzzahlen würden für ein Monitoring der Ziele genutzt.
Eine weitere Grundlage für das Monitoring sei die Anzahl der beantragten und genehmigten Förderungen von Wärmepumpen. Diese zeigt: Im Laufe des Jahres wurden monatlich immer mehr Förderungen zugesagt. Der Höchstwert liegt mit knapp 15.000 Förderungen im September. Im Oktober geht die Zahl leicht zurück. Selbst wenn jeden Monat 15.000 Wärmepumpen installiert würden, könnte das Ziel der Bundesregierung, ab 2024 jährlich 500.000 Wärmepumpen zu installieren, bei Weitem nicht erreicht werden.
Heiz-Debatte sorgt noch immer für Verunsicherung
Nicht nur das Geschäft mit Wärmepumpen ist nach den Zahlen des BDH eingebrochen. 2024 werden insgesamt deutlich weniger Heizungen verkauft als im Vorjahr. Die Experten des BDH und des Berufsverbands begründen das unter anderem mit der großen Verunsicherung der Verbraucher. Frederic Leers ist Sprecher des BDH. Er meint, diese Unsicherheit sei durch die langwierige Diskussion um das Gebäudeenergiegesetz 2023 entstanden und halte bis heute an. Außerdem würden viele Verbraucher noch auf die Wärmeplanung ihrer Kommune warten. Denn dann sei zum Beispiel klar, ob das eigene Haus in Zukunft an ein Fernwärmenetz angeschlossen werden könnte.
Ausnahmesituation durch Energiekrise
Blickt man auf die Entwicklung des Absatzes, fällt auf: Das Jahr 2023 war in der Wärmepumpen- und der gesamten Heizungsbranche ein Ausnahmejahr. Wolfgang Becker vom Fachverband in Baden-Württemberg erklärt, der Grund für den Boom seien Vorzieh-Effekte. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine sei die Energieversorgung und die Energiepreisentwicklung unsicher gewesen. Viele Menschen hätten ihre Gasheizung loswerden wollen, in der Folge sei die Nachfrage nach Wärmepumpen massiv gestiegen.
Ähnlich sei das auch bei Gas- und Öl-Heizungen gewesen. Im ersten Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes aus dem Frühjahr 2023 hieß es, ab 2024 dürfen keine fossilen Heizungen mehr eingebaut werden. "Dadurch setzte ein Run auf Gas- und vor allem Ölheizungen ein, die zuvor eigentlich bereits als auslaufende Technik galten", so Becker. Die 1,3 Million verkauften Heizungen 2023 seien deshalb nicht "als die normale Zahl anzusehen", ordnet der Geschäftsführer des Branchenverbands ein.
Weniger Wärmepumpen durch weniger Neubau
Frederic Leers vom BDH vermutet, auch die sinkende Zahl der Neubauten könnte zum Einbruch im Absatz von Wärmepumpen beitragen. Knapp zwei Drittel aller neu gebauten Wohngebäude werden hauptsächlich mit Wärmepumpen beheizt. Aktuell werden immer weniger Wohnungen neu gebaut und weniger Neubauten genehmigt. Das zeigen Daten des statistischen Bundesamts.
Bundesregierung hält an ambitioniertem Ziel fest
Um das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, bräuchte es weiterhin einen Boom wie im Jahr 2023. Die Zahl 500.000 ergebe sich laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aus den Klimazielen und gelte weiterhin. Auf Anfrage des SWR heißt es: "Zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudebereich ist der Wärmepumpenhochlauf auch in der Größenordnung nach wie vor erforderlich". Die Rahmenbedingungen dafür seien geschaffen. Nun müsse man diese "erläutern und die Mythen rund um die Wärmepumpe entkräften".